Nachrichten

#Warum Wikipedia seine Kontrollinstrumente schärfen muss

Inhaltsverzeichnis

Warum Wikipedia seine Kontrollinstrumente schärfen muss

Man sollte die Welt nicht in Unkenntnis lassen, wenn ein schlechter Musiker auch noch Verschwörungstheorien verbreitet. Die Fakten müssen auf den Tisch oder jedenfalls dorthin, wo man als Erstes nach Fakten sucht: ins Internet-Lexikon Wikipedia. Jeder, der den Komponisten engagieren will, googelt den Namen, liest den Wikipedia-Artikel und weiß: Obacht.

Es ist nur bitter, wenn nichts, was im Wikipedia-Artikel über das musikalische und politische Werk des Komponisten geschrieben steht, stimmt. Dann ist sein Ruf ruiniert, ohne dass er etwas dafür kann. So ging es einem Mann aus Nordrhein-Westfalen. Er klagte und gewann. Der Wikipedia-Autor muss 8000 Euro Strafe zahlen, wie ein Gericht in Koblenz kürzlich entschied.

Das wäre nicht der Rede wert, wenn der Missetäter einsam und unerkannt zwischen durchweg tapferen Wahrheitsfreunden gewaltet hätte. Doch in den Weiten der Wikipedia toben Heerscharen von käuflichen Schleichwerbern, dressierten Desinformationskriegern und eitlen Hochstaplern. Jeder kann mitmachen, erstellen, bearbeiten, redigieren, optimieren, manipulieren, löschen. Die Wikipedianer nennen das Schwarmintelligenz. Oft ist es aber nichts anderes als Mob-Anarchie.

So wollte Wikipedia nie sein

Die Liste von Missständen ist lang. Mal wird im Artikel über den Energiekonzern RWE aus einem „Störfall“ ein „meldepflichtiges Ereignis“, und die IP-Adresse führt in die Unternehmenszentrale. Mal klassifiziert ein Autor den Journalistenbetrüger Claas Relotius als den „Karl May unserer Tage“ und sitzt dabei in dessen Heimatort. Gerade kam raus, dass der Deutsche Fußball-Bund den Artikel über seinen Generalsekretär bis zur Unkenntlichkeit beschönigen ließ und dafür 15.000 Euro auf den Tisch legte.

Wikipedia kennt das Problem. Erfahrene Autoren sollen deshalb unbekannte Neulinge kontrollieren, im Notfall können Administratoren eingreifen. Doch das nützt wenig, wenn Überzeugungstäter alles rückgängig machen, halbseidene Autoren Quellen selbst schaffen oder Kartelle aus geneigten Helfern regieren. Weil es immer mehr Artikel gibt, aber immer weniger Ehrenamtliche, die das Geschaffene pflegen, können missionarische Vielschreiber ihr Unwesen treiben.

F+ Newsletter

Erhalten Sie jeden Freitag um 12 Uhr eine Empfehlung unserer Redaktion mit den besten Artikeln, die Sie exklusiv mit Ihrem Zugang zu F+ FAZ.NET komplett lesen können.

So wollte Wikipedia nie sein. Sie war als Versprechen gedacht: gleich, fair, basisdemokratisch, von allen für alle. Stattdessen pflegen dort vor allem männliche Computer-Geeks ihre Interessen und Vorurteile, wie Mitbegründer Jimmy Wales kürzlich selbst kritisierte. Sie schlagen etwa eine Liste weiblicher Science-Fiction-Autorinnen wegen „Redundanz“ zur Löschung vor, halten aber die Aufzählung von Todesfällen durch Kokosnüsse für unverzichtbar.

Wenn die Wikipedia ein ernstzunehmendes Nachschlagewerk sein will, darf sie die Qualität nicht anonymen Nerds überlassen. Vor allem aber muss sie Missbrauch konsequenter bekämpfen und zweifelhafte Autoren schneller aufspüren. Auch die Erfinder von Twitter, Facebook und Co hielten ihre Plattformen einst für unschuldig, Regeln für unnötig und sich selbst für nicht verantwortlich. Sie wurden eines Besseren belehrt. Soziale Medien können, das zeigt die Erfahrung, ganz schnell unsozial werden. Und freie Wissensprojekte unfrei. Zeit, dass Wikipedia die Kontrollinstrumente schärft.

Livia Gerster

Wenn Ihnen der Artikel gefallen hat, vergessen Sie nicht, ihn mit Ihren Freunden zu teilen. Folgen Sie uns auch in Google News, klicken Sie auf den Stern und wählen Sie uns aus Ihren Favoriten aus.

Wenn Sie an Foren interessiert sind, können Sie Forum.BuradaBiliyorum.Com besuchen.

Wenn Sie weitere Nachrichten lesen möchten, können Sie unsere Nachrichten kategorie besuchen.

Quelle

Ähnliche Artikel

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"
Schließen

Please allow ads on our site

Please consider supporting us by disabling your ad blocker!