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#Vervollständigen wir unsere Kenntnisse über das Leben der Ameisen

„Vervollständigen wir unsere Kenntnisse über das Leben der Ameisen“

In den lang währenden Ausläufern dessen, was wir heute die Spät­antike nennen, am Ende der mitt­leren Kaiserzeit, als mehr als zwei Jahrzehnte lang eine Pandemie halb Europa heimsuchte und seine Bevölkerung zeitweise zu Tausenden am Tag dahinraffte, Mark Aurel das Römische Reich regierte und es an dessen nördlichen Grenzen gegen germanische Stämme mit heute ebenso obskur wie wohlklingenden Namen wie Markomannen und Quaden verteidigte, in jene Zeit also, etwa um das Jahr 178, vielleicht auch ein Jahr früher oder später, fällt die Ent­stehung der ersten umfassenden und ausgesprochen detailversessenen Wider­legung des Christentums. Dieses verdiente freilich noch kaum die Bezeichnung einer Religion. Vielmehr handelte es sich um eine äußerst heterogene, zumeist im Verborgenen, auf jeden Fall am Rande der heid­nischen Mehrheits­ge­sellschaft gedeihende Gemeinde – eine Art Parallelgesellschaft mit zuletzt erheblichen Zuwachsraten und der aufrührerischen Tendenz, sich staatsbürgerlichen Pflichten zu entziehen.

Der Titel jener Streitschrift lautet „Ale­thes Logos“ (Wahre Lehre). Weder über ihren Autor – einen Gelehrten namens Kelsos – noch über den Umfang ist etwas bekannt. Der Text selbst ist verloren. Alles, was vom Inhalt rekonstruiert werden kann – die Forschung ist sich über den Gehalt der Überlieferung, wie es sich gehört, un­eins –, stammt aus der acht Bücher umfassenden Gegenschrift „Contra Celsum“ des Kirchengelehrten Origenes, in der dieser seinen Gegner zum Glück so ausführlich zu Wort kommen lässt, dass wir uns ein Bild vom Ursprungstext machen können.

Die Kritik des Kelsos am Überlegenheitsgefühl des Menschen

Der Ton von Kelsos’ Christentumskritik ist polemisch, bisweilen sogar aggressiv und dennoch spürbar von dem Bemühen durchdrungen, die Abtrünnigen von der Widersinnigkeit, ja dem Wahnwitz ihrer Glaubensannahmen mit intellektuellen, nämlich den schon damals hochgeschätzten Mitteln der Vernunft zu überzeugen.

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Vor allem stößt sich der Autor an der narzisstischen Sonderstellung, mit der die biblische Überlieferung dem Menschen die unbeschränkte Herrschaft über die Welt einräumt, eine Vormacht, die durch nichts gerechtfertigt sei. „Warum“, fragt Kelsos, werde behauptet, „Gott habe alles für den Menschen gemacht“, da „das Weltganze ebenso gut der unvernünftigen Tiere als der Menschen wegen geschaffen worden“ sein könnte, und überprüft landläufige Argumente auf ihre Stichhaltigkeit: „Wenn einer behaupten will, dass wir Herrscher der vernunftlosen Lebewesen sind, weil wir die vernunftlosen Tiere jagen und verspeisen, dann werden wir sagen: Warum sind wir nicht vielmehr ihretwegen geschaffen, da auch sie uns jagen und fressen?“

Der Mensch ist für Kelsos ganz Mängelwesen, das von Natur aus nackt, un­beschuht und unbewaffnet sich alle Fähigkeiten und Besitztümer erst aneignen muss, um sein Überleben zu sichern, während nichtmenschliche Tiere von vorne­herein mit der für das Überleben nötigen Ausrüstung ausgestattet sind.

Auch Kulturleistungen wie Staatswesen, Kriegführung oder Bautätigkeit lässt er als menschliches Alleinstellungsmerkmal nicht gelten, imaginiert vielmehr den ­prüfenden Blick eines extraterrestrischen, quasi gottgleichen Beobachters: „Wenn jemand vom Himmel herab auf die Erde hinblickte“, fragt er nicht ohne Spott, „was würde er wohl für einen Unterschied finden zwischen dem, was wir tun, und dem, was Ameisen und Bienen treiben?“

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