Wissenschaft

#Urzeit-Wal könnte schwerstes Tier aller Zeiten gewesen sein

Bisher gilt der Blauwal als das schwerste Tier unseres Planeten – nicht einmal die Dinosaurier erreichten seine ungeheure Körpermasse. Doch jetzt haben Paläontologen in Peru das Fossil eines urzeitlichen Wales entdeckt, der selbst diesen Giganten an Größe und Masse übertroffen haben könnte. Der Perucetus colossus getaufte Urzeit-Wal lebte vor rund 39 Millionen Jahren und besaß ungewöhnlich schwere, große Knochen. Sein Skelett war zwei- bis dreimal so schwer wie das eines Blauwals und die Gesamtmasse von Perucetus colossus könnte zwischen 85 und 340 Tonnen gelegen haben – mehr als bei jedem anderen bekannten Tier. Die Paläontologen vermuten, dass der massige Gigant ähnlich wie die heutigen Seekühe im flacheren Wasser lebte und ein eher langsamer Schwimmer war. Wovon er sich ernährte, ist noch unbekannt.

Auch wenn Wale heute perfekt ans Wasserleben angepasst sind, haben sie sich nicht im Meer entwickelt. Stattdessen stammen sie von landlebenden Säugetieren ab, die im Laufe der Zeit wieder zu einem Leben im Wasser zurückkehrten. Als mögliche Vorfahren der Wale gelten urzeitliche Paarhufer der Gattung Indohyus. Diese etwa waschbärgroßen Tiere lebten zu Beginn des Eozäns vor rund 50 Millionen Jahren auf dem indischen Subkontinent. Ähnlich wie die heutigen Wale besaßen sie verdickte Ohrknochen und auch insgesamt sehr schwere Knochen, ähnlich wie bei Flusspferden und Seekühen. Im Laufe des Eozäns reduzierten die Vorläufer der Wale dann ihre Gliedmaßen und wandelten sie in Flossen um. „Während dieser globalen Treibhaus-Ära spezialisierten sich die Wale immer stärker auf das aquatische Leben und entwickelten auch schnell größere Körper“, berichten Giovanni Bianucci von der Universität Pisa und seine Kollegen. Als erster großer Wal gilt der vor rund 40 Millionen Jahren lebende Basilosaurus mit rund 18 Meter Länge. Der größte und schwerste Wal überhaupt ist jedoch der Blauwal (Balaenoptera musculus). Der heutige Gigant der Meere erreicht eine Länge von bis zu 33 Metern und eine Masse von bis zu 200 Tonnen.

Skelett doppelt so schwer wie beim Blauwal

Doch nun könnte ein im Süden von Peru entdecktes Fossil dem Blauwal den Rang ablaufen. Der Fund besteht aus 13 riesigen Wirbelknochen, vier Rippen und Teilen der Hüfte, die in einer rund 39 Millionen Jahre alten Gesteinsformation im Süden Perus gefunden wurden. Jeder Wirbel des Fossils wiegt weit über 100 Kilogramm und die Rippen erreichen eine Länge von 1,40 Metern. Aus den Merkmalen der Knochen schließen Bianucci und seine Kollegen, dass es sich um einen urzeitlichen Wal aus der Gruppe der Basilosauriden handeln muss. Zu Lebzeiten war dieses Tier wahrscheinlich etwa so groß wie ein Blauwal. Die Wissenschaftler gaben ihm den Namen Perucetus colossus – „der kolossale Wal aus Peru“. Für ihre Studie untersuchten sie die Morphologie der Knochen und scannten sie, um ihr Volumen zu messen. Außerdem führten sie Kernbohrungen durch, um die innere Knochenstruktur zu beurteilen. Ebenso wurden vollständig erhaltene Skelette von nahen Verwandten in die Analyse mit einbezogen.

