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#Vom Travestieclub in die bürgerliche Welt

Vom Travestieclub in die bürgerliche Welt

Der Zigarettenqualm vermischte sich mit den Gerüchen der Schminke und Damenparfums, auf der Bühne glitzerten die von Pailletten, Lurex und Strass umhüllten Körper der Künstlerinnen. Romy Haag, die Chefin des Lokals, performte „This Is My Life“, und im dicht gedrängten Publikum jubelten David Bowie, Tina Turner, Grace Jones, Nina Hagen und Thomas Brasch. Davor waren die Stars, die hier zu Nebendarstellern wurden, an der Garderobe hängen geblieben, bei ihr: Nora Eckert.

Von ihrem Aufbruch aus Nürnberg über Gießen nach West-Berlin in den 1970er Jahren, von der Emanzipation des vermeintlich schwulen jungen Manns zur Transfrau und von den Nächten in Europas bekanntestem Travestieclub „Chez Romy Haag“ berichtet die nun 67-jährige Nora Eckert in ihrem Buch „Wie alle, nur anders. Ein transsexuelles Leben in Berlin“. Und genau wie die Gäste an ihrer Garderobe will man verweilen in den Bildern und Szenen, die Eckert beschreibt.

Ihr Körper bestimmt nicht ihr Sein

Ihr Buch ist die Autobiographie eines antiautoritären Charakters, eines Arbeiterkinds, das mit zehn Jahren den Weihrauch und das Spektakel in der katholischen Kirche liebt, aber Gott und die Beichte als Erfindung der Erwachsenen enttarnt, das damit angibt, den Lehrer mit einem Referat über Homosexualität brüskiert zu haben, und schließlich die Schule abbricht, das als Jugendliche Filmrezensionen schreibt, die dem Redakteur der Lokalzeitung zu marxistisch sind, und das später anerkannte Opernkritikerin für Fachzeitschriften wird.

Nora Eckert: „Wie alle, nur anders“. Ein transsexuelles Leben  in Berlin.


Nora Eckert: „Wie alle, nur anders“. Ein transsexuelles Leben in Berlin.
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Bild: C.H. Beck Verlag

„Wie alle, nur anders“ bekundet dabei, so sagt es schon der Titel, vor allem die Selbstbehauptung eines Menschen, der die binäre Geschlechterordnung herausfordert. Von klein auf merkt Eckert, dass sie sich eher mit Frauen identifiziert. Da in ihrem Freundeskreis alle Kinder zusammen spielen, in jeglichen Rollen, egal welchen Geschlechts, und da auch Eckerts Mutter den vermeintlichen Jungen nicht drängt, sich wie ein solcher zu verhalten, stört sich Eckert selbst nicht an ihrem Körper, der als männlich gilt. Schließlich bestimmt er nicht ihr Sein.

Die Gefahr bestand darin, das Leben zu verpassen

Das tun vielmehr die Zuschreibungen, die im Mainstream, in der Hetero- und Ciswelt, wie Eckert schreibt, an die Leibesformen geklebt werden und die Menschen immer wieder in zwei Gruppen einordnen: in Männer und Frauen, deren Identität durch Penis oder Vulva vermeintlich feststehe. Eckert erörtert in einem eigenen Kapitel den neuesten Stand der Forschung, der letztlich besagt: Das zentrale Sexualorgan sitzt zwischen den Ohren und nicht zwischen den Beinen. Und so lässt sich Geschlechtsidentität nie mit Gewissheit nachweisen.

Sind nicht etwa Shakespeares Stücke gerade deshalb so reizvoll, weil sie zeigen, wie kompliziert das Begehren und wie erregend die Verwirrung ist, fragt Eckert. Wie nebenbei verwebt sie philosophische Reflexionen in ihre Erzählung von Identität und Sexualität, von Begehren und Normierung. Und appelliert implizit daran, die eigene Wahrnehmung und das Empfinden ernst zu nehmen. „Die Gefahr bestand darin: Nämlich, mein Leben zu verpassen“, schreibt Eckert über die erste Phase in Berlin, in der sie nach außen noch als schwuler Mann galt, damit immer mehr haderte und schließlich die Entscheidung traf, „die Flucht nach vorn anzutreten“, also auch nach außen als Frau aufzutreten, Transfrau zu werden.

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