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#Was die Bürokratie so liebenswert macht

Was die Bürokratie so liebenswert macht

Alle Parteien sind sich einig. Sie wollen weniger Bürokratie. So steht es in ihren Wahlprogrammen, bloß leider in einer Sprache, die viele Bürger selbst schon wieder bürokratisch finden. Die SPD zum Beispiel will „bürokratische Hemmnisse abbauen“ bei der Altersvorsorge, die FDP „Maßnahmen zur Bürokratieentlastung“ bündeln, die Linke die „bestehenden bürokratischen, restriktiven und intransparenten sozialen Sicherungssysteme für Kinder einkommensarmer Familien“ ersetzen. Der Leser solcher Sätze fühlt sich wie eine Seite in einem Aktenordner auf einem riesigen, staubigen Tisch: Hier kommt er nie wieder weg. Deswegen liest auch kaum jemand Wahlprogramme.

Aber die Forderung nach weniger ­Bürokratie hat es trotzdem in die Reihe der Menschheitsziele der Deutschen geschafft, zumindest wenn es danach geht, was Parteien immer versprechen: Frieden, Freiheit, Wohlstand, Gesundheit, weniger Formulare. Diese Ziele haben gemeinsam, dass sie leichter zu wünschen als zu haben sind.

Die Bürokratie ist dabei ein Sonderfall. Sie wird üblicherweise als etwas beschrieben, das dem demokratischen Rechtsstaat schadet. Dabei ist sie sein Preis; ohne das eine ist das andere nicht zu haben. Hinzu kommen spezifisch deutsche Vorlieben, zum Beispiel die nach besonderer Sicherheit, die besondere Planung voraussetzt.

Bürokratie schützt vor ungerechter Behandlung

Mal ein ganz einfaches Beispiel, vorgetragen von Werner Jann, einem der bekanntesten Verwaltungswissenschaftler Deutschlands. Jann ist es ernst mit der Bürokratie, sogar so ernst, dass er sich einen Google-Alert „Bürokratie“ eingerichtet hat, der ihm täglich neue Hinweise darauf schickt, wo die Bürokratie nun schon wieder beschimpft wurde. „Ist halt mein Hobby“, sagt er melancholisch. Also, Jann gibt ein Beispiel: „Stellen Sie sich vor, Sie kommen aufs Amt, und der Sachbearbeiter sagt zu Ihnen: So, wie Sie aussehen, kriegen Sie hier heute gar nix. – Das ist dann eine persönliche, schnelle, klare, kurz gesagt: unbürokratische Entscheidung.“

Bürokratie schützt Menschen davor, ungerecht behandelt zu werden. Das hat den Vorteil, dass es einem selbst nützt, und den Nachteil, dass es auch für andere gilt. Ein weiteres Beispiel von Werner Jann: „Wenn Ihr Nachbar einen Anbau an sein Haus plant, ist es Ihnen sehr recht, dass da alles seine Richtigkeit hat und im Zweifelsfalle lieber einmal mehr geprüft wird, ob das, was er sich vorstellt, zulässig ist. Wenn Sie selbst bauen, soll es bloß schnell gehen.“

Es ist dasselbe wie immer und überall: Großstädter wollen, dass die Mieten sinken, und sie fordern, dass mehr Wohnungen gebaut werden, aber bitte nicht auf der wild-romantischen Brache neben ihrem Haus. Atomkraftfreunde wollen Endlager, aber keinesfalls in ihrem Dorf. Familien möchten mit dem Auto in die Ferien, aber nicht im Stau stehen mit anderen Familien. Und Politiker schimpfen auf die Bürokratie, als hätte die sich selbst erschaffen.

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