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#Was die Trickser aus London nicht können

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Was die Trickser aus London nicht können

Ein schöner Maitag in London. Der Wahlkampfmanager Hans-Peter Schwarz ist im feinen Westminster-Bezirk unterwegs, um sich mit PR-Agenten zu treffen. Sie sollen verraten, wie sie die Chancen der Satirepartei „Die PARTEI“ bei der Bundestagswahl verbessern könnten. Das erste Treffen findet in einem Luxus-Restaurant statt: Das Ambiente ist angemessen, schließlich geht es um professionelle Unterstützung im bevorstehenden Bundestagswahlkampf. Gereicht wird Sushi, verwertbare Informationen gibt es ohne Vertragsunterzeichnung nicht. Wenigstens muss Schwarz nicht die Rechnung bezahlen. Weiter zum nächsten Termin, jetzt muss es klappen.

Unser Protagonist trifft sich mit Thomas Borwick von der Agentur Kanto Systems. Nach obligatorischem Smalltalk zur Begrüßung wird er in einen Konferenzraum geführt. Der Stratege aus Westminster preist in höchsten Tönen die Fähigkeiten seiner Firma. Es gehe etwa darum, mit „einfachen Botschaften die Gefühle und Gedanken des Publikums zu verändern“. Man könnte zum Beispiel behaupten, dass in deutschen Gefängnissen dreißigtausend Verurteilte einsitzen, die eigentlich abgeschoben werden müssten.

Mit versteckter Kamera zum Lunch

Solche Szenen sehen wir in dem Film „Wahlkampf undercover – Wie PR-Profis uns manipulieren“ von Peter Kreysler und Gesine Enwaldt. Selbstverständlich gibt es keinen Wahlkampfmanager Hans-Peter Schwarz. Es ist Kreyslers Legende, um mit versteckter Kamera die Abgründe digitaler Manipulation aufzudecken. PR-Agenturen wie die hier vorgestellten gelten manchen als digitale Hexenmeister, die die öffentliche Meinung im Handumdrehen zugunsten ihrer Auftraggeber drehen können. Als Referenz gelten der Wahlsieg von Donald Trump bei der Präsidentenwahl 2016 in den Vereinigten Staaten und der Brexit. Dass Menschen Trump auch ohne „Manipulation“ gewählt haben könnten oder die Brexit-Befürworter an eine in Großbritannien weit verbreitete Stimmung anknüpfen konnten, kommt im Denken derjenigen, die beides allein auf Meinungsmanipulation im Netz zurückführen, nicht vor.

Dass alles möglich ist, wenn man nur über die richtigen Daten verfügt, ist das Geschäftsmodell von in London ansässigen Agenturen wie Kanto Systems oder New Century Media. Auf journalistische Anfragen Kreyslers haben sie nach dessen Bekunden nicht reagiert. Auf den von ihm gespielten Wahlkampfmanager Hans-Peter Schwarz und dessen digitale Legende (die Kreysler mit Hilfe der „PARTEI“ frisiert hat) aber lassen sie sich gerne ein. Auf die gefälschte Online-Identität des vermeintlichen Wahlkampfmanagers reagieren die Londoner PR-Hechte wie der Fisch auf den Köder des Anglers. Sie wittern ein Geschäft. Ob sich „PR-Profis so leicht täuschen lassen“, fragt sich der verkabelte Kreysler auf der Fahrt zu einem Termin. Sie lassen, was der Investigativjournalist aber leider nicht weiter thematisiert.

Peter Kreysler im Gespräch mit Martin Sonneborn (links).


Peter Kreysler im Gespräch mit Martin Sonneborn (links).
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Bild: NDR/Filme und Konsorten

Offenbar sind PR-Agenturen, die angeblich in unsere Gehirne eindringen können, noch nicht einmal in der Lage, den politischen Hintergrund einer Satirepartei zu recherchieren. Sie sehen in Herrn Schwarz lediglich einen Kunden, dem sie in Verkaufsgesprächen statt Heizdecken eine Wahlkampagne andrehen wollen. Für ­­­­­­­850 000 Euro sei der „PARTEI“ der große Erfolg bei der Bundestagswahl versprochen worden, sagte Martin Sonneborn im Interview mit dieser Zeitung (F.A.Z. vom 28. August). Einen Stimmenanteil von bis zu neun Prozent stellte man den Satirikern in Aussicht. Der Experte Ben Scott, Leiter von Reset, einer Initiative, die sich für digitale Demokratie einsetzt (F.A.Z. vom 21. Februar), meint, dass solche Agenturen schon längst Einfluss auf den Bundestagswahlkampf nähmen.

Doch das ist, so interessant der Einblick in die Praktiken der Agenturen ausfallen mag und so berechtigt die Forderung des Chefs der Landesmedienanstalt von Nordrhein-Westfalen, Tobias Schmid, nach Transparenz im Netz erscheint – Geraune. Hat Olaf Scholz den Londoner Tricksern seine guten Umfragewerte zu verdanken? Sind diese „PR-Profis“, die sich leicht täuschen lassen und nicht vorbereitet haben, in die Gefühlswelt des sozialdemokratischen Wählerpotentials eingedrungen? Sorgt dafür nicht eine ganz transparente, offensichtlich erfolgreiche PR-Kampagne? Könnten Kanto Systems und New Century Media Armin Laschet noch aus dem Tief helfen und wenigstens Markus Söder von ihm überzeugen? Haben die Londoner es versäumt, Annalena Baerbock bei ihrem Lebenslauf und ihrem Wahlkampf-Buch zu helfen? Der Film vermittelt durchaus Erkenntnisse. Er zeigt, wie Journalisten ihren Annahmen zum Opfer fallen können. Und er entlarvt vermeintliche PR-Profis als leicht zu beeindruckende Scharlatane. Wie sagte Martin Sonneborn über New Century Media? „Die Agentur ist noch unseriöser als wir.“

Wahlkampf undercover – Wie PR-Profis uns manipulieren, um 23.05 Uhr im Ersten

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