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#So lebt es sich mit einer Inflation von bald 100 Prozent

„So lebt es sich mit einer Inflation von bald 100 Prozent“

Gabriel Galdeano ist seit Mitternacht auf den Beinen. Hinter ihm türmen sich Kisten mit vollroten Tomaten und Peperoni, daneben stehen pralle Mandarinen. Der Gemüsehändler sitzt an einem Tischchen und stellt Quittungen aus. Er ist besorgt, lange schon. Die Preise für Lebensmittel haben sich in Argentinien in den vergangenen Monaten massiv erhöht. Die Kosten für Energie, Transport und Verpackungsmaterial steigen und steigen. „Wir spüren das sofort“, sagt Galdeano und zieht als Beispiel die Zitronen heran, deren Preis sich in zwei Monaten verdoppelt hat. 90 Prozent dürfte die Teuerung in Argentinien in diesem Jahr erreichen, einige Ökonomen gehen gar von einer dreistelligen Rate aus – ungleich mehr also als in den meisten anderen Ländern der Welt, in denen die Inflation ebenfalls die Schlagzeilen bestimmt. Viele Argentinier konsumierten weniger, sagt Galdeano. „Wir arbeiten heute mit minimalen Margen.“

So wie Galdeano geht es den meisten Händlern auf dem Mercado Central in Buenos Aires, einem der größten Großmärkte Lateinamerikas. Von hier aus wird der Großraum der argentinischen Hauptstadt mit seinen 15 Millionen Einwohnern mit Früchten und Gemüse versorgt. Über hunderttausend Tonnen werden jeden Monat umgesetzt. Noch in der Dunkelheit hat sich vor dem riesigen Gelände in der Vorstadt La Matanza eine Lastwagenkolonne gebildet, die sich den Weg zu den 18 riesigen Pavillons bahnt, wo Hunderte Großhändler warten. Die Arbeiter laufen mit Gabelstaplern, Kistenhebern und Schubkarren umher. Kisten werden abgeladen und verschwinden in den geöffneten Toren der Verkaufshallen. Atemdampf und Zigarettenrauch steigen in der kalten Morgenluft empor.

22 Millionen Sozialhilfeempfänger

Die Händler auf dem Mercado Central sind Preisschwankungen gewohnt, aber derzeit ist die Lage extrem. Sie erinnert viele an die Krise der Jahre 2001 und 2002, als die Inflation nach dem Zusammenbruch des Finanzsystems auf mehr als 40 Prozent und die Armut auf mehr als 50 Prozent anstiegen. Der Inflationsfalle ist das Land nie richtig entkommen. Im vergangenen Jahrzehnt lag die Teuerung in der zweitgrößten Volkswirtschaft Südamerikas nie unter 25 Prozent, in den vergangenen Jahren gar deutlich darüber, mit einem neuen Höhepunkt in diesem Jahr – ohne Aussicht auf Besserung. Die linke Regierung gibt weitaus mehr aus, als sie einnimmt. „Der Staatshaushalt ist im Grunde kollabiert, das Defizit außer Kontrolle“, sagt der Ökonom und frühere Minister für Produktion und Arbeit Dante Sica im Gespräch. Es gebe keine Kredite mehr, also greife die Regierung zur Notenpresse, um das Defizit zu finanzieren. „Und das beschleunigt die Inflation.“

Die Inflation trifft die Bevölkerung unterschiedlich. In einigen Einkommensschichten hat sie gar einen Konsumboom ausgelöst. Die Restaurants in der Innenstadt von Buenos Aires sind allabendlich gut gefüllt, und das nicht nur mit den Brasilianern, die sich in Argentinien mit ihrer Kaufkraft wie Könige fühlen. In den Einkaufszentren wimmelt es von Argentiniern mit vollen Einkaufstaschen. Wer Pesos habe, wolle sie loswerden, um nicht auf einer Währung sitzenzubleiben, die sich täglich entwerte, sagt Sica. Wer nicht in Fremdwährungen anlegen könne, gebe das Geld aus und kaufe Güter als Anlage. All das sei aber nicht nachhaltig.

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