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#Durch ein Loch im Zaun auf die andere Seite

Durch ein Loch im Zaun auf die andere Seite

Am Rande der Innenstadt von Białystok, der östlichsten Großstadt Polens, 50 Kilometer von Belarus entfernt, hat der regionale Grenzschutz seinen Sitz. Hier tritt immer wieder eine der Sprecherinnen dieser Behörde in olivgrüner Uniform vor die Mikrofone und berichtet, was es an Polens Ostgrenze Neues gibt. Am Mittwoch berichtete die Majorin Katarzyna Zdanowicz von drei „Grenzdurchbrüchen“. Am Vortag und in der Nacht sei es drei Gruppen von Migranten an drei Stellen gelungen, Grenzzäune oder Stacheldrahtrollen zu überwinden. Insgesamt seien so etwa 350 Menschen nach Polen und in die EU gelangt. Man habe jedoch alle aufgegriffen und zurück nach Belarus geschickt.

Gerhard Gnauck

Politischer Korrespondent für Polen, die Ukraine, Estland, Lettland und Litauen mit Sitz in Warschau.

Seit am Montag Hunderte Migranten auf belarussischer Seite in der Gegend des Grenzübergangs Kuźnica-Brusgi auf die Grenze zumarschiert sind, ist entlang dem von Polen in den vergangenen Monaten errichteten provisorischen Stacheldrahtzaun ein Zeltlager entstanden, in dem die Menschen bei Nachttemperaturen von unter null Grad versuchen, sich mit Feuern vor dem Erfrieren zu schützen. Inzwischen sollen sich in dem bewaldeten Gebiet mehrere Tausend Migranten befinden. Auf polnischer Seite stehen ihnen große Einheiten der Sicherheitskräfte gegenüber, die auf Versuche der Migranten, den Zaun einzureißen, immer wieder mit Tränengas reagieren. Hinter den Migranten stehen auf belarussischer Seite Uniformierte.

Der Grenzabschnitt, in dem Migranten von Belarus aus versuchen nach Polen einzudringen.


Der Grenzabschnitt, in dem Migranten von Belarus aus versuchen nach Polen einzudringen.
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Bild: lev

Polen hat Anfang September für einen drei Kilometer breiten Grenzstreifen den Ausnahmezustand ausgerufen und verwehrt Journalisten den Zugang in dieses Gebiet. Auf belarussischer Seite filmen Propagandasender des Regimes, wie Grenzschützer die Flüchtlinge versorgen. Videos des polnischen Grenzschutzes und von Migranten zeigen ein weniger freundliches Bild der belarussischen Uniformierten: Zu sehen ist etwa, wie sie Migranten auf den Zaun zutreiben.

Russische Langstreckenbomber patrouillieren

Der Übergang Kuźnica ist inzwischen geschlossen. So mussten die dort wartenden Lastwagen auf den Übergang Bobrowniki weiter südlich ausweichen. Dort dauert die Wartezeit bei der Ausreise jetzt laut polnischen Behörden 39 Stunden. Es sind fast ausschließlich Laster mit russischen und belarussischen Kennzeichen, die meist Konsumgüter aus der EU nach Russland bringen. Russland hat in der Krise um Belarus einen ersten militärischen Akzent gesetzt: Am Mittwoch „patrouillierten“ zwei russische Langstreckenbomber des Typs Tu-22 den Luftraum über Belarus. Das sei ein Fall der „Luftverteidigung der Verbündeten angesichts der angespannten Lage“, berichtete das Minsker Staatsfernsehen. Die Flüge würden von jetzt an regelmäßig erfolgen.

Was an der belarussisch-polnischen Grenze geschieht, wird von der EU als hy­brider Angriff des belarussischen Regimes auf die Gemeinschaft gesehen. Kommissionschefin Ursula von der Leyen sagte am Mittwoch nach einem Treffen mit US-Präsident Joe Biden, die Vorgänge dort seien „keine Migrationskrise, sondern der Versuch einer Destabilisierung demokratischer EU-Länder“: „Wir müssen unsere Demokratien vor diesem zynischen geopolitischen Machtspiel schützen.“ Sie sei mit Biden einig, dass man gemeinsam zugunsten der Herkunftsländer der Mi­granten arbeiten und weitere Sanktionen gegen Belarus verhängen wolle.

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Ratspräsident Charles Michel kam am Mittwoch nach Warschau, um mit Polens Ministerpräsident Mateusz Morawiecki über Gegenmaßnahmen zu sprechen. Michel rief die westliche Staatengemeinschaft zur Geschlossenheit auf. Das belarussische Vorgehen müsse gestoppt werden. Michel setzte einen eigenen Akzent mit der Aussage, es sei aus rechtlicher Sicht möglich, „physische Infrastruktur” zum Grenzschutz, etwa die von Polen und Litauen gegenüber Belarus geplanten Grenzbarrieren, aus EU-Mitteln zu finanzieren. Das habe eine Stellungnahme des juristischen Diensts des Europäischen Rats ergeben. Die Entscheidung darüber müsse die EU-Kommission treffen. Diese lehnt es bisher ab, Grenzzäune aus EU-Mitteln zu bezahlen. Er hoffe auf eine baldige Entscheidung, sagte Michel.

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