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#Verteidigungspolitik und Ukraine: Deutschlands strategischen Defizite

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Verteidigungspolitik und Ukraine: Deutschlands strategischen Defizite

Der brutale und völkerrechtswidrige Angriff russischer Truppen auf die Ukraine wirft nicht nur die Bemühungen um ein friedliches Zusammenleben in Europa um Jahrzehnte zurück. Er zwingt Deutschland, das sich lange Zeit einer vor allem dem Interesse seiner Exportunternehmen dienenden Außenpolitik auch gegenüber autokratischen Herrschern verpflichtet sah, nicht nur dazu, Farbe zu bekennen und mit seinen Partnern Sanktionen auf den Weg zu bringen, die diesen Namen verdienen. Längerfristig muss Deutschland lernen, unter anderem seine Energie- und seine Verteidigungspolitik strategischer zu gestalten. Damit verbunden sind nicht geringe wirtschaftliche Konsequenzen.

Sanktionen werden einen zu rücksichtslosem militärischen Handeln entschlossenen Herrscher, der zudem seine Fremdwährungskasse über Jahre aufbauen konnte, nicht kurzfristig in seinen Aktionen bremsen. Darüber darf sich niemand Illusionen machen. Angesichts der Fragilität der nach wie vor stark vom Rohstoffexport abhängigen russischen Wirtschaft vermögen wohldefinierte Wirtschaftssanktionen längerfristig aber durchaus Wirkung zu zeigen, auch wenn sich diese vorab nicht quantifizieren lässt.

Der Einwand, mit Sanktionen treibe der Westen Russland erst recht in die Arme Chinas, verkennt, dass Peking sehr genau registrieren dürfte, wie konsequent der Westen auf den russischen Angriffskrieg reagieren wird. Hier Einheit und Entschlusskraft zu zeigen ist für den Westen von nicht zu unterschätzender Bedeutung. Wer Sanktionen von vornherein defätistisch als unsinnig und wirkungslos deklariert, sollte lieber Tretboot auf der Spree fahren.

Der Leitungsbau kommt nicht voran

Aber auch eine erfolgreiche Sanktionspolitik ersparte es Deutschland nicht, seine Interessen nicht länger durch eine primär situative Politik zu verfolgen, sondern in einem stärkeren Maße – und Hand in Hand mit seinen Partnern – strategisch zu denken und zu handeln. Deutschlands Energiepolitik wird schon seit vielen Jahren von nicht wenigen Partnern jedoch nur noch mit deutlich vernehmbarem Kopfschütteln zur Kenntnis genommen. Die Reihenfolge des Ausstiegs aus der Kernenergie und der Kohle bezeichnen selbst manche Gegner der Kernenergie mit Blick auf die Versorgungssicherheit heute als unglücklich.

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Mit diesen Entscheidungen verbunden war die Absicht, den Anteil regenerativer Energien rasch zu steigern. Aber der Leitungsbau, mit dem Ökostrom vom Norden in den Süden Deutschlands gebracht werden soll, kommt unter anderem wegen ökologischer Bedenken nicht voran. Diese Politik erzeugt auf lange Sicht eine Abhängigkeit von Gaslieferungen, für die Russland bereitwillig eine bedeutende Rolle eingeräumt wurde. Anders als beim Öl, wo nach der Krise von 1973 nicht nur eine größere Diversifikation unter den Lieferanten angestrebt, sondern auch eine nationale Reserve angelegt wurde, existieren für Gas zwar Zwischenlager, aber nichts, was den Begriff strategische Reserve verdiente. Verzichtet wurde darauf unter anderem aus ökologischen Gründen.

Es wird einer Herkulesaufgabe gleichen, innerhalb eines überschaubaren Zeitraums den Anteil regenerativer Energien deutlich zu steigern, in eine leistungsfähige Wasserstoffwirtschaft einzusteigen, eine von Russland weniger abhängige Gasversorgung zu organisieren und gleichzeitig endlich international wettbewerbsfähige Strompreise zuzulassen. Selbst eine im europäischen Vergleich sehr leistungsfähige Volkswirtschaft wie die deutsche kann sich an einer solchen Aufgabe verheben.

Zumal Deutschland endlich auch in seiner Verteidigungspolitik strategischer denken muss. Wer sich Streitkräfte leistet, muss auch für eine moderne Ausrüstung sorgen. Was sich Deutschland in dieser Hinsicht seit vielen Jahren leistet, gleicht einer Beleidigung für seine Soldaten und einem Offenbarungseid gegenüber seinen NATO-Partnern. Es wird viel Geld, viel Mühe und viel Zeit kosten, die Versäumnisse der Vergangenheit zu korrigieren. Am besten geschähe dies wohl durch industrielle Kooperationen mit Partnerländern.

Die Herausforderungen sind gewaltig, aber der Schock der russischen Aggression dürfte eine große Mehrheit der Bevölkerung wie der im Bundestag vertretenen Parteien für eine strategischere, fest im Westen verankerte Politik Deutschlands eintreten lassen. Der aus den trüben Tümpeln der extremen Linken und der extremem Rechten zu vernehmende, nicht selten aus tumbem Antiamerikanismus sich ableitende Beifall für das Russland Putins verbleibt als armseliger Ausdruck von Realitätsfremdheit und Verantwortungslosigkeit.

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