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#Sternentod am Schwarzen Loch

Sternentod am Schwarzen Loch

Die supermassereichen Schwarzen Löcher im Herzen von Galaxien entfalten eine ungeheure Schwerkraftwirkung. Was passiert, wenn ein Stern einem solchen Schwarzen Loch zu nahe kommt, haben nun Astronomen so detailreich wie nie zuvor beobachtet. Sie konnten zusehen, wie ein sonnenähnlicher Stern von der Gravitation eines eine Million Sonnenmassen umfassenden Schwarzen Lochs zerrissen und in feine Materieströme auseinandergezogen wurde. Rund die Hälfte des Sterns wurde dann vom Schwarzen Loch eingesogen, was starke Strahlenausbrüche zur Folge hatte.

Im Zentrum der meisten Galaxien sitzt ein supermassereiches Schwarzes Loch – auch im Herzen unserer Milchstraße. Gerade erst haben zwei Astronomenteams für dessen Nachweis den Nobelpreis für Physik erhalten. Während jedoch „unser“ Schwarzes Loch eher inaktiv ist, machen sich andere durch starke Strahlenausbrüche bemerkbar. Diese treten auf, wenn das Schwarze Loch Materie in Form von Gasen oder auch ganzen Sternen einsaugt. „Wenn ein glückloser Stern zu nahe an ein supermassereiches Schwarzes Loch im Zentrum einer Galaxie wandert, zerreißt die extreme Anziehungskraft des Schwarzen Lochs den Stern in dünne Fäden aus Materie“, erklärt Co-Autor Thomas Wevers von der University of Cambridge. Der Stern wird gewissermaßen „spaghettisiert“. Wenn dabei einige der dünnen Stränge des Sternmaterials in das Schwarze Loch gezogen werden, wird ein starker Energieschub freigesetzt, der mittels Teleskopen nachgewiesen werden kann. Astronomen bezeichnen ein solches Ereignis als Tidal Disruption Event – ein von den am Schwarzen Loch herrschenden Gezeitenkräften verursachtes Zerreiß-Ereignis.

Von Anfang an verfolgt

Bisher jedoch ist es Wissenschaftlern nur selten gelungen, ein solches Zerreißen eines Sterns rechtzeitig zu entdecken und zu beobachten. Doch nun ist es geglückt. Das AT2019qiz getaufte Ereignis wurde am 29. September 2019 von einem automatisierten, auf vorübergehende kosmische Ereignisse spezialisierten Teleskop registriert und gemeldet. Wenig später erfassten auch andere Teleskope den verräterischen Strahlenausbruch, der rund 215 Millionen Lichtjahre von der Erde entfernt im Sternbild Eridani aufleuchtete. „Mehrere Himmelsdurchmusterungen entdeckten die Emission des neuen Tidal Disruption Events sehr schnell, nachdem der Stern auseinander gerissen wurde“, berichtet Wevers. „Wir richteten sofort eine Reihe von Boden- und Weltraumteleskopen in diese Richtung, um die Quelle des Lichts zu ermitteln.“

Über sechs Monate hinweg konnte das Team um Wevers und Erstautor Matt Nicholl von der University of Birmingham das Geschehen am fernen Schwarzen Loch in verschiedenen Wellenbereichen des Lichts verfolgen. In dieser Zeit nahm der Ausbruch erst an Leuchtkraft zu und verblasste dann wieder. Die umfangreichen Beobachtungen im ultravioletten, optischen, Röntgen- und Radiolicht zeigten zum ersten Mal den Ablauf eines Tidal Disruption Events und die Verbindung zwischen dem aus dem Stern ausströmenden Material und dem hellen Aufflackern, wenn dieses Material vom schwarzen Loch verschlungen wird. Es ist der bisher am nächsten liegende derartige Ausbruch, der in einer solchen nie dagewesenen Ausführlichkeit untersucht wird, wie die Astronomen erklären.

Erst Aufleuchten, dann Verdunkelung

„Die Beobachtungen zeigten, dass der Stern ungefähr die gleiche Masse wie unsere eigene Sonne hatte und dass er etwa die Hälfte davon an das schwarze Loch verlor, das über eine Million Mal massereicher ist“, sagt Nicholl. Zu Beginn des Ereignisses dehnt die starke Gravitation des Schwarzen Lochs die Photosphäre des Sterns auf und erzeugt starke Ausströme von Sternenmaterial. Dieses wird dem Stern mit bis zu 10.000 Kilometer pro Sekunde entrissen. Der Materieausstrom verbunden mit der zunehmenden Spaghettifizierung des Sterns erzeugt zunächst einen hellen Strahlenausbruch, der sich aber dann nach einem Peak wieder langsam abdunkelt. Woran dies liegt, konnten die Astronomen erstmals genauer beobachten: „Wir haben herausgefunden, dass ein schwarzes Loch, wenn es einen Stern verschlingt, in einem starken Ausbruch Material nach Außen schleudern kann, das uns die Sicht versperrt“, erklärt Nicholls Kollegin Samantha Oates. Dies geschieht, weil die freigesetzte Energie die Trümmer des Sterns nach außen treibt.

„Weil wir ihn früh erwischt haben, konnten wir tatsächlich beobachten, wie sich der Vorhang aus Staub und Trümmern aufbaute, als das Schwarze Loch einen mächtigen Ausstoß von Material auslöste“, sagt Co-Autorin Kate Alexander von der Northwestern University in Evanston. „Dieser einzigartige Blick hinter den Vorhang bot die erste Gelegenheit, den Ursprung des verdunkelnden Materials zu lokalisieren und in Echtzeit zu verfolgen, wie es das schwarze Loch einhüllt.“ Das Ereignis trägt damit dazu bei, die Modelle solcher Tidal Disruption Events zu überprüfen und das Verhalten von Materie im Umfeld eines supermassereichen Schwarzen Lochs besser zu verstehen. Nach Ansicht des Teams könnte AT2019qiz sogar als „Rosetta-Stein“ für die Interpretation künftiger Beobachtungen solcher Tidal Disruption Events dienen.

Quelle: Matt Nicholl (University of Birmingham) et al., Monthly Notices of the Royal Astronomical Society; doi: 10.1093/mnras/staa2824

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