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#Warum die Jogginghose uns frei macht

Wer keine Jogginghose be­sitzt, hat die Kontrolle über sein Leben verloren. Oder so. Das ist natürlich Quatsch, genau wie das andere Zitat, an das ich mich nicht mehr genau erinnere, aber es hat wohl ein berühmter und sehr kluger Modemensch gesagt, der nichts von Undiszipliniertheit hielt und wohl auch nichts von Gemütlichkeit.

Dabei ist die eben genannte die eigentlich praktischste Hose, die gemütlichste Hose überhaupt und die Hose, die Träger gar nicht zu Kontrollverlustierten macht, sondern im Gegenteil zu solchen Menschen, mit denen man entspannt und gern Zeit verbringt.

Nun geriet die Jogginghose – nach all den furchtbar zähen Lagerfeld-Vorbehalten der vergangenen Jahre – abermals in Verruf: An einer Schule in der Style-Me­tropole Wermelskirchen gibt es ein Verbot, also von Jogginghosen. Trotz Kritik von Schülerinnen, Eltern und Medien blieb die Schule vorerst dabei: Man wolle die Schüler dazu animieren, „Kleidung zu tragen, die nicht zum ‚Chillen‘ verleitet“, hieß es. Als sich dann auch noch die Deutsche-Knigge-Gesellschaft einschaltete (ja, die gibt es, und ja, das hatten wir alle vergessen), war das Theater groß.

Je freier eine Gesellschaft, desto freie die Mode

Dabei sind die Jogginghose und das un­gehemmte Tragen kein Zeichen von Enthemmung, sondern von Freiheit: Je freier eine Gesellschaft, desto freier die Mode – an unfreien Orten neigt man zu Uniformen. Nicht umsonst wird von Anzügen zuweilen als Business-Uniform gesprochen, weil solche Dresscodes uns einschränken, nicht nur, weil sie unbequem sind und unpraktisch, sondern weil sie un­sere Kreativität hemmen, unseren Ausdruck.





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Als Lagerfeld noch kurze Hose trug
Bild: Foto Archiv Gordian Tork

Verstehen Sie mich nicht falsch: Es ist herrlich, sich schick zu machen, gerade zu besonderen Anlässen, und ein gut sitzender Anzug oder ein fließendes Abendkleid kann viel her- und viel Freude machen.

Allein, Jogginghosen sind nicht das En­de des guten Geschmacks, sie sind ihr Anfang. Längst haben wir doch die Zeit hinter uns gelassen, in der bestimmte Kleidungsstücke für Menschen nur eines Geschlechts vorgesehen waren, in der manche Farben nicht gingen und selbst Ellenbogen und Knie noch verdeckt sein mussten.

Es gibt aber immer wieder Kräfte, die uns unfrei machen wollen. Die an angeb­licher Tradition und gutem Stil festhalten, sich aber eigentlich bloß an ein längst überholtes Wertesystem klammern. Da­hinter stecken Angst vor Veränderung, ein Bedürfnis nach Kontrolle und vielleicht auch Neid, auf alle, die frei sind in diesen Hosen, die sich flugs an- und ausziehen lassen, die zum Sport ebenso wie zu einer Modenschau gereichen – ob Gucci oder Balenciaga, die großen Marken haben sich sowieso auf die neue Lässigkeit eingestellt. Und dass sich die Jogginghose, wie es die Deutsche-Knigge-Gesellschaft behauptet, keiner wertvollen Aufgabe zuordnen lässt, ist Quatsch: Was bitte ist an Sport nicht wertvoll?

Gewissermaßen ist der Aufstieg der Jogginghose eine Parabel auf unseren ge­sellschaftlichen Wandel der vergangenen Jahrzehnte: Sie ist geschlechtslos, günstig (oder auch mal guccimäßig teuer) zu er­werben und macht uns trotzdem nicht gleich. Sie macht uns frei.

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