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#Streit um Walter Benjamin-Gedenken

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Streit um Walter Benjamin-Gedenken

Würde ein rechtsextremer Bürgermeister in der französischen Provinz ein Kulturzentrum abwickeln, dürfte man guten Gewissens auf die Barrikaden gehen. Erst recht, wenn es den Namen Walter Benjamin trägt. Wie aber ist zu reagieren, wenn das Kulturzentrum von einem rechtslastigen, als korrupt verschrienen Bürgermeister begründet wurde, eine kulturpolitische Nullnummer ist und der frisch gewählte Bürgermeister aus den Reihen des Rassemblement National (ehemals Front National) das Zentrum neu beleben und einer edlen Bestimmung zuführen will, nämlich an politische Flüchtlinge und die Opfer des Faschismus zu erinnern?

Jürg Altwegg

Seit Ende Juni wird Perpignan von Louis Aliot regiert, der viele Jahre Lebenspartner von Marine Le Pen war. Im Wahlkampf hatte er die Renaissance des von seinem Vorgänger als Wahlgeschenk an die Linke gegründeten „Centre Culturel Walter Benjamin“ versprochen. Eine kulturpolitische Existenzberechtigung hatte es nicht. Es war als Ausstellungsstätte für moderne Kunst konzipiert. Über eine solche verfügte Perpignan bereits, aber nicht über die Mittel, eine zweite zu betreiben. Zuletzt war es geschlossen und stand für 650.000 Euro zum Verkauf – eine Million Euro hatte der Umbau gekostet. Gegen Wiedereröffnung und Umwidmung protestierten nach der Wahl Aliots französische Intellektuelle mit einem Aufruf in „Le Monde“ unter dem Titel: „Wenn der Feind triumphiert, werden selbst die Toten nicht in Sicherheit sein“. Sie wollen nicht zulassen, dass ein RN-Bürgermeister über den Namen Benjamins verfügt. Die Berliner Akademie der Künste schloss sich dem Protest gegen einen offensichtlich als blasphemisch erachteten Gebrauch des Namens von rechter Seite an. Dadurch würde mit Benjamin rechte Politik legitimiert (F.A.Z. vom 5. August).

Geordneter Rückzug reichte nicht

Der Streit in Perpignan begann bereits im Wahlkampf. Auf der Liste von Aliot tauchte der Name André Bonet auf. Bonet war nicht als Rechtsextremist bekannt, er leitete das „Centre Méditerranéen de la littérature“ in Perpignan, das er mit Unterstützung des sozialistischen Kulturministers Jack Lang aufbaute. Dieses Haus vergibt einen Literaturpreis – zuletzt an Jérôme Ferrari und Kamel Daoud. Aus Protest gegen Bonets Kandidatur an der Seite Aliots trat Dominique Fernandez, Mitglied der Académie Française, aus dessen Jury zurück.

Vor seinem Einstieg in die Politik legte Bonet sein Amt nieder. In Perpignan ist er jetzt für die Kultur zuständig. Vor zwei Jahren hatte ihn Jean-Pierre Bonnel in die Gesellschaft „Walter Benjamin ohne Grenzen“ geholt, die seit 2017 einen Essay-Preis vergibt. Eigentlich hätte auch hier sein geordneter Rückzug nach dem Einstieg in die Politik gereicht. Der Protest aber richtete sich gegen den Präsidenten Bonnel, der seinem Freund in seinem Blog ein Angebot zur Zusammenarbeit gemacht hatte: „In der Benjamin-Gesellschaft können wir zusammenfinden und zeigen, dass der Antisemitismus oder die Abwehr des Fremden, Migranten, des ewigen Exilanten – der Walter Benjamin war! – nicht mehr zum Programm des Rassemblement National gehört und auch nicht mehr im Kopf des Kandidaten Aliot steckt.“

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