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Lindners Liberalismus

Als am 10. Dezember der Bundestag eine Verschärfung des Infektionsschutzgesetzes unter anderem mit einer Impfpflicht für Beschäftigte im Gesundheitswesen diskutierte, fand die gesundheitspolitische Sprecherin der FDP Christine Aschenberg-Dugnus dafür eine Begründung, die aufhorchen lässt. Sie sagte, „die Gesamt-Freiheitsbilanz“ des Gesetzes bringe positive Effekte.

Rainer Hank

Freier Autor in der Wirtschaft der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.

Was meint sie mit der „Gesamt-Freiheitsbilanz“? Offenkundig werden Freiheiten einer Gruppe (der Alten oder Kranken und ihrer Angehörigen) addiert, und davon wird dann der Impfzwang für Ärzte, Krankenschwestern und Pfleger abgezogen. Wenn dann im Saldo mehr Freiheiten geschützt als Zwangsmaßnahmen verordnet werden, ist offenbar die „Gesamt-Freiheitsbilanz“ positiv. Der Trick besteht darin, den Impfzwang sprachlich zu unterschlagen und die gesetzliche Maßnahme insgesamt als Ausdruck einer Freiheitsentscheidung zu vermarkten.

Wenn die Freiheit von zehn Menschen mit der Unfreiheit von fünf Menschen erkauft wird, dann mag das nötig oder gar verhältnismäßig sein, darüber will ich hier gar nicht urteilen. Aber es bleibt eine Zwangshandlung, welche die Freiheit der Minderheit einschränkt.

Freiheit lässt sich nicht saldieren

Dass die Partei, die sich die Freiheit in ihren Namen und ihr Programm geschrieben hat, die Leute für dumm verkauft und meint, sie merkten das nicht, erfüllt mich mit Sorge. Um Missverständnisse zu vermeiden: Ich habe größte Mühe zu verstehen, warum Menschen sich nicht impfen lassen. Ich finde, Impfen schützt mich und andere vor Corona.

Doch so ist das mit der Freiheit der anderen: Sie muss als Freiheit gerade dann respektiert werden, wenn ich die Handlung und die ihr zugrunde liegende Haltung nicht teile oder billige. Wann, wenn nicht hier, hat das überstrapazierte Diktum Rosa Luxemburgs sein Recht: „Freiheit ist immer die Freiheit der Andersdenkenden.“ Freiheit lässt sich gerade nicht in einer Gesamtbilanz saldieren.

Wie konnte den Freien Demokraten so etwas passieren? Das ist leicht erklärt. Die FDP hat sich bekanntlich in den Ampel-Verhandlungen besonders stark gemacht für einen „Freedom Day“, mit dem die „pandemische Lage von nationaler Tragweite“ auslaufen sollte. Das passierte blöderweise zu jenem Zeitpunkt, als die Inzidenzahlen wieder exponentiell nach oben schossen. Die Ampel sah sich zum Zurückrudern gezwungen, womit sich wiederum die FDP den hämischen Vorwurf einhandelte, da sehe man, was deren Freiheitsideologie anrichte: Sie gefährde Menschenleben. Als Abwehrreaktion setzten die Freidemokraten nun alles daran, ihre Kehrtwende als Ausdruck von Freiheit zu interpretieren.

„Freiheit ist Freiheit“

Wenn die FDP den Freiheitsbegriff derart verwässert, dass er sogar sein Gegenteil unter sich subsumiert, verrät sie den Wert der Freiheit an sich. Dafür muss man sich nur die Interviews anschauen, die der Parteivorsitzende und Finanzminister Christian Lindner in jüngster Zeit gegeben hat. In der F.A.Z. sprach Lindner Anfang Dezember von der „staatlichen Verantwortungsgemeinschaft“, die jetzt flexibel reagieren müsse. Da zeigt sich ein autoritäres Staats- und Gemeinschaftsverständnis, das einem Liberalen nicht unterkommen dürfte. In einem Gespräch mit der „Süddeutschen Zeitung“ ein paar Tage zuvor nannte er als obersten Wert seiner Partei die Idee einer „in Verantwortung gebundenen Freiheit“, was nichts anderes als ein Dementi der Freiheit ist. Wer erlaubt sich, die Freiheit zu „binden“? Wer definiert, was Verantwortung ist. Die Regierung? Das Parlament? Der General an der Spitze des neuen Expertenrats?

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