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#„Und, wann ist es denn bei euch so weit?“

„„Und, wann ist es denn bei euch so weit?““

Ich habe seit fast zwölf Jahren einen festen Partner. Wir wohnen zusammen, haben zwei Katzen und führen alles in allem eine glückliche Beziehung. Offenbar reicht das aber irgendwann nicht mehr aus – zumindest wenn es nach den anderen geht. Das implizieren jedenfalls die Fragen, die ich immer wieder beantworten muss. Auf den Plätzen eins und zwei: „Und, wann bekommt IHR eigentlich Kinder?“ und „Wollt ihr eigentlich nicht mal heiraten?“.

Ich bin definitiv nicht die einzige Person, die regelmäßig ausgefragt wird. Eine Hochzeit und die Produktion von Nachwuchs müssten schließlich ganz oben auf meiner Prioritätenliste stehen, so wird es mir immer wieder suggeriert. Aber selbst wenn das meine Wünsche wären: Wen gehen sie etwas an? Damit meine ich nicht, dass ich grundsätzlich nicht über diese Dinge spreche. Ich tue es sogar gerne – wenn die Situation und der Gesprächspartner stimmen. Aber mit einem Familienmitglied, das ich höchstens alle paar Jahre auf einem runden Geburtstag sehe, möchte ich meine Familienplanung nicht unbedingt diskutieren. Genauso wenig wie mit meinem Arbeitskollegen, den ich in der Teeküche treffe, oder meiner älteren Nachbarin, deren Vornamen ich nicht mal weiß.

Ungeahnte Folgen

Die Erfahrung, jemandem damit zu nahe getreten zu sein, habe auch ich selbst schon gemacht. Und ich habe es seither nicht vergessen: In meinem ersten Job – ich hatte mir noch keine großen Gedanken zu dem Thema und seinen Auswirkungen gemacht – erzählte mir eine Kollegin von ihrer Hochzeit mit ihrer Frau. Da, wie oft so selbstverständlich, auf das eine Thema das nächste folgen muss, fragte ich sie, ob sie sich Kinder wünschten. Sie reagierte sehr zurückhaltend, antwortete ausweichend und wechselte schnell das Thema. Ich dachte mir nichts dabei. Einige Monate später verkündeten die beiden ihre Schwangerschaft und erzählten mir ihre Geschichte. Sie hatten es über Jahre mit künstlicher Befruchtung versucht, ein teures, teilweise schmerzhaftes und belastendes Verfahren. Sie hatten sich ein Limit gesetzt und waren schließlich bei ihrem letzten Versuch angekommen. Alles hing von diesem letzten Versuch ab. Und genau zu dieser Zeit stellte ich meine übergriffige Frage. Ihre einst große Hoffnung und Vorfreude waren längst zu Angst und Verzweiflung geworden. Gefühle, die man nicht mit Außenstehenden teilen möchte. Und genau in diese Wunde hatte ich meinen Finger gelegt, nur aus Neugier.

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Heute kann ich nicht mehr nachvollziehen, wieso im Grunde so persönliche Gesprächsthemen zum Smalltalk degradiert werden. Natürlich sind diese Fragen oft nicht böse gemeint und in der Intention gestellt, etwas Positives zu hören und sich gegebenenfalls mit dem Gegenüber zu freuen. Aber woher kommt die Annahme, hier gebe es nur eine Art von Antwort?

Man kann nie genau wissen, was im Leben eines anderen Menschen vor sich geht. Insbesondere nicht, wenn man ihm nicht nahe ist. Vielleicht will ein Paar nicht heiraten oder Kinder kriegen, fühlt sich aber unter Druck gesetzt. Vielleicht will der eine unbedingt Kinder, der andere aber nicht, und die Diskussion belastet ihre Beziehung. Oder vielleicht hatte sie gerade erst eine Fehlgeburt und trauert. Alles Situationen, in denen bestimmte Fragen viel auslösen können.

Ich bin mehr als mein Uterus

Ich selbst erlebe es immer wieder am eigenen Leib, wie anstrengend diese Fragerei sein kann. Ich empfinde es als Druck, der mir von außen auferlegt wird. Angefangen dabei, dass man nur mit Partner vollkommen zu sein scheint. Wenn man endlich einen Partner hat, steht die Hochzeit im Raum. Und die erste Frage nach Kindern folgt dann spätestens am Hochzeitstag selbst. Immer geht es um den nächsten Meilenstein, der erfüllt werden muss. Mein Vater fragte mich einmal, wann ich eigentlich endlich vorhabe Kinder zu kriegen – während meine hochschwangere Schwägerin neben mir stand. Ich empfand das als unsensibel, nicht nur mir gegenüber. Ist denn der eine Enkel nicht gut genug? Brauche ich auch ein Kind, um nicht hinterherzuhinken?

Ich erlebe oft Unverständnis, wenn ich diese Fragerei kritisch kommentiere. Es sei doch nicht so gemeint. Das weiß ich, wirklich. Aber hinterfragt werden die eigenen Worte leider auch nicht. Können wir mit solch persönlichen Themen nicht etwas sensibler umgehen? Oder uns zukünftig einfach mehr an der aktuellen Situation erfreuen, anstatt nur dem nächsten Meilenstein entgegenzufiebern? Glücklicherweise gibt es genug andere Themen für Familienfeiern oder den Smalltalk beim Bäcker. Da muss es nicht unbedingt der Zustand meines Uterus sein.

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