#Union verklagt Ampel wegen Nachtragshaushalt in Karlsruhe
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„Union verklagt Ampel wegen Nachtragshaushalt in Karlsruhe“
Die Union klagt gegen die Ampel in Karlsruhe. Die Bundestagsfraktion will den zweiten Nachtragshaushalt 2021 für verfassungswidrig und nichtig erklären lassen, sagte der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz, der Berlin die Gründe für den Gang vor das Bundesverfassungsgericht erläuterte. Begleitet wurde er von CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt, Fraktionsvize Mathias Middelberg und CDU/CSU-Justiziar Ansgar Heveling
197 Mitglieder hat die Unionsfraktion, 197 Abgeordnete werden namentlich aufgeführt. Jeder einzelne hat mit seiner Unterschrift bekundet, dass er den Antrag steht. Was Juristen nüchtern abstrakte Normenkontrolle nennen, ist politisch brisant: Darf die Koalition Kreditermächtigungen nutzen, die der Bundestag wegen der Corona-Krise vergangenes Jahr bewilligt hatte, die am Ende aber in dieser Höhe nicht benötigt wurden, um 60 Milliarden Euro in den Energie- und Klimafonds zu schieben? Und die „Ampel“ hat zudem die Buchungsregel verändert: Die Verschuldung wird rückwirkend erhöht, parallel steigt der Ausgabenspielraum in den kommenden Jahren, in denen die Schuldenbremse wieder greift.
„Außergewöhnliche Notsituation“?
Die Prozessbevollmächtigten der Abgeordneten von CDU und CSU, Hanno Kube (Universität Heidelberg) und Karsten Scheider (Universität Schneider), kommen auf 115 Seiten zu dem gewünschten Ergebnis: Das zweite Nachtragshaushaltsgesetz ist sowohl in seinen Teilen als auch als Ganzes verfassungswidrig und damit nichtig, erläutern sie. Zugleich wägen sie die Vorteile und Nachteile einer einstweiligen Anordnung ab. Dabei geht es um die Fragen: Was wäre, wenn das Bundesverfassungsgericht nicht zügig einschreitet, aber später in der Hauptsache? Und was wäre die Folge, wenn es erst einmal die Mittel blockiert und diese gegebenenfalls später freigeben sollte?
Auch hier ist das Ergebnis im Sinne der Auftraggeber. Die einstweilige Anordnung sichere das parlamentarische Budgetrecht, umgekehrt könnten die Mittel später immer noch wie von der Koalition gewünscht genutzt werden.
Der Antrag ist dabei klassisch aufgebaut. Die Rechtswissenschaftler schauen zunächst, was das Grundgesetz an Voraussetzungen nennt für eine erweiterte Kreditaufnahme: Erstens müsse es sich um eine „Naturkatastrophe“ oder eine „außergewöhnliche Notsituation“ handeln. Zweitens müsse ihr Eintritt sich der „Kontrolle des Staates entziehen“. Drittens müsse die Notsituation die staatliche Finanzlage „erheblich beeinträchtigen“. Viertens dürfe die Kreditobergrenze explizit nur „im Falle“ der Notsituation überschritten werden.
„Völlig schleierhaft“
In der Folge wird Punkt für Unterpunkt abgeleitet, was das bedeutet. So heißt es: „Das Tatbestandsmerkmal ,im Falle’ grenzt die legitimen Ziele einer notlagenbedingten Kreditaufnahme sachlich-inhaltlich und temporal ein.“ Das wird dann wiederum weiter analysiert. Zum einen befinden die Juristen: Der parlamentarische Beschluss bestimme die Reichweite des konkreten Falles. Was der Bundestag nicht feststelle, liege außerhalb. Diese Umgrenzung sei wichtig, damit die demokratische Öffentlichkeit ihre Kontrollfunktion wahrnehmen könne. Die zeitliche Reichweite eines Falles werde wiederum begrenzt durch die Feststellung der Notlage. „Haushaltsjahre, die auf eine parlamentarisch festgestellte Notlage folgen, liegen deshalb außerhalb des ,Falles’ und sind durch die Zäsurwirkung des Endes eines Haushaltsjahres von einer bis dahin gegenwärtigen Notlage getrennt“, formulieren die Juristen.
Das dient nach ihrer Auffassung der klaren Zuweisung der politischen Verantwortung, der Kontrollfunktion der Öffentlichkeit und der Warnungsfunktion für den Haushaltsgesetzgeber. Hier gibt es nach Ansicht der Prozessbevollmächtigten keinen Einschätzungsspielraum für den Gesetzgeber. Sie halten die Verabschiedung des Gesetzes nach Abschluss des Jahres 2021 für unzulässig.
Auch wenden sie sich gegen die Vorstellung, die Wirtschaft könne über die Notsituation hinaus befeuert werden. Das Grundgesetz sehe keinen Abbaupfad vor, entweder liege eine Notlage vor oder nicht. In welcher Weise die genannten klimaschutzbezogenen Maßnahmen zur Überwindung der Pandemie beitragen sollten, „bleibt völlig schleierhaft“. Es gebe keinen sachlichen Grund, zur Pandemiebewältigung auf nicht gebrauchte Kreditermächtigungen aus dem Jahr 2021 zurückzugreifen. Mit der neuen Buchungsregel würde dem Missbrauch „Tür und Tor geöffnet“.
Die Bundesregierung argumentiert, die Finanzpolitik müsse weiterhin ihren Beitrag leisten, um die sozialen und wirtschaftlichen Folgen der Pandemie zu lindern. So formulierte sei einmal: Mit den zusätzlichen Mitteln würden die Voraussetzungen für weitere Wachstumsimpulse geschaffen, die zur Überwindung der Pandemiefolgen notwendig seien. In der Anhörung zum Nachtragshaushalt hatten Ökonomen wie Jens Suedekum (Universität Düsseldorf) eine solche Sicht der Dinge vehement unterstützt.
Die Mitglieder der Unionsfraktion haben daher ihren Antrag sicherheitshalber mit der Stellungnahme der Ökonomen Hans Peter Grüner (Universität Mannheim) unterfüttert. Die in den Nebenhaushalt gelenkten Mittel könnten wegen der fortgesetzten fiskal- und geldpolitischen Eingriffe redundant sein oder wegen des hohen Auftragsüberhangs die Preise erhöhen, warnt dieser. Zudem seien sie wenig zielgerichtet. Darüber hinaus sei der Nachtragshaushalt in seiner europäischen Präzedenzwirkung problematisch. „Insgesamt entsteht hier der Eindruck, dass ein Problem (Investitionslücke) eher herbeigeredet als identifiziert wird, um ein ohnehin bestehendes Anliegen (mehr staatliche Investitionslenkung) zu befriedigen“, resümiert er.
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