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#Ohne Musik geht beim Handkäs’ gar nichts

Ohne Musik geht beim Handkäs’ gar nichts

Schon klar, nicht wenige werden jetzt denken: Ja, spinnt denn der jetzt? Fünf Frankfurter Spezialitäten und kein Handkäs’ dabei? Was soll denn so was? Nun, der Einwand ist natürlich berechtigt. Schließlich ist der Handkäs’ zusammen mit dem Ebbelwei für Frankfurter so etwas wie der Fixstern ihres kulinarischen Universums, die Sonne, um die sich alles dreht und deren Strahlkraft alles andere in den Schatten stellt. Und genau weil das so ist – und von niemandem ernsthaft bezweifelt wird, schon gar nicht von einem Eingeplackten aus den kargen Weiten der Lüneburger Heide –, deshalb bekommt der Handkäs’ hier nicht nur ein Foto mit ein paar knappen Zeilen, sondern den ganz großen Auftritt in Form dieses Artikels.

Das hat allerdings nicht nur mit seiner zentralen Stellung im Frankfurter Fress-Kanon zu tun, sondern auch damit, dass mit diesem im Grunde an Schlichtheit nicht zu übertreffenden Sauermilchkäse eine Frage verbunden ist, die quasi seit Anbeginn der Zeit immer und immer wieder gestellt wird, aber bis heute mehr oder weniger unbeantwortet geblieben ist. Nämlich: Warum heißt die Musik beim Handkäs’ eigentlich Musik?

Natürlich werfen auch andere Frankfurter Spezialitäten Fragen auf. Das Frankfurter Würstchen zum Beispiel: Was unterscheidet es vom Wiener Würstchen? Und warum ist der Rindswurst nicht die gleiche Ehre zuteil geworden, warum heißt sie nicht Frankfurter Rindswurst? Oder: Wer ist auf die Ideen mit den Bethmännchen gekommen? Und warum? Alles Fragen von Relevanz, na klar. Aber keine ist so elementar und weltbewegend wie die nach der Musik.

Um Himmels willen kein Vollkorn

Bevor wir dazu kommen, aber zunächst ein paar allgemeine Anmerkungen zum Handkäs’ – und die wichtigste davon gleich zu Beginn. Ein guter Handkäs’ muss vor allem eines sein: dorsch. Dorsch un dorsch. Ohne sichtbaren weißen Quark im Inneren. So ist er am verträglichsten – und so schmeckt er auch am besten. Dazu ein oder zwei Scheiben frisches Bauernbrot. Um Himmels willen kein Vollkorn. Oder gar Weißbrot oder irgend etwas anderes Neumodisches. Nur bestes Bauernbrot, möglichst am Morgen vor dem Genuss gebacken, hält dem intensiven Geschmack des Handkäs’ stand. Ein bisschen Butter ist unter Umständen erlaubt. Aber dann ist auch Schluss. Sonst könnte man ihn ja gleich mit Messer und Gabel zu sich nehmen – wie jedes andere x-beliebige Essen auch. Doch das ist ein Frevel, wie er sich schlimmer kaum denken lässt. Als tränke man im „Gemalten Haus“ oder beim Wagner ein Bier. Bayerisches womöglich.

Das wäre ein Sakrileg, im Grunde unvorstellbar! Denn der Handkäs’ ist für den Ebbelwei gemacht, da gibt es kein Vertun und nichts Passenderes. Das war schon zu jenen Zeiten so, als die runden Käsetaler als Arme-Leute-Essen galten und mitunter auch „Mansardenschnitzel“ genannt wurden – wohl wegen jener bedauernswerter Seelen, die in Mansarden leben mussten und sich kein richtiges Schnitzel leisten konnten. Und es gilt heute umso mehr, da der „Hessische Handkäs“ sogar in der Liste der Produkte mit einer geschützten geographischen Angabe der Europäischen Union steht.





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Frankfurter Gerichte
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Fünf Spezialitäten, die man probiert haben sollte

Gemacht wird Handkäs’ aus frischem, gesalzenem Quark, den man hat reifen lassen. Bekannt ist diese Art von Käse auch in anderen Teilen der Republik (einige Nordvölker wie zum Beispiel jene in der Lüneburger Heide kennen ihn als „Harzer“). Ein echter Handkäs’ ist er aber eigentlich nur, wenn er nach altem Wetterauer Rezept hergestellt wurde. Handtellergroß ist er ein äußerst bekömmlicher und vor allem kalorienarmer Happen. Dazu wird nicht nur in Frankfurt eine Marinade aus Essig, Öl, ein wenig Kümmel und Zwiebeln serviert: die sagenumwobene „Musik“ oder, wie der Frankfurter natürlich sagt, „Mussick“. Nicht selten wird der Handkäs’ schon zum Durchziehen in diesen deftigen Trunk gelegt. Den frisch gehackten Zwiebeln wird üblicherweise die physische und geschmackliche Härte genommen, indem sie vor dem Servieren ebenfalls schon eine Weile in der Essig- und-Öl-Soße ihrem Schicksal überlassen werden.

Sind es die Zwiebeln oder der Pfeffer?

Ja, und jetzt die entscheidende Frage: Warum heißt diese Marinade nun ausgerechnet „Musik“? Theorien gibt es viele, die gängigste ist jene, die die mitunter deutlich hörbaren Folgen der Zwiebelverdauung als zentrale Erklärung ins Feld führt. Wer einmal Handkäs’ mit Musik genossen hat und dazu vielleicht noch ein paar Schoppe Ebbelwei, der wird bestätigen können, dass sich derart verwöhnte Mägen und Därme später oft mit Tönen des Wohlgefühls melden – weithin hörbar und an Deutlichkeit nicht zu übertreffen.

So einleuchtend diese Hypothese aber auch erscheinen mag, bewiesen ist sie nicht – vielmehr gibt es ernste Zweifel an ihrer Richtigkeit. Der wichtigste entspringt der Tatsache, dass die Musik zum Handkäs’ vor dem Ersten Weltkrieg nachweislich nur aus Kümmel, Pfeffer und Essig bestand, aber trotz der Abwesenheit von Zwiebeln schon genauso hieß wie heute. Musik eben.

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Mancher sieht angesichts dieser Umstände den Pfeffer als eigentlichen Urheber des Frankfurter Musikbegriffs: Das früher einmal exotische und im Vergleich zum billigen Handkäs’ teure Gewürz bildete sozusagen die Krönung des Gerichts, der Pfeffer gab dem kleinen Käse erst den Pfiff. Noch heute gibt es den Ausspruch: „Da ist Pfeffer drin“ oder – und das brächte uns ans Ziel unserer Ausführungen und unserer Vermutung – „Da ist Musik drin“.

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