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#Gefoltert für ein Geständnis?

Gefoltert für ein Geständnis?

Das belarussische Regime hat Roman Protassewitsch vorgeführt, in einem 29-Sekunden-Video aus der Haft. Darin sagt der Journalist, zu dessen Festnahme am vergangenen Sonntag der Ryanair-Flug FR4978 mithilfe eines Abfangjägers kurz vor dem Zielflughafen Vilnius nach Minsk umgeleitet wurde, er sei im Untersuchungsgefängnis Nummer 1 der belarussischen Hauptstadt. Protassewitschs Eltern, die selbst aus Sicherheitsgründen im Nachbarland Polen leben müssen, hatten, kurz bevor das Video verbreitet wurde, die Information erhalten, ihr Sohn liege mit Herzproblemen in einem Minsker Krankenhaus.

Offenbar deshalb gaben diejenigen, die den 26 Jahre alten Gegner von Diktator Alexandr Lukaschenko jetzt in der Gewalt haben, ihm die Aussage auf, er habe keinerlei Gesundheitsprobleme, nicht mit dem Herzen und nicht mit anderen Organen; man gehe „maximal korrekt und nach dem Gesetz“ mit ihm um, er arbeite mit den Ermittlern zusammen und gestehe, „Massenunruhen“ organisiert zu haben. Das ist einer der Vorwürfe, die Lukaschenkos Justiz gegen Protassewitsch erhebt.

Unabhängiger Journalismus, kritische Jugend

Aber Gesicht, Mimik und Gesten des Gefangenen straften die Regisseure des Auftritts Lügen: die Schrammen, das ständige Zwinkern, das Auf und Ab der gefalteten Hände. Protassewitschs Vater vermutete, nachdem er das Video gesehen hatte, die Nase seines Sohnes sei gebrochen: Sie sei gepudert, ihre Form verändert. Der Sohn betone untypisch, wirke verängstigt, sei wohl geschlagen worden. Der junge Mann, dem nach eigener Aussage in Belarus die Todesstrafe droht, muss nicht nur um sich selbst bangen: Das Regime hat sich am Sonntag auch seiner Freundin bemächtigt, sich nicht einmal bemüht, der 23 Jahre alten Russin Sofia Sapega Vorwürfe zu machen.

Roman Protassewitsch im März 2012 in Minsk


Roman Protassewitsch im März 2012 in Minsk
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Bild: dpa

Wenn es opportun ist, verurteilt Russland Festnahmen seiner Bürger rasch und schrill. Aber im Fall Sapega teilten russische Stellen erst am Montagnachmittag und nach Vorwürfen, untätig zu bleiben, mit, von Belarus über die Festnahme informiert worden zu sein. Moskau tut das Geschehen als „innere Angelegenheit“ des Juniorpartners ab, nimmt Lukaschenko gegen Vorwürfe in Schutz. Überdies gelten Leute wie Sapega, die in Vilnius Völkerrecht und EU-Recht studiert, in Moskau als Gegner.

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Die Russin und ihr belarussischer Freund stehen für das, was Lukaschenko ebenso wie sein Schutzherr, der russische Präsident Wladimir Putin, bekämpfen: unabhängigen Journalismus, kritische Jugend, Aufbruch aus autoritären Strukturen, Wandel. Das erklärt, warum Putins Sprecher am Dienstag nur die bedingte Hoffnung äußerte, Sapega möge bald freigelassen werden, „natürlich nur, wenn es an sie keine Fragen im Hinblick auf die Beachtung des Gesetzes gibt“, als unter anderen der deutsche Außenminister und der Europäische Rat schon Sapegas unverzügliche Freilassung gefordert hatten. Das Untersuchungsgefängnis im Herzen von Minsk, in dem Protassewitsch nun festgehalten wird, ist in einem klassizistischen Bau aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts untergebracht. Er ist eines der wenigen Gebäude in Minsk, die den Zweiten Weltkrieg und spätere Zerstörungen überdauert haben. Die selbst für Lukaschenkos Verhältnisse beispiellose Repressionswelle seit dem vergangenen Jahr hat viele prominente Gefangene in die Haftanstalt gebracht.

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