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#Urpferde in der Grube Messel: „Mona Lisa unter den Funden“

Im Besucherzentrum des UNESCO-Welterbes Grube Messel wird bis Januar eine Ausstellung zu Urpferden gezeigt. In „Die Kunst der Evolution“ sind auch einige besondere Stücke zu sehen.

Das Urpferd ist das Symbol des UNESCO-Welterbes Grube Messel bei Darmstadt. Es findet sich auf Hinweisschildern, auf Publikationen, seine Pfotenabdrücke weisen den Weg vom Parkplatz ins Besucherzentrum. Doch wie sahen diese kleinen Tiere eigentlich aus, die mit den heutigen Pferden nicht vergleichbar sind? Was haben sie gefressen, und in welchem Klima haben sie gelebt? Das zeigt eine in ihrer Zusammenstellung einmalige Sonderausstellung unter dem Titel „Die Kunst der Evolution“, die seit Samstag und bis zum 12. Januar im Besucherzentrum der Grube Messel gezeigt wird.

Die Urpferde, die viel kleiner waren als Pferde und in Form und Größe eher einem Tapir ähnelten, lebten vor mehr als 48 Millionen Jahren in den Wäldern rund um das heutige Darmstadt. Nirgends auf der Welt wurden mehr Urpferdskelette gefunden als in Deutschland, außer in Messel auch im Eckfelder Maar in der Eifel und im Geiseltal bei Halle. Aber in der Grube Messel wurden besonders viele entdeckt. Rund 70 Fossilien dieser Art aus dem Eozän haben Forscher und zuvor schon private Ausgräber in Messel gefunden.

Denn bevor 1987 ein Denkmalschutzgesetz in Kraft trat, nach dessen Vorgaben auch alle privaten Funde dem Land Hessen gehören, konnte jeder in der Grube graben und behalten, was er dort fand. Deshalb befinden sich viele fossile Raritäten wohl in Privatbesitz. So ist auch der spektakuläre Fund eines Urpferdes zu erklären, das gut präpariert bis vor wenigen Monaten noch im Büro des Geschäftsführers eines der Grube Messel benachbarten Unternehmens hing und erst jetzt dem Besucherzen­trum als Dauerleihgabe zur Verfügung gestellt wurde. Auch dieses Urpferdchen ist in der Ausstellung zu sehen.

Einblicke in längst vergangene Zeiten

Die Funde aus Messel gewähren Zugang zu einem 48 Millionen Jahre alten Ökosystem. Dieses Zeitfenster mache die Grube Messel einzigartig und als UNESCO-Welterbe zu einem Ort mit unschätzbarem Wert für die Menschheit, hebt die Kuratorin der Ausstellung, Lukardis Wencker, hervor. Noch nie seien mehr Fossilien von Urpferden ausgestellt worden als aktuell im Besucherzentrum. In der Ausstellung sind nicht nur die Originalfunde, sondern auch Visualisierungen zu sehen, die zeigen, wie Urpferde einmal ausgesehen haben könnten.

Das 2015 gefundene, vollständige Skelett des Messeler Urpferds.


Das 2015 gefundene, vollständige Skelett des Messeler Urpferds.
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Bild: dpa

Torsten Wappler vom Landesmuseum Darmstadt, das maßgeblich an der Ausstellung beteiligt ist, verweist auf die wissenschaftlichen Erkenntnisse, die sich aus den Funden in der Grube Messel ergäben. Sie zeigten, wie Tiere und Pflanzen damals mit den hohen Temperaturen und dem hohen CO2-Gehalt zurechtgekommen seien. Die Durchschnittstemperatur in unserem Breitengrad lag den Erkenntnissen zufolge mit 25 bis 27 Grad Celsius deutlich höher als heutzutage. In einigen Mägen der Tiere seien Traubenkerne und Blattreste gefunden worden, die auf das Nahrungsangebot und die Ökologie schließen ließen.

Und dennoch sind noch längst nicht alle Geheimnisse der kleinen Pferde, die wohl vor allem im Unterholz der dichten Wälder lebten, bekannt. Bisher sind vier Arten von Urpferdchen entdeckt worden. Ob es noch mehr werden, hängt von den Erkenntnissen der Forschung in den nächsten Jahren und Jahrzehnten ab. Wencker schwärmt von „Urpferdchen als den Ikonen der Evolutionsforschung“ und einem nahezu einzigartigen Zeitfenster, das sich für Forscher in der Grube Messel öffne. Aufsichtsratsvorsitzender Philipe Havlik geht sogar nach weiter und nennt die 1,5 Kilometer im Durchmesser große Grube einen „kleinen Diamanten im Wald bei Darmstadt“.

Ausstellung zeigt viele Exponate zum ersten Mal

Während in Messel die Urpferde im Schiefer zweidimensional konserviert sind, weil vor Jahrmillionen alles durch einen Vulkanausbruch im wahrsten Sinne des Wortes platt gemacht wurde, haben Forscher in der Grube in der Eifel, in der die Kadaver nicht so hohem Druck ausgesetzt waren, auch dreidimensionale Funde gemacht. Sie lassen auf die tatsächliche Gestalt der kleinen Pferde schließen. Einer davon ist in der Ausstellung im Original zu sehen. Havlik spricht von „der Mona Lisa der Urpferdchenfunde“.

In der Ausstellung sind viele Stücke zusammengetragen, die noch nie öffentlich gezeigt wurden, wie er hervorhebt. Die Forscherteams, die ständig in der Grube zugange sind, hoffen in den nächsten Monaten und Jahren auf weitere spektakuläre Funde wie im August vergangenen Jahres, als das jüngste Urpferd aus der Grube geborgen wurde. Die Knochenreste geben sogar noch Hinweise auf eine bestehende Schwangerschaft der kleinen Stute. Zwar ist von dem jüngsten Fund derzeit nur der Kopf zu sehen, die Macher hoffen aber, noch im Lauf der Ausstellung das komplette Urpferdchen zeigen zu können, dessen Körper derzeit im Landesmuseum noch konserviert wird.

Aus den Urpferdchen haben sich unsere heutigen Pferde entwickelt. Doch wie werden diese in mehreren Millionen Jahren aussehen? Auch darauf gibt die Ausstellung eine zumindest hypothetische Antwort. Die Künstlerin Elisa Jule Braun hat ein Gedankenexperiment gewagt und zeigt in einer kleinen Kurzdokumentation unter dem Titel „Hippospirulina Libica“, wie sich das Pferd in der Zukunft entwickeln könnte. Zu der Sonderausstellung werden nicht nur Führungen, sondern auch wechselnde Aktionen für Kinder und Erwachsene angeboten. Die Öffnungszeiten, die aktuellen Angebote, weitere Informationen und die Eintrittspreise finden sich auf der Internetseite der Welterbestätte.

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