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Warum Sánchez auf Scholz baut

Die Bilder aus dem sonnigen Park des Madrider Moncloa-Palasts, wo Olaf Scholz und Pedro Sánchez am Montagnachmittag ihre Pressekonferenz abhielten, sollten eine Botschaft sein. Das Ergebnis der Bundestagswahl und die neue Regierung in Berlin hatten die Sozialisten, die Partei des spanischen Ministerpräsidenten, als Zeichen für einen sozialdemokratischen Aufbruch gefeiert, als Signal, dass sich der politische Wind in Europa dreht.

Sánchez war es deshalb sehr wichtig, dass sein „amigo Olaf“, wie er ihn am Montag nannte, so bald wie möglich nach Madrid kam – es wurde die fünfte Auslandsreise des neuen Kanzlers. Und beide Politiker versicherten sich, wie nahe sich beide Staaten stehen: Spanien und Deutschland seien „sehr enge Freunde“, sagte Scholz, während Sánchez eine „neue Etappe unserer europäischer Zusammenarbeit“ ankündigte: In diesem Jahr sollen endlich wieder die deutsch-spanischen Regierungskonsultationen stattfinden, die wegen der Pandemie und dem deutschen Wahljahr ausgefallen waren.

Scholz und Sánchez verbindet eine langjährige politische Freundschaft. Schon als Sánchez nur Parteivorsitzender, nicht aber Ministerpräsident war, hatte Scholz ihn in Berlin empfangen und einen Abend lang mit ihm geredet. Sánchez hatte im deutschen Wahljahr die Hauptrede auf einer Konferenz internationaler Sozialdemokraten gehalten und damit dem Kanzlerkandidaten Scholz einen Gefallen getan.

Neue sozialdemokratische Stärke

Sánchez sieht den Regierungswechsel in Berlin mit Hoffnung. Denn seit seinem Amtsantritt vor knapp vier Jahren war es einsam um ihn geworden. Der Sozialist war der einzige Regierungschef an der Spitze eines der vier großen EU-Staaten. Nur im Nachbarland Portugal und in Skandinavien gibt es Linksregierungen. Doch mit dem Amtsantritt von Scholz sieht man in Madrid sozialdemokratische Zeiten anbrechen – auch wenn das für Sánchez bedeutet, dass er jetzt den Staffelstab an Berlin weiterreicht.

Bei der Bildung der neuen EU-Kommission und bei der Schaffung des Covid-Wiederaufbaufonds hatte Sánchez eine wichtige Rolle gespielt – Spanien, das von der Pandemie hart getroffen war, ist stolz darauf, als erstes Land dem Fonds zugestimmt zu haben. In Madrid wird mit dem Amtsantritt von Scholz allerdings auch die Erwartung verbunden, dass der europäische Stabilitätspakt geändert und großzügiger gestaltet werden könnte – eine Hoffnung, die in Paris und Rom geteilt wird. Doch Berlin zeigt sich bisher kaum bereit, diese Sehnsüchte zu stillen. An eine substanzielle Änderung sei nicht gedacht, heißt es aus der Bundesregierung, man könne die Flexibilität des Pakts nutzen.

Auch das russische Bedrohungsszenario gegenüber der Ukraine war Gegenstand des Gesprächs der beiden Regierungschefs. Die Lage an der russisch-ukrainischen Grenze sei „sehr, sehr ernst“, sagte Scholz in Madrid. Ein Angriff Russlands auf die Ukraine werde einen hohen Preis haben, hat er mehrfach versichert. Zugleich unterstützt Berlin alle Dialogformate, um eine Eskalation zu verhindern, und kümmert sich auf diplomatischem Wege um eine Wiederbelebung des Normandie-Quartettes. Scholz will nicht zuletzt verhindern, dass Putin die EU in der Konfrontation spaltet. Das dürfte auch in dem Gespräch mit Sánchez zur Sprache gekommen sein, in dessen Land das aggressive Gebaren Moskaus weniger Emotionen auslöst als in Deutschland.

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Auch über ein konkretes Rüstungsprojekt sprach Scholz mit seinem spanischen Kollegen. Berlin und Paris wollen gemeinsam ein neues europäisches Kampfflugzeug bauen, Madrid will daran industriell beteiligt werden. Welche Anteile in welcher Größenordnung Deutschland und Frankreich dabei an Spanien abgeben, ist noch umstritten. Angeblich gibt es besonders aus Paris Vorbehalte.

In Madrid hofft man darauf, dass Deutschland und Spanien ihre Kräfte künftig noch stärker bündeln. „Jetzt wird Scholz für die europäische Linke in Europa der wichtigste Bezugspunkt sein. Aber Sánchez kann mit einem guten Verbündeten in Berlin sein internationales Profil schärfen“, erwartet der Europafachmann Ignacio Molina vom Madrider Thinktank Real Instituto Elcano. Zwischen beiden Ländern dominierten traditionell die Gemeinsamkeiten, denn es gebe weder politische noch historische Altlasten. So sei Deutschland für den spanischen Atomausstieg ein Vorbild gewesen – die letzten spanischen Atomkraftwerke sollen 2030 abgeschaltet werden. Spanien gehört zu den wenigen EU-Mitgliedsstaaten, die dagegen sind, Atomkraft (und sogar Erdgas) in der sogenannten Taxonomie der EU als „nachhaltig“ einzustufen. Sie müsse wirklich den Namen verdienen und „grün“ sein, forderte Sánchez am Montag.

Trotz aller Freude über den Sozialdemokraten an der Spitze der Bundesregierung – die Parteizugehörigkeit der Regierungschefs stand in den Beziehungen zwischen beiden Staaten nie im Mittelpunkt. Sánchez verstand sich gut mit Scholz’ Vorgängerin Angela Merkel. In der gemeinsamen Migrationspolitik und bei der Bewältigung der Folgen der Pandemie arbeiteten sie eng zusammen. Merkels Ansehen in Spanien ist so groß, dass König Felipe VI. sie im vergangenen Oktober bei ihrem Abschiedsbesuch mit dem Europapreis „Karl V.“ im Kloster von Yuste auszeichnete. Als erster Deutscher hatte ihn zuvor der CDU-Kanzler Helmut Kohl erhalten, der mit dem ersten sozialistischen Ministerpräsidenten Felipe González befreundet war.

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