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#Wäre ein Afroamerikaner auch freigesprochen worden?

Wäre ein Afroamerikaner auch freigesprochen worden?

Es waren nur einige hundert Demonstranten, die auch am zweiten Tag nach dem Freispruch von Kyle Rittenhouse in Minneapolis zusammen kamen, um gegen das Urteil zu demonstrieren. Der Prozess war in Kenosha in Wisconsin zu Ende gegangen, aber sechshundert Kilometer weiter nordwestlich mobilisierte unter anderem die Black Lives Matter-Bewegung das ganze Wochenende über Leute zu Protesten.

Wo vor anderthalb Jahren der Afroamerikaner George Floyd von einem Polizisten ermordet worden war, sagte der Aktivist Trahern Crews dem Lokalsender WCCO am Samstag: „Schwarze Kids werden nie so behandelt.“ Rittenhouse, damals 17 Jahre alt, hatte während der antirassistischen Proteste im Sommer 2020 zwei Männer erschossen und einen verletzt – dennoch muss er nicht ins Gefängnis. Der aus Illinois stammende Weiße hatte ein AR-15 Sturmgewehr nach Kenosha mitgebracht. Er hatte sich zu einer Gruppe von Männern gesellt, die angaben, Geschäfte vor Plünderungen schützen zu wollen.

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Staatsanwalt: Rittenhouse hat Konflikt provoziert

In Kenosha hatte zuvor ein Polizist den Afroamerikaner Jacob Blake durch mehrere Schüsse in den Rücken lebensgefährlich verletzt, danach kam es zu teils gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Aktivisten und der Polizei. Rittenhouse lief mit seinem Gewehr durch die Straße, als erst Jacob Rosenbaum und dann Anthony Huber ihn angriffen. Beide wollten ihm laut Rittenhouse die Waffe wegnehmen. Rosenbaum verfolgte ihn und warf eine Tasche nach ihm, Huber schlug ihn später mit seinem Skateboard.

Laut der Anklage hatten Umstehende den Teenager als bedrohlich wahrgenommen und jemand hatte „Waffe, Waffe!“ gerufen. Zeugen hätten Rittenhouse für einen Amokläufer halten können, den man stoppen müsse. Der schwer bewaffnete Jugendliche habe den Konflikt somit provoziert, so der Staatsanwalt. Dem hielten Rittenhouse und seine Anwälte entgegen, dass er in Notwehr gehandelt habe. Die Geschworenen folgten letztlich der Version der Verteidigung in allen Punkten.

Unmittelbar nach dem Freispruch am vergangenen Freitag demonstrierten Tausende nicht nur in Kenosha, sondern auch in Portland, Los Angeles und Chicago. In New York marschierten mehrere hundert Demonstranten über die zeitweise gesperrte Brooklyn Bridge. In der von vielen Polizisten bewohnten Nachbarschaft Middle Village in Queens gab es einzelne Fälle von Vandalismus – dabei seien Autos beschädigt, „Blue Lives Matter“-Fahnen aus Vorgärten gerissen und Mülltonnen umgeworfen worden, hieß es von der Polizei.

Viele Fachleute halten das Urteil juristisch für gerechtfertigt, weil Rittenhouse nicht geschossen habe, bevor ihm jemand aggressiv zu Leibe gerückt sei. Kritiker verwiesen aber auf die auch in Wisconsin geltende Regel, wonach ein Angegriffener nicht-tödliche Mittel der Selbstverteidigung ausreizen müsse. Sie fürchten auch die politische Signalwirkung, die von dem Freispruch ausgehen könnte. Er ermutige alle Menschen, die linke und antirassistische Proteste zu einer Bedrohung erklärten, gegen die sie sich zu wehren hätten, so die Bürgerrechtsorganisation „American Civil Liberties Union“.

„Gericht sendet inakzeptable Botschaft“

Wäre Rittenhouse schwarz gewesen, wäre er verurteilt worden, sagte Bürgerrechtler Al Sharpton gegenüber der „New York Times“. Und der Sender CNN fragte, ob man es mit einem „neuen Zeitalter des weißen Vigilantismus“ zu tun habe. In rechten Kreisen wird die Figur des „vigilante“, eines wehrhaften Mannes, der seinen Besitz und seine Familie notfalls auch durch Selbstjustiz verteidigt, von jeher gefeiert. Gegner schärferer Regeln beim Waffenkauf legen das Recht auf Selbstverteidigung entsprechend weit aus.

Das Urteil gebe allen Recht, die eine Bedrohung beliebig selbst definieren, ja mit erzeugen könnten, schrieben John Huber und Karen Bloom, die Eltern des erschossenen Anthony Huber. Das Gericht sende „die inakzeptable Botschaft, dass bewaffnete Zivilisten in jeder Stadt auftauchen, Gewalt provozieren, und dann die Gefahr, die sie erzeugt haben, nutzen können, um zu rechtfertigen, dass sie auf Menschen auf der Straße schießen“.

Der Bürgerrechtler Jesse Jackson (Mitte) bei einer Demonstration gegen den Freispruch von Kyle Rittenhouse am Samstag in Chicago


Der Bürgerrechtler Jesse Jackson (Mitte) bei einer Demonstration gegen den Freispruch von Kyle Rittenhouse am Samstag in Chicago
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Bild: Reuters

Unabhängig von der Auseinandersetzung über das Urteil ist bereits deutlich, dass Rittenhouse eine neue Identifikationsfigur für Amerikas Rechte ist. Seit Monaten konnte man auf ihren Veranstaltungen schon Fanartikel wie T-Shirts mit dem Namen des Teenagers sehen. In den vergangenen Wochen verteidigten ihn vor allem die rechten Medien wie Fox News. Rittenhouse erlaubte dem Team von Fox-Moderator Tucker Carlson auch, ihn beim Prozess exklusiv zu begleiten – am Montag will der Sender ein ausführliches Interview mit dem Freigesprochenen ausstrahlen.

Jetzt, wo ihm keine strafrechtlichen Konsequenzen mehr drohen, stellen sich auch republikanische Politiker noch offener hinter den jungen Mann. Die Abgeordneten Madison Cawthorn aus North Carolina und Matt Gaetz aus Florida sagten, sie wollten Rittenhouse ein Praktikum anbieten. Gaetz sagte dem rechtsgerichteten Sender Newsmax, er werde in Erfahrung bringen, ob Rittenhouse daran interessiert sei, „dem Land auf weitere Arten zu helfen.“

Paul Gosar, der einen Kongressbezirk in Arizona vertritt, verkündete daraufhin bei Twitter: „Ich werde mit @mattgaetz Armdrücken, um mir Kyle als Praktikanten zu sichern.“ Gosar war in der vergangenen Woche vom Repräsentantenhaus offiziell gerügt worden. Er hatte ein Video geteilt, das ihn als Cartoonfigur zeigt, die die linke Abgeordnete Alexandria Ocasio-Cortez tötet und Präsident Joe Biden mit Schwertern angreift.

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