Wissenschaft

#„Pflanzen-Fossilien“ entpuppen sich als Baby-Schildkröten

Verwechslungsgeschichte der paläontologischen Art: Eine erneute Analyse zweier angeblicher Pflanzenfossilien hat ihre wahre Identität aufgedeckt. Statt um die Blattstrukturen einer kreidezeitlichen Pflanze handelt es sich um die Überreste der Panzer von Baby-Schildkröten. Neben der Klärung der Verwechslung können die Fossilien nun Licht auf die frühen Entwicklungsstadien der teils großen kreidezeitlichen Schildkröten werfen, sagen die Wissenschaftler.

Wie das Field Museum in Chicago berichtet, geht die ungewöhnliche paläontologische Geschichte auf Funde des kolumbianischen Priesters und Forschers Padre Gustavo Huertas zurück: In einer Fossilienlagerstätte in der Nähe der Stadt Villa de Levya war er auf zwei etwa fünf Zentimeter große Steine gestoßen, die an ihrer flachen Seite Linienstrukturen aufwiesen. Nach der genaueren Untersuchung und durch Vergleiche mit ähnlichen Fundmaterialien kam er zu dem Schluss, dass es sich um fossile Pflanzenstrukturen handeln müsse. Er ordnete sie anhand der Merkmale der Gruppe Sphenophyllum zu. 2003 beschrieb Huertas die Pflanze dann als Sphenophyllum colombianum.

Überraschend erschien dabei allerdings das Alter der Funde: Sie stammen aus Gesteinen, die auf 132 bis 113 Millionen Jahre datiert wurden. Andere Funde von Vertretern der Gattung Sphenophyllum waren aber mindestens 100 Millionen Jahre älter. Man vermutete deshalb, dass diese Pflanzengruppe in der Kreidezeit schon längst verschwunden war. Das überraschend geringe Alter und der Fundort von Sphenophyllum colombianum weckten deshalb das Interesse der Paläobotaniker Fabiany Herrera und Héctor Palma-Castro vom Field Museum. Sie entschlossen sich, die Fossilien genauer zu untersuchen, und besuchten dazu die Fossiliensammlung der kolumbianischen Nationaluniversität in Bogotá.

Sind das wirklich Blattstrukturen?

Auf den ersten Blick bestätigte sich die frühere Zuordnung: Es schien sich um knötchenartige Gebilde zu handeln, die Blätter einer Sphenophyllum-Pflanze konserviert haben. Doch bei der genaueren Analyse bemerkten Herrera und Palma-Castro dann Details, die nicht stimmig waren. „Es erwies es sich als schwierig, die Form und den Rand des Blattes zu entschlüsseln“, sagt Palma-Castro. Herrera kam dann der Verdacht, dass es sich bei den Strukturen nicht um pflanzliche Blattadern, sondern um knöcherne Strukturen handeln könnte.

So holten sich die beiden schließlich Rat bei einem weiteren Kollegen ein: dem Paläontologen Edwin-Alberto Cadena von der Rosario-Universität in Bogotá. „Als ich die Fotos sah, dachte ich sofort an den Panzer einer Schildkröte“, sagt der Wissenschaftler. Doch als er auf den Maßstab blickte, war er erstaunt. „Das ist sehr, sehr klein“, so Cadena. Gemeinsam mit seinem Kollegen Diego Cómbita-Romero von der kolumbianischen Nationaluniversität ging er dann dem Rätsel weiter nach: Sie analysierten die beiden Fossilien genauer und verglichen die Strukturen mit den Panzern sowohl fossiler als auch moderner Schildkröten.

Knöchelchen und Panzerteile statt Stängel und Blatt

So konnten sie schließlich eindeutig nachweisen: Die sichtbaren Strukturen der Fossilien repräsentieren keine Pflanzenstrukturen. Es handelt sich stattdessen um die Innenseiten des Panzers von Baby-Schildkröten. Von da an gaben die Forscher den Fossilien den Spitznamen „Turtwig“ nach einem japanischen Fantasiewesen der Pokémon-Reihe: eine kleine Schildkröte, der eine Pflanze auf dem Kopf wächst.

Anhand der Merkmale der Strukturen konnten die Forscher auch abschätzen, wie alt die Tiere zum Zeitpunkt ihres Todes waren: Es wurde dabei deutlich, dass die Panzer erst schwach ausgebildet waren. „Dies deutet darauf hin, dass die Schildkröten wahrscheinlich im Alter von unter einem Jahr – im ersten Stadium nach dem Schlüpfen gestorben sind“, sagt Cómbita-Romero. Wie Cadena betont, handelt es sich bei den Fossilien somit um etwas ganz Besonderes: „Es kommt sehr selten vor, dass Jungtiere fossiler Schildkröten gefunden werden, denn ihre filigranen Strukturen wurden leicht zerstört.“

Damit hat sich die vermeintliche paläobotanische Entdeckung nun also in einen interessanten paläozoologischen Fund verwandelt. „Diese Schildkröten waren wahrscheinlich Verwandte der kreidezeitlichen Schildkröten, die fast bis zu fünf Meter lang wurden. Aber wir wissen bisher wenig darüber, wie sie zu solchen Größen heranwuchsen“, so Cadena. Abschließend sagt Herrera zu der ungewöhnlichen Geschichte: „Wir haben ein kleines paläobotanisches-paläontologisches Rätsel gelöst, aber noch wichtiger ist, dass diese Studie zeigt, wie wichtig es sein kann, Funde erneut unter die Lupe zu nehmen“, so der Wissenschaftler.

Quelle: Field Museum

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