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#Telecom Italia will das Festnetz verkaufen

Die amerikanische Fondsgesellschaft KKR soll es übernehmen. Allerdings will Großaktionär Vivendi dagegen vor Gericht ziehen. Telecom Italia braucht einen radikalen Schnitt, um Schulden abzubauen.

Nach jahrelangem Tauziehen um die Sanierung von Telecom Italia ist nun eine wichtige Etappe erreicht: Der Verwaltungsrat des ehemaligen Monopolisten hat am Sonntagabend beschlossen, sein Fest-Netzwerk zu verkaufen, um sich seiner hohen Verschuldung zu entledigen. Der amerikanische Investmentfonds KKR hat 18,8 Milliarden Euro geboten, um in Italien das weitgehend flächendeckende Netz von Telecom Italia zu übernehmen und künftig auszubauen. Die Regierung von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni will die Transaktion genehmigen. Der italienische Staat soll einen Anteil von 20 Prozent an der künftigen Netzgesellschaft übernehmen.

Christian Schubert

Wirtschaftskorrespondent für Italien und Griechenland.

Jedoch hat der größte Telecom Italia-Aktionär, der französische Medien- und Unterhaltungskonzern Vivendi mit 24 Prozent, seinen Widerstand gegen die Vereinbarung angekündigt: „Aktionärsrechte sind mit Füße getreten worden“, teilte das Unternehmen mit, denn der Telecom Italia-Verwaltungsrat beschloss den Netzverkauf, ohne eine Hauptversammlung abzuhalten.

Die Franzosen wollen nun „mit allen Mitteln“ vor Gericht gegen die Transaktion vorgehen. Sie sind nicht grundsätzlich gegen den Netzverkauf, haben in der Vergangenheit jedoch 30 Milliarden Euro für das Netz verlangt. Im besten Fall kann Telecom Italia jedoch nur 22 Milliarden Euro bekommen, wenn noch die Unterwasserkabel-Gesellschaft Sparkle ins Verkaufspaket kommt und einige andere Bedingungen erfüllt sind.

Börse nicht abgeneigt

Die Aktionäre ließen den Aktienkurs von Telecom Italia am Montag um 3 Prozent fallen. Seit Jahresbeginn liegt er jedoch mit 15 Prozent im Plus. Der Widerstand von Vivendi hat einige Anleger abgeschreckt. Mehrere Analysten meinen aber, dass die Franzosen die Vereinbarung nun nicht mehr grundsätzlich aufhalten können.

Italien würde damit einen Weg beschreiten, den es so auf anderen europäischen Telekommärkten bisher nicht gibt: Ein Ex-Monopolist, der sein Festnetz abgibt und damit auf eine Dimension schrumpft, die seinen einstigen Angreifern entspricht. Doch der Telecom Italia-Vorstandsvorsitzende Pietro Labriola sieht keine Alternative zu dem Vorhaben. Der Plan eines Minderheitsaktionärs, nicht das Netzwerk, sondern das Konsumentengeschäft und die wichtige Tochtergesellschaft in Brasilien zu verkaufen, fand keine Mehrheit.

Elf Verwaltungsratsmitglieder stimmten für den Netzverkauf, drei dagegen. Telecom Italia hofft nun auf eine Einigung mit Vivendi oder eine Zurückweisung der Franzosen vor Gericht, um seinen Schuldenberg um 14 Milliarden Euro auf dann nur noch rund 6 Milliarden zu verringern. Die wichtige Kenngröße des Gewinns vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen (Ebitda) im Verhältnis zu den Schulden würde dann unter die Ziffer 2 fallen.

Regierung für Deal mit KKR

Telecom Italia will durch die Abgabe seines Festnetzes auch eine Reihe von kostspieligen Regulierungszwängen ablegen, etwa die Verpflichtung zum Netzausbau in dünn besiedelten Gebieten. Rund 20.000 Telecom Italia-Mitarbeiter, etwa die Hälfte der Gesamtbelegschaft, wechseln zu KKR, wenn die Transaktion grünes Licht bekommt.

Die Regierung steht hinter der Vereinbarung mit den Amerikanern. Schon vor einigen Monaten hat sie eine Absichtserklärung mit dem amerikanischen Investmentfonds unterzeichnet. Sie möchte ein landesweit einheitliches Festnetz in Italien schaffen. Dazu soll das künftige KKR-Festnetz mit dem Netzwerk Fibercop zusammengeschlossen werden, an dem heute Telecom Italia und KKR maßgeblich beteiligt sind. Zudem soll das Netzwerk Open Fiber hinzugefügt werden, welches heute zu 60 Prozent der staatlichen italienischen Beteiligungsgesellschaft CDP gehört.

Minderheitsaktionär von Open Fiber ist mit 40 Prozent die australische Fondsgesellschaft Macquarie. Sie könnte bereitstehen, wenn die Kartellbehörden aus wettbewerbsrechtlichen Gründen in größeren Städten den Aufbau eines Konkurrenten zum KKR-Netz verlangen. Dem Vernehmen nach will der amerikanische Investmentfonds das italienische Telekomnetz nicht über sehr viele Jahre halten. Nach der Modernisierung durch den Glasfaserausbau gilt ein Verkauf oder ein Börsengang durchaus als möglich.

Einst griff Telecom Italia sogar nach Apple

Telecom Italia ist verglichen mit der früheren Größe nur noch ein Schatten seiner selbst. Ende der neunziger Jahre hatte der Konzern noch 120.000 Mitarbeiter, war im Ausland stark aktiv und verzeichnete kaum Schulden. Nach Angaben von damals verantwortlichen Managern hatte Telecom Italia im Jahr 1998 sogar ein Übernahmeangebot für den damals noch schwächlichen Apple-Konzern vorgelegt, das Steve Jobs jedoch dankend ablehnte.

Doch die Privatisierung und der aufkommende Wettbewerb in der Heimat machten dem Unternehmen schwer zu schaffen. Die Konkurrenz auf dem italienischen Telekommarkt gilt als sehr scharf. Die hohen Schulden schleppt das Unternehmen schon lange mit sich herum. Ende der neunziger Jahre übernahm ein Unternehmerkonsortium um den früheren Piaggio-Chef Roberto Colaninno Telecom Italia und finanzierte den Übernahmepreis von 50 Milliarden Euro etwa zur Hälfte mit Schulden. Unter diesem Erbe leidet das Unternehmen bis heute.

Doch trotz des Wettbewerbs hat Telecom Italia im Mobilfunk immerhin einen Marktanteil von 30 Prozent und im Festnetzbereich von 40 Prozent behalten. An der Börse wird das Unternehmen mit rund 5,5 Milliarden Euro bewertet – ein Bruchteil seiner hohen Schulden.

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