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#„Viele haben sich abgewendet, viele aus Enttäuschung“

„„Viele haben sich abgewendet, viele aus Enttäuschung““

In Stuttgart ist am Mittwochabend der 102. Deutsche Katholikentag eröffnet worden. Zu der Veranstaltung, die das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) gemeinsam mit dem Bistum Rottenburg-Stuttgart ausrichtet, werden bis Sonntag etwa 25.000 Personen erwartet. Damit haben sich die Erwartungen nicht erfüllt, vier Jahre nach dem mit fast 90.000 Teilnehmern äußerst lebhaft besuchten Katholikentag in Münster und ein Jahr nach dem wegen der Corona-Pandemie digital veranstalteten Ökumenischen Kirchentag in Frankfurt in der baden-württembergischen Landeshauptstadt an die Erfolgsgeschichte der Katholikentage seit den 1970er Jahren anzuknüpfen.

Daniel Deckers

in der politischen Redaktion verantwortlich für „Die Gegenwart“.

Um die eigene Enttäuschung zu plausibilieren, hatten die Veranstalter in den vergangenen Tagen immer wieder auf die Corona-Pandemie, den Krieg in der Ukraine und die Krisenstimmung in der katholischen Kirche verwiesen. Wie sehr die Reputation der Kirche in den vergangenen Jahren gelitten hat, allem voran durch die Enthüllungen über sexuelle Gewalt und den Umgang der Bischöfe mit Beschuldigten und Betroffenen, äußerte sich aber nicht nur in dem äußerst schwachen Zuspruch aus den Reihen der gut 24 Millionen Katholiken in Deutschland.

Zum Verdruss der Veranstalter und zur Enttäuschung der Besucher haben nahezu alle Spitzenpolitiker aus allen Parteien, die zunächst ihr Kommen zugesagt hatten, ihre Teilnahme an Podien oder anderen Veranstaltungsformaten kurzfristig abgesagt. Der Kölner Erzbischof Rainer Maria Woelki wiederum zeigte dem Katholikentag mit der Begründung die kalte Schulter, er müsse am Fest Christi Himmelfahrt in dem Marien-Wallfahrtsort Neviges einem Familientag bewohnen. Dort will er in einem Gespräch mit handverlesenen „Medienvertretern“ überdies Antworten auf die Frage geben „Wie kann ich heute von meiner Kirche sprechen?“

„Missbrauch und Vertuschung haben viel Vertrauen beschädigt“

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hingegen verurteilte in seiner Rede während der Eröffnungsfeier nicht nur ein weiteres Mal Putins Angriffskrieg gegen die Ukraine und den dadurch verschärften Hunger und Tod in aller Welt ein, sondern fragte auch nach der Rolle der Kirchen angesichts der vielfältigen Krisen der Gegenwart. An die Teilnehmer gewandt verlangte er, auch „über unseren Anteil an der weltweiten Klimakrise, über unseren Lebensstil und unsere Verantwortung für die Welt“ nachzudenken. „Dann werden wir anders leben, anders wirtschaften und ja, auch auf manches verzichten müssen.“

Gegen Vorhaltungen, die Glaubensgemeinschaften hätten ihre Stimmen während der Corona-Pandemie nicht laut genug zugunsten der Alten und der Kinder erhoben, nahm der Bundespräsident die Kirchen in Schutz. Meist seien sie von denen gekommen, die mit der Kirche nicht viel am Hut hätten und nicht sehen könnten oder wollten, „wieviel Gutes und Tröstendes im Stillen geschehen ist, gerade für Kranke und Sterbende und in der Begleitung Trauernder – soweit das bei all den Einschränkungen der Gottesdienste und der Seelsorge überhaupt möglich war“.

Dass diese Frage nach der Fähigkeit der Kirchen, Orientierung zu vermitteln und Halt zu geben, auch in ihrem Inneren gestellt worden sei, habe aber nicht allein mit der Pandemie und ihren lähmenden Auswirkungen auf das Gespräch innerhalb der Gesellschaft zu tun. Entscheidender, so der Bundespräsident, sei, „dass Missbrauch und Vertuschung und deren schleppende Aufklärung viel Vertrauen beschädigt und zerstört haben. Und auch viel Selbstvertrauen. Viele haben sich abgewendet, viele aus Enttäuschung.“

Papst Franziskus meidet klare Worte zu Russlands Angriffskrieg

Steinmeier nahm die Eröffnung des Katholikentages daher zum Anlass, all jene zu „ermutigen, die sich tatkräftig für die Erneuerung der katholischen Kirche in Deutschland einsetzen.“ Nicht nur er, sondern viele Menschen schauten daher mit Neugier und mit Erwartung auf die Arbeit des Reformprojektes „Synodaler Weg“. Nicht zuletzt von dessen Ergebnissen werde es abhängen, „welche Rolle die Kirche und die Christen in Zukunft in unserer Gesellschaft spielen. Ob es lohnt, wieder neu auf sie zu hören.“

Wie üblich, wurde während der Eröffnungsfeier auch eine Grußbotschaft des Papstes verlesen. Franziskus nahm diese Gelegenheit nicht zum Anlass, um seine wiederholt bekundete Abneigung gegen den „Synodalen Weg“ zu bekräftigen. Stattdessen meditierte er über das Motto des Katholikentages „leben teilen“ und meinte, „wir“ seien in diesen Tagen bei den Menschen in der Ukraine und beteten für alle Menschen, deren Leben bedroht und beeinträchtigt sei. Klare Worte über den Angriffskrieg Russlands und die Unterstützung der Aggression durch die Russisch-Orthodoxe Kirche fand Franziskus weiterhin nicht. Der Bundespräsident hingegen wiederholte seine Aufforderung, Präsident Putin möge das Leid und die Zerstörung in der Ukraine beenden.

Überschattet wurde der Beginn des Katholikentages von einem Bericht der Beilage „Christ und Welt“ der Wochenzeitung „Die Zeit“, in der nachgezeichnet worden war, wie der Limburger Bischof Georg Bätzing einen Priester in den Rang eines Bezirksdekans befördert hatte, der einige Jahre zuvor gegenüber zwei erwachsenen Frauen übergriffig geworden war. Die Pressestelle des Bistums bestritt diese Sachverhalte nicht, verwies jedoch darauf, dass Bätzing sich „entschieden“ dafür einsetze, „dass es einen Kulturwandel in der Kirche gibt, Betroffene gehört, Missbrauch verhindert sowie Täter und Taten klar benannt werden.“

Sexuelle Gewalt wird während des Katholikentages in vielerlei Form thematisiert werden, ebenso der Krieg gegen die Ukraine. Für Freitag ist kurzfristig eine Friedenskundgebung in das Programm aufgenommen worden.

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