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#Warum Kinder eigene Medikamente brauchen

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Warum Kinder eigene Medikamente brauchen

Die Pandemie nervt, das darf man nach so vielen Monaten der Einschränkungen schon mal richtig laut sagen. Und Kinder haben nicht zu Unrecht das Gefühl, dass sie in diesen belastenden Zeiten immer die Verlierer sind. Am Anfang hieß es, sie könnten das Virus unbemerkt übertragen und könnten damit Eltern und Großeltern in Gefahr bringen. Deshalb durften sie Oma und Opa oft viele Wochen lang nicht besuchen. Kitas und Schulen waren geschlossen, während die Eltern – wenn auch viele von zuhause aus – immerhin weiter arbeiten konnten und vielleicht sogar mit Abstand Freunde trafen. Und jetzt, fast eineinhalb Jahre nachdem man zum ersten Mal auf dieses neuartige Coronavirus aufmerksam wurde, haben Erwachsene die Möglichkeit, sich durch eine Impfung vor dem Virus zu schützen, während Kinder unter zwölf Jahren noch immer auf eine Impfung warten.

Lucia Schmidt

Redakteurin im Ressort „Leben“ der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.

Warum eigentlich? Warum können Medikamente oder eben Impfungen, die bei Erwachsenen gut wirken und verträglich sind, nicht einfach auch Kindern gegeben werden? Zumindest ein Teil der Antwort auf diese Frage ist naheliegend: Der Organismus eines Kindes ist nicht nur kleiner und leichter, er tickt auch anders als der von großen Menschen. 

Gerade das junge Immunsystem, das bei einer Impfung eine entscheidende Rolle spielt, ist noch nicht so ausgereift wie bei Erwachsenen. Es hat schlichtweg noch nicht so viele Erfahrungen gemacht und reagiert damit auf Impfungen und Krankheitserreger mitunter anders. Aber nicht nur die Abwehrzellen müssen noch einiges lernen, auch die Leber und die Nieren von Kindern, beides Organe, die dafür verantwortlich sind, dass Medikamente im Körper richtig verwertet werden, arbeiten anders als jene von Erwachsenen. Überhaupt: Der ganze Stoffwechsel im Körper funktioniert bei den Jüngsten auf andere Weise. Ebenso sind Wasserhaushalt und Fettanteil im Körper bei Heranwachsenden anders verteilt.


Bild: F.A.Z.

Und was bei all diesen Unterschieden noch hinzukommt: Kinder sind nicht nur keine kleinen Erwachsenen, sondern Kind ist ebenso nicht gleich Kind. Der winzige Körper eines Säuglings bringt ganz andere Voraussetzungen mit als der eines Fünfjährigen. Ein wachsender Organismus entwickelt sich ständig weiter. 

Ein in der Medizin bekanntes Beispiel dafür, wie unterschiedlich Medikamente in verschiedenen Lebensabschnitten wirken können, ist die Acetylsalizylsäure. Erwachsene nehmen diese Substanz gerne, wenn sie Kopf- oder Gliederschmerzen haben. Sie könne sie frei in der Apotheke kaufen, denn meist vertragen sie diese ohne Probleme. Kinder aber können nach der Einnahme dieses Mittels schwere Nebenwirkungen entwickeln, sie können sogar dadurch sterben. Ein und dieselbe Substanz hat bei Erwachsenen und Kindern ganz unterschiedliche Auswirkungen.

Aber, wie schon angedeutet, dies alles ist nur der eine Teil der Antwort. Der andere lautet: Es fehlt schlichtweg an Medikamenten, die für Kinder zugelassen sind. Und das kommt so: Jedes Medikament, das Patienten bekommen sollen, muss vorher in unterschiedlichen Situationen getestet werden. Man will sicher wissen, dass es wirkt und keinen Schaden anrichtet. Zuerst entwickelt das Pharmaunternehmen ein Mittel im Labor. Danach wird es zumeist an Tieren getestet. Wenn alles bis dahin gut verlaufen ist, wird die Substanz einer kleinen Gruppe Menschen verabreicht. Dabei beobachten die Ärzte ganz genau, ob diese Patienten unerwünschte Nebenwirkungen zeigen und ob das Mittel im Organismus auch die Wirkung zeigt, die sie sich erhoffen. Erst wenn diese Studienergebnisse überzeugen, also das Mittel gute Wirkung und keinen Schaden zeigt, erlauben Behörden, dass das Medikament von Medizinern offiziell verschrieben werden darf. Man sagt, das Medikament ist dann zugelassen. 

Es gibt Hoffnung

Kinder stehen in unserer Gesellschaft unter einem ganz besonderen Schutz. Sie sollen frei und gesund aufwachsen können. Deshalb muss man mit solchen klinischen Studien bei Kindern sehr vorsichtig sein. Man will unbedingt verhindern, dass Kinder während einer Studie Schaden nehmen, den man nicht voraussehen konnte. Das ist absolut richtig, führt aber dazu, dass Pharmaunternehmen besonders vorsichtig und sorgfältig sein wollen und müssen, was sie wiederum viel Geld und Aufwand kostet.

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Die gute Nachricht dabei: Die Politik hat dieses Problem erkannt und verpflichtet Pharmafirmen mittlerweile dazu, für jedes Medikament zumindest auch ein sogenanntes pädiatrisches Prüfungskonzept bei der Zulassung mit vorzulegen. Sie müssen also einen Plan haben, wie sie herausfinden wollen, ob ihr Medikament auch Kindern verabreicht werden kann.

Die schlechte Nachricht: Trotzdem stehen Ärzte noch immer häufig mit leeren Händen da, wenn sie ihren kleinen Patienten helfen wollen. In ihrer Not verwenden sie bestimmte Medikamente als „Off-label-Anwendung“. Das bedeutet, die Arznei ist zwar offiziell für Kinder nicht zugelassen, aber die Erfahrung von Kinderärzten hat gezeigt: Sie wirken mit angepasster Dosierung auch bei Kindern gut. Optimal ist das natürlich nicht, aber immerhin eine Möglichkeit, den Kleinen auch ohne ein extra für sie entwickeltes Medikament zu helfen.

Was die Coronaimpfung angeht, dürfen Kinder aber hoffen, dass es bald auch für sie einen Schutz gibt, der offiziell zugelassen und getestet ist. Die Entwickler der Impfungen arbeiten mit Hochdruck daran – und erste Ergebnisse scheinen auch vielversprechend auszufallen. Schimpfen darf man trotzdem auf diese Pandemie, aber eben auch Hoffnung haben, dass bald auch für die Kleinen ein normaleres Leben wieder möglich ist.

Noch mehr Antworten auf neugierige Kinderfragen

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