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#Von Venezuela nach El Paso: Amerikas neue Migrationskrise

„Von Venezuela nach El Paso: Amerikas neue Migrationskrise“

Noch zwei, drei wackelige Schritte über die Felsen, dann haben sie es ge­schafft. Auf der anderen Uferseite des Rio Grande folgt ein Hüpfer der Erleichterung. Die jungen Leute klopfen einander auf die Schulter. Ein Lächeln strahlt aus den erschöpften Gesichtern der beiden Frauen und ihrer sechs männlichen Begleiter. Dann zückt eine Frau ihr Mobiltelefon. Ihre Freunde versammeln sich hinter ihr: klick, das erste Selfie auf amerikanischem Boden.

Majid Sattar

Politischer Korrespondent für Nordamerika mit Sitz in Washington.

Ein Beamter der Border Patrol sieht in aller Ruhe zu, wie das kleine Grüppchen den Grenzfluss überquert. Er ist an diesem Tag eher ein Bach. Zu dieser Jahreszeit führt er nur Wasser, weil es am Vortag in El Paso gewittert hat. Der Officer winkt den jungen Leuten zu und zeigt auf eine Stelle, wo der Aufstieg vom Ufer am einfachsten ist. Sie winken zurück und signalisieren, die Botschaft verstanden zu haben. Oben angekommen, sprechen sie das Schlüsselwort aus: „Asyl“. Ungefragt fügt einer hinzu: „Venezuela“. Der Beamte nickt freundlich und deutet auf die Schlange unter einer Brücke, in die sich die Mi­granten einreihen sollen. Hier, auf einem Eisenbahngelände, hat die Border Patrol, der bewaffnete Polizeiverband innerhalb der Grenzschutzbehörde US Customs and Border Protection (CBP), im August eine Registrierungsstelle er­öffnet. 1500 bis 2000 Mi­granten kamen seit dem Sommer täglich in El Paso im Westen von Texas an, die größte Gruppe aus Venezuela. Überwiegend sind es junge Männer.

Die Mexikaner lassen sie Migranten passieren

Es ist eine neue Migrationskrise in den Vereinigten Staaten. In den Trump-Jahren kamen neben Mexikanern hauptsächlich Migranten aus El Salvador, Guatemala und Honduras. Es waren Familien, die vor Armut und Bandenkriminalität flohen. Auch viele unbegleitete Minderjährige wurden von ihren Eltern auf den gefährlichen Weg geschickt. Im Sommer kam es dann zu einer zweiten Welle. In El Paso und an anderen Übergängen überqueren hauptsächlich Venezolaner, aber auch Kubaner und Nicaraguaner die Grenze. Sie wissen, dass die mexikanische Nationalgarde sie passieren lässt und die amerikanischen Behörden sie nicht sogleich wieder abschieben.

Weil die Beziehungen zu den Regierungen in Caracas, Havanna und Managua schwierig sind, durften sie bisher für die Dauer ihres Asylverfahrens im Land bleiben, anders als Migranten aus anderen zen­tral- und südamerikanischen Staaten. Diese kommen denn auch nicht auf diesem Weg, unter den Augen der Grenzbehörden, sondern versuchen ihr Glück etwa ein paar Meilen weiter westlich am Mount Christo Rey. Dort ist die Grenzpolizei damit beschäftigt, die irregulären Migranten aufzuspüren. Diejenigen, die in Gewahrsam genommen werden, werden umgehend wieder abgeschoben.

Aus den USA abgeschobene Asylbewerber in Ciudad Juárez in Mexiko


Aus den USA abgeschobene Asylbewerber in Ciudad Juárez in Mexiko
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Bild: Reuters

Hinter den acht jungen Leuten aus Ve­nezuela liegen strapaziöse Wochen, in de­nen sie zu Fuß nicht nur die Wüste von Chihuahua durchquert haben, sondern auch das „Darién Gap“, einen hundert Kilometer langen Streifen, der im Grenzgebiet von Kolumbien und Panama Süd- und Zentralamerika verbindet. „Gap“, Lücke, heißt er, weil es sich um einen Dschungel handelt, durch den keine Straße führt. Vor 30 Tagen seien sie losgezogen, sagen sie. Andere sind zwei Monate unterwegs.

Mehr als sechs Millionen Venezolaner haben seit 2015 ihr vom Maduro-Re­gime heruntergewirtschaftetes Land verlassen und Zuflucht in den Nachbarländern gefunden, viele in Kolumbien und Ecuador. Dort blieben sie zunächst. Mit der Pandemie veränderte sich die Lage. Ein Neuanfang in Südamerika schien vielen unmöglich, sie brachen Richtung Norden auf. 155.000 kamen allein in den vergangenen elf Monaten nach Amerika.

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