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#Was ein Notar gegen die Altersgrenze von 70 Jahren hat

Wohnungskauf, Erbvertrag oder Beurkundung – für viele Rechtsgeschäfte ist in Deutschland ein Notar notwendig. Der Beruf, für den sich nur Volljuristen nach einem Vorbereitungsdienst oder Rechtsanwälte mit mindestens fünfjähriger Berufserfahrung (Anwaltsnotare) qualifizieren können, ist für Unternehmen und Privatpersonen gleichermaßen von großer Bedeutung. Daher zählt der Notar im Vergleich aller freien Berufe traditionell zu den Spitzenverdienern.

Wie viele andere Berufsgruppen sind die Notare mit dem demographischen Wandel konfrontiert. Längst nicht jedes Notariat kann mit dem altersbedingten Ausscheiden eines Notars weitergeführt werden. Nach den jüngsten Angaben des Statistischen Bundesamtes ist die Zahl der Notare in Deutschland innerhalb von 17 Jahren um rund ein Viertel zurückgegangen. Das bestärkt die Befürworter einer Ausweitung der Zuständigkeit von Notaren, um den Beruf attraktiver zu machen.

Ein Blick auf die einzelnen Notarkammern zeigt ein Stadt-Land-Gefälle und eine Verdichtung der Berufsträger in einem Streifen von Schleswig-Holstein bis nach Südhessen. Dabei handelt es sich um die regionalen Notarkammern, in denen eine Bestellung zum Notar neben der Berufstätigkeit als Rechtsanwalt möglich ist. Es gibt also Landstriche, wo viele Notare untereinander konkurrieren, während man andernorts für ihre Dienste längere Wege auf sich nehmen muss.


Ein weiteres wirksames Mittel gegen den Nachwuchsmangel wäre es, weiterhin auf die Dienste erfahrener Notare zu setzen. Doch wer jenseits der 70 Jahre noch körperlich fit und arbeitswillig ist, dem steht bislang die gesetzliche Altershöchstgrenze in der Bundesnotarordnung im Weg. Mit Ende des Monats, in den der Geburtstag fällt, erlischt die Bestellung zum Notar. Das Bundesverfassungsgericht hat diese Altershöchstgrenze von 70 Jahren zuletzt 2014 bestätigt und einen möglichen Verstoß gegen die Berufsfreiheit verneint.

An diesem Montag muss sich nun der in Notarsachen zuständige Senat am Bundesgerichtshof (BGH) abermals mit der Altershöchstgrenze für Notare und den Folgen einer möglichen Altersdiskriminierung beschäftigen. Ein ehemaliger Anwaltsnotar aus Nordrhein-Westfalen wendet sich in letzter Instanz an das höchste deutsche Zivilgericht (Az. NotZ (Brfg) 4/22). Der heute 70 Jahre alte Kläger hatte schon vor dem Erreichen der Altershöchstgrenze vergeblich versucht, eine Diskriminierung wegen seines Alters gerichtlich feststellen zu lassen. Im Gegensatz zu früheren erfolglosen Klagen gegen die Altershöchstgrenze beruft sich der jetzige Kläger auf einen Verstoß gegen die Charta der Grundrechte der Europäischen Union – und sieht sich durch eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom Juni 2021 in seinem Vorhaben bestätigt.

Der Gerichtshof hatte im konkreten Fall den eingeschränkten Zugang zum Notarberuf in Italien gerügt. Die Grenze von 50 Jahren, aber der keine neuen Bewerber mehr zugelassen werden, verstoße gegen Unionsrecht, da sie kein zulässiges Ziel verfolge (Rechtssache C-914/19). Aus dieser Entscheidung leitet der Kläger für seinen Fall eine Altersdiskriminierung ab. Wie schon in der Vorinstanz vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf verweist der ehemalige Anwaltsnotar zudem auf den eklatanten Nachwuchsmangel in Deutschland. Nicht einmal die Hälfte aller für das Jahr 2020 ausgeschriebenen Notarstellen seien tatsächlich besetzt worden. Eine Altershöchstgrenze sei daher im Lichte der EU-Richtlinie weder objektiv noch angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt.

Die deutschen Richter sind bislang der Auffassung, dass das EuGH-Urteil gerade keine Vorgaben für die umstrittene Altershöchstgrenze für Notare hierzulande macht. Es sei lediglich um die Zulassung zu einem Auswahlverfahren gegangen, betonte das Oberlandesgericht Düsseldorf. Im Übrigen sei es Sache des Gesetzgebers, wie er im Rahmen seiner Arbeits- und Sozialpolitik einem Nachwuchsmangel in bestimmten Berufen begegnen wolle. Selbst wenn ein tatsächlicher Nachwuchsmangel bestehen sollte, bedeute dies nicht, dass der Gesetzgeber diesem „nur durch eine Anhebung der ohnehin großzügig bemessenen Altershöchstgrenze“ beheben kann, heißt es in der Klageabweisung vom Februar 2022.

Der Notarsenat des BGH hatte sich in der Vergangenheit mehrfach mit der Altershöchstgrenze zu befassen. Von einer Vorlage an den EuGH wurde bislang abgesehen, allerdings betraf dies Entscheidungen vor 2021 und der Italien-Entscheidung des EuGH. Sollten die Karlsruher Richter am Montag keine eigene Entscheidung verkünden, könnte sich der Streit weiter hinziehen. Mit einer Vorlage an den EuGH wäre nicht vor Herbst 2024 zu rechnen.

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