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#Wahlprogramm der Union: Adenauer reicht nicht mehr

Wahlprogramm der Union: Adenauer reicht nicht mehr

Vielleicht wäre es Armin Laschet am liebsten gewesen, wie weiland Konrad Adenauer im Bundestagswahlkampf des Jahres 1957 Wahlkampfplakate mit den Worten „Keine Experimente!“ zu bedrucken, auf den Ruf der Union als politische Kraft der Beständigkeit und der Mitte zu vertrauen und ansonsten ruhig zuzusehen, wie sich das Spitzenpersonal der Konkurrenz um Kopf und Kragen redet.

So einfach geht es im Jahre 2021 allerdings nicht, auch wenn heute von der Union gebrauchte Begriffe wie „Sicherheit im Wandel“ oder „Maß und Mitte halten“ aus der Adenauerzeit stammen könnten. Zum einen erfordern die aktuellen und künftigen Herausforderungen Antworten, obgleich sich die Union traditionell eher als Kanzlerwahlverein denn als Entwicklerin programmatischer Entwürfe versteht. Zum anderen hat ihr Ruf als Zentrum politischer Beständigkeit in den Jahren der Kanzlerschaft Angela Merkels gelitten.

Laschet musste zumindest eine Blaupause liefern, mit der die Union nach dem Wahltag in Koalitionsverhandlungen eintreten könnte. Das große Sammelsurium, das er am Montag präsentierte, enthält – neben vielen Versprechungen an unterschiedliche Wählergruppen, Ungereimtheiten und Ausflüchte – wichtige Botschaften: Die Union will sich wieder als eine Partei der Sozialen Marktwirtschaft verstehen, in der auch die Interessen der Wirtschaft eine stärkere Berücksichtigung finden. Die Wirtschaft besteht nicht nur aus Großkonzernen und Multimillionären. In Deutschland gibt es rund vier Millionen Unternehmen; die meisten sind kleine Betriebe mit wenigen Mitarbeitern. Diese Unternehmer zählten einmal zur Kernklientel einer Union, die es über die Jahre jedoch verstanden hat, nicht wenige dieser ehemaligen Wähler in die Arme der AfD oder ins große Reservoir der Nichtwähler zu vertreiben.

Richtig ist auch die Idee, Klimapolitik und Marktwirtschaft nicht als Gegensätze zu verstehen, sondern wirtschaftlichen Fortschritt als einen Innovationsmotor auch für die Bewältigung der klimapolitischen Aufgaben zu verstehen. Dirigismus sollte die Union anderen Parteien überlassen.

Die Achillesferse ihrer steuerpolitischen Vorschläge bleibt die Finanzierung. Als eine politische Kraft, die das Bürgertum für sich mobilisieren und finanzpolitische Zuverlässigkeit verkörpern will, kann sich die Union nicht von der Schuldenbremse verabschieden. Der haushaltspolitische Spielraum wird jedoch in den kommenden Jahren selbst unter der Annahme einer kräftigen Erholung der Konjunktur nicht so groß ausfallen, dass er die Finanzierung des umfassenden Wünsch-dir-was aus dem Unionsprogramm auch nur entfernt gestatten würde.

Eine solide Finanzpolitik, die gleichzeitig zumindest geringe Entlastungen der Unternehmen gestattet, erfordert einen haushaltspolitischen Kraftakt. Immerhin könnte die Union so einen Kontrapunkt zu einem linken Verständnis von Finanzpolitik setzen, das großzügige Verschuldung mit Steuererhöhungen kombinieren will. Für den Wähler ist es gut, wenn sich die Angebote der Parteien voneinander unterscheiden. Und für die Union ist es sinnvoll, eher bürgerliche Nichtwähler zu umwerben als unbeirrt zu versuchen, mit einem sozialdemokratischen Programm die schwachbrüstige SPD weiter zu marginalisieren.

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Angesichts der demographischen Entwicklung erfordert ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum einen erheblichen Zuwachs der Produktivität, den der Staat nicht zu garantieren vermag. Es bedarf leistungsfähiger Unternehmen und gut ausgebildeter Arbeitskräfte. Nachhaltiges Wirtschaftswachstum bildet die Grundlage, um die angestrebte ehrgeizige Klimapolitik ohne ökonomische und gesellschaftliche Verwerfungen zu betreiben. Aber selbst ein langfristiges Wachstum der Wirtschaft dürfte nicht ausreichen, um die demographischen Herausforderungen für die Sozialversicherung zu bewältigen.

Handlungsfreiheit in der Haushaltspolitik vereinbart sich nicht mit einer immer stärkeren Beanspruchung des Bundeshaushalts zur Finanzierung der Rente. Die großzügige Sozialpolitik der zu Ende gehenden Legislaturperiode darf daher keine Fortsetzung erfahren; ebenso wenig wird es möglich sein, auf Dauer das Thema Renteneintrittsalter von sich zu weisen. Eine energische Wirtschaftspolitik und eine Finanzpolitik, die klare Prioritäten zugunsten nachhaltigen Wirtschaftswachstums setzt, sind das Gebot der Stunde.

Das Programm der Union will eigene Akzente setzen, ohne sie zu einem Lagerwahlkampf zu verpflichten. Nicht zuletzt angesichts der Schwächen der Konkurrenz könnten die Appelle an „Maß und Mitte“ Laschet ins Kanzleramt tragen. Danach brauchte es aber erheblich mehr als Appelle aus der Zeit Konrad Adenauers.

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