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#Verbundenheit auf Abruf

Verbundenheit auf Abruf

Bis vor ein paar Tagen erschien das Leben in Israel beneidenswert; die Pandemie war überwunden, die Sonne lachte über den Strandcafés von Tel Aviv. Nun hat der Raketenhagel aus Gaza die Israelis wieder in die Realität des Nahost-Konflikts zurückgeholt – oder, wie es mein Vater formulierte: „Bei euch ist noch Corona-Ausnahmezustand, wir sind wieder zurück in unserer Routine.“ Aber auch hierzulande setzt Routine ein, sobald es in Israel und Gaza brennt. Schon gibt es wieder die bekannten Appelle der Politik zur Mäßigung „auf beiden Seiten“, Rathäuser und Landtage hissen Israel-Fahnen, Menschen mit Palästina- und Türkei-Flaggen greifen Synagogen an. Und natürlich wird auf Israels Sicherheit als deutsche Staatsräson hingewiesen. Eine „Nahost-Konflikt-Routine“, die sich auf vier Ebenen vollzieht.

Da ist zunächst die nationale Ebene: Hier existiert ein Bekenntnis deutscher Politik zur „besonderen historischen Verantwortung“ Deutschlands für die Sicherheit Israels, die sich aus dem Holocaust herleitet. Während das Bekenntnis auf Adenauer zurückgeht, vollzog sich die Verankerung als „Staatsräson“ erst in jüngster Zeit. Angela Merkel formulierte sie 2008 in einer Rede vor der Knesset zum sechzigsten Gründungstag des Staates Israel: „Diese historische Verantwortung Deutschlands ist Teil der Staatsräson meines Landes. Das heißt, die Sicherheit Israels ist für mich als deutsche Bundeskanzlerin niemals verhandelbar.“

Wirtschaftliche Interessen und leere Symbolpolitik

Die Bedeutung solch einer Deklaration einer Regierungschefin, die den deutschen Staat auf ewig der Sicherheit eines anderen Landes verpflichtet, wiegt schwer. Sie wurde nicht einmal an Bedingungen geknüpft, wie etwa an das Fortbestehen der israelischen Demokratie. Als Israeli hatte mich Merkels Rede gerührt, weil ich ihre guten Absichten zu verstehen meinte. Seither wird aber immer deutlicher, dass dieses Versprechen nicht einzulösen ist. Es wäre vielmehr an der Zeit, sich seiner Unerfüllbarkeit zu stellen und eine neue Grundlage für das deutsch-israelische Verhältnis zu finden, sowohl auf politischer als auch auf gesellschaftlicher Ebene.

Als prominentes Beispiel für das Nachkommen des Versprechens werden oft die U-Boote angeführt, die Israel von Deutschland erhalten hat. Die erste solche Lieferung folgte einer Entscheidung Helmut Kohls 1991, nach dem ersten Golfkrieg. Seitdem wurde der kleine Staat mit nicht weniger als neun U-Booten beliefert – obwohl das israelische Militär die Notwendigkeit von so vielen U-Booten stets bestritten hat und die steigenden Wartungskosten beklagt hat. Heute gilt es als erwiesen, dass das deutsche Unternehmen ThyssenKrupp im Umfeld Netanjahus Überzeugungsarbeit in Millionenhöhe leistete, um ihn zum Kauf der vom deutschen Staat subventionierten U-Boote zu bewegen. Was als Handeln aus moralischer Verantwortung präsentiert wurde, diente hauptsächlich den wirtschaftlichen Interessen deutscher Rüstungskonzerne.

Die deutsche Staatsräson erstreckt sich aber nicht nur auf die Marine, sondern auch auf die Luftwaffe. Im vergangenen Jahr flogen israelische F-16-Kampfjets zusammen mit deutschen Eurofightern über das ehemalige Konzentrationslager Dachau und das Flugfeld Fürstenfeldbruck, wo palästinensische Terroristen 1972 elf israelische Olympia-Sportler ermordeten. Worin der Mehrwert dieses Manövers für die israelische Sicherheit lag, bleibt unklar, ebenso der symbolische Wert der Flugroute, die umstandslos palästinensischen Terror auf eine Stufe mit dem Holocaust stellte. Von der gut gemeinten Staatsräson bleibt oft nicht viel mehr als eine Vermischung wirtschaftlicher Interessen mit leerer Symbolpolitik. Wie weit die Verpflichtung im Ernstfall gehen würde, ist zweifelhaft. Können wir uns ernsthaft vorstellen, dass im Fall der Fälle deutsche Soldaten an die Grenze Israels ziehen und ihr Leben riskieren, um ein fremdes Land zu verteidigen?

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