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#Strahlende Haut: Was bringt ein Workout fürs Gesicht?

Da macht man schon so viel: Pilates, Smoothies, Affirmationen – aber für den richtigen Glow reicht es einfach nicht. Zeit für einen Besuch in einem Münchner Studio, das Workouts fürs Gesicht anbietet: für die perfekte Haut.

Gott, woher nehmen diese Menschen nur ihre Entschlossenheit? Ich stehe auf dem Marienplatz, während es um mich herum wuselt. Aber es ist kein Wuseln, wie es das früher gab. Kein bummeliges Rumlatschen. Kein Hier-und-da-mal-Reinkieken, auch kein Sehen-und-gesehen-werden-Flanieren. Es wird gepowerwalkt. Die Arme schwingen dynamisch, der Blick ist auf ein Ziel gerichtet, das ich mit meinen Low-Performer-Augen wahrscheinlich überhaupt nicht wahrnehmen kann, weil es statt gesehen viel eher visioniert wird.

Und dann noch die Gesichter. Neuerdings sehen alle Menschen, die mir auf Münchner Straßen begegnen, aus wie neugeboren. Ihre Haut glänzt so erfrischt, als wäre noch nie der Schatten eines Zweifels über ihre Augenpartie gehuscht, als kennten sie das Wort Sorge nur aus der Armutsliteratur einer Annie Ernaux, als wären Probleme für sie, na ja, dornige Chancen eben. Das sieht beneidenswert gut aus. Vor allem für jemanden wie mich, den beim morgendlichen Blick in den Spiegel die ganze Muffigkeit eines durchschnittlichen Lebens anstarrt, gerötet, gerädert, genervt. Klar, wird sich jetzt vielleicht manch einer denken, die Münchner sahen schon immer aus, als gelte das Reinheitsgebot auch für ihre Haut.

Mein Gesicht glänzt nicht wie der matte Lack eines cremefarbenen Porsches

Aber ich nicht. Auch nach Jahren in dieser Stadt ist es mir anscheinend noch nicht gelungen, mich vernünftig zu integrieren. Sonst würde mein Gesicht auch immerzu glänzen wie ein cremefarbener Porsche mit mattem Lack. Und ich wüsste, wohin ich powerwalken soll. Stattdessen stehe ich hier und staune ein Staunen, das mir auf die Füße fällt, weil es ja nur dieses blöde Stehen und Staunen sein kann, das mich davon abhält, genau so zu werden.

Dieser Text stammt aus der Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung.

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Dabei möchte ich nicht lügen. Auch ich habe schon einige Anläufe hinter mir, ein erfolgreicher Strahlemann zu werden. Monatelang habe ich mich japsend vor Youtube-Videos von gnadenlosen Frauen straff gestretcht. Ich habe mir morgens Smoothies aus Gemüse gemacht, die so gesund waren, dass ich mich danach sofort wieder hinlegen musste. Eine Zeit lang habe ich mir morgens vor dem Spiegel Affirmationen zugesprochen. Sätze wie: „Du kannst alles schaffen, was du dir vornimmst.“ Oder: „Du machst den Unterschied in deinem Leben.“ Aber schon nach kurzer Zeit habe ich mich so vor mir geschämt, dass ich mir dabei nicht mehr in die Augen schauen konnte. Das alles hat mich zu der Frage geführt, ob es für mich einfach nicht besser geht als, nun, mittel.

Ich muss schon gar nicht mehr fragen. Ich weiß, dass ich den Glow habe. Dass ich glowe.


Ich muss schon gar nicht mehr fragen. Ich weiß, dass ich den Glow habe. Dass ich glowe.
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Bild: Simon Koy

Aber was wäre, wenn ich es bislang nur falsch rum versucht habe? Wie wäre es, wenn man sich erst den Glow holen könnte, der dann dafür sorgt, dass sich auch alles andere ändert? Kleider machen Leute, und der Glow optimiert das Leben. Oder anders formuliert: Vielleicht gibt es keine Abkürzungen zum Erfolg, dafür aber Umwege.

Ab in die Muckibude fürs Gesicht

Mein Umweg führt mich ins Gärtnerplatzviertel in ein mit Lametta geschmücktes Studio. Das „Skinformance“ ist ein Face-Gym. Eine Muckibude fürs Gesicht. Genau der Ort also, an dem man vernünftigerweise seinen Weg zur Selbstoptimierung beginnen sollte, den Jakobsweg der High Performer. Hinter dem Tresen steht Jenny, meine Personal-Skin-Trainerin. Blonde Haare, gebatiktes T-Shirt, strahlende Haut. Das Studio sieht aus wie ein Mischung aus Apotheke und Zahnarztpraxis. Überall stehen Tinkturen, Cremes und Instrumente für das Face-Workout.

Auf der Liege im Face-Gym denke ich: Erstaunlich, dass man als erstes die Autonomie verlieren muss, wenn man sein Leben in die Hand nehmen möchte.


Auf der Liege im Face-Gym denke ich: Erstaunlich, dass man als erstes die Autonomie verlieren muss, wenn man sein Leben in die Hand nehmen möchte.
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Bild: Simon Koy

Der Laden war der erste seiner Art in Deutschland, als er 2021 aufschloss. In New York und London gibt es ähnliche schon länger. Es ist ein Ort, an dem man, so das Versprechen, das Beste aus seinem Gesicht rausholen kann – durch Workouts, die das Bindegewebe des Gesichts aktivieren, sodass es gut durchblutet ist und performen kann. Was auch immer es ist, das ein Gesicht performt. Die Wände sind in einem anregendem Türkis gestrichen, eine Leuchtschrift ist an der Wand angebracht, die daran erinnert, wo man ist: „Workouts for your face“. Ich schieße ein Selfie davor, als versuchte ich mein altes Leben, mein altes Ich archivarisch festzuhalten. Wer weiß, denke ich, vielleicht wird ab jetzt ja alles anders.

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