Die Untersuchungen der fossilen Walknochen enthüllten, dass Perucetus colossus nicht nur sehr groß war, sondern auch ungewöhnlich schwer. „Mit einer geschätzten Masse von 5,3 bis 7,6 Tonnen wog allein sein Skelett 2- bis 2,9-mal so viel wie das eines 25-Meter langen Blauwals“, berichten Bianucci und sein Team. Der Grund: Anders als bei den frühen Basilosauriden sind die Knochen bei allen heutigen Walen im Inneren relativ porös und dadurch leichter. Dies hilft den Tieren, mehr Auftrieb zu bekommen. „Diese osteoporotische Struktur ist typisch für im offenen Meer lebende und sekundär aquatische Tetrapoden, die aktiv schwimmen“, erklären die Paläontologen. Dadurch hat das Skelett bei Walen nur einen Anteil von 2,2 bis 5,1 Prozent an der gesamten Körpermasse, bei Landtieren sind es dagegen vier bis zehn Prozent. Doch bei Perucetus colossus fehlen die waltypischen leichten Knochen. Stattdessen sind sie durch eine Anlagerung zusätzlicher Knochenmasse an ihrer Außenseite und eine besonders hohe Knochendichte extrem massiv. Damit kombinierte dieser Urzeit-Wal eine enorme Größe mit den bisher schwersten bekannten Knochen.

(Video: Nature)

War Perucetus colossus das schwerste bekannte Tier?

Um die Gesamtmasse des Urzeit-Wals zu rekonstruieren, verwendeten die Paläontologen verschiedene bei lebenden Meeressäugern bekannte Verhältnisse von Weichteil- zu Skelettmasse. Diesen Berechnungen nach könnte Perucetus colossus zwischen 85 und 340 Tonnen Lebensgewicht auf die Waage gebracht haben. Er war damit möglicherweise noch schwerer als der Blauwal. „Dieser frühe Wal verschiebt die bisher bekannte Obergrenze der Skelettmasse bei Säugetieren und im Wasser lebenden Wirbeltieren drastisch. Möglicherweise ist er auch das schwerste jemals beschriebene Tier“, sagt Seniorautor Eli Amson vom Staatlichen Museum für Naturkunde Stuttgart. Der neue Fund demonstriert damit, dass Wale schon rund 30 Millionen Jahre früher gigantische Größen erreichten als bisher angenommen. „Für uns ist eines der entscheidenden Ergebnisse unserer Arbeit, dass sich der Übergang zu echtem Gigantismus bei Walen sich viel früher in der Erdgeschichte entwickelte, als wir bisher dachten. Perucetus colossus kombiniert eine gigantische Größe mit extrem hohem Knochengewicht und lebte bereits vor 39 Millionen Jahren“, sagt Amson.

„Entdeckungen so extremer Körpermaße sind eine Gelegenheit, unser Verständnis der Tierevolution neu zu bewerten“, kommentieren die nicht an der Studie beteiligten Wissenschaftler J. G. M. Thewissen und David A. Waugh von der Northeast Ohio Medical University. „Es scheint, dass wir bisher kaum begreifen, wie erstaunlich die Größe bei Walen sein kann.“ Bianucci und seine Kollegen vermuten, dass der urzeitliche Koloss wegen seiner schweren Knochen und des geringen Auftriebs wahrscheinlich kein sonderlich aktiver, dynamischer Schwimmer war und eher in flacheren Meeresgebieten lebte – ähnlich den heutigen Seekühen. „Das zusätzliche Gewicht hilft diesen Tieren, ihren Auftrieb zu regulieren und sich unter Wasser zu halten, ähnlich wie der Bleigürtel bei Tauchern“, erklärt Amson. Wegen seiner relativ langen, massiven Wirbelknochen schwamm Perucetus colossus wahrscheinlich durch eine langsame, wellenförmige Auf- und Abbewegung seines Körpers. Wie sich der Urzeit-Wal ernährte, ist wegen des fehlenden Kopfes noch ungeklärt.

Quelle: Giovanni Bianucci (Universität Pisa) et al., Nature, doi: 10.1038/s41586-023-06381-1

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