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#Was für einen Tönnies-Verkauf spricht

Was für einen Tönnies-Verkauf spricht

Das Unternehmen ist für Clemens Tönnies sein „Lebenswerk“ und so etwas gibt man nicht einfach auf. In einem Brief an die Mitarbeiter haben der geschäftsführende Gesellschafter des größten deutschen Schlachtbetriebs und sein Sohn Maximilian den Führungsanspruch der Familie betont. Damit reagieren sie auf einen Bericht der amerikanischen Nachrichtenagentur Bloomberg, wonach ein Verkauf des Unternehmens vorbereitet werde. „Wir lassen uns von Gerüchten nicht beeinflussen, sondern beweisen mit unserer täglichen Arbeit, dass wir bereit sind für die Zukunft im Unternehmen“, heißt es in dem internen Schreiben, das der F.A.Z. vorliegt. Tönnies feiere in diesen Tagen sein 50-jähriges Jubiläum. „Der Erfolg der vergangenen Jahrzehnte lässt uns nicht müde werden, weiterzumachen und in die nächste Generation zu starten“, schreibt Tönnies darin. Auf Anfrage gibt das Unternehmen keinen Kommentar ab.

Jonas Jansen

Den Mitarbeiter versichern die Unternehmenschefs aber, dass mit Maximilian die nächste Generation aktiv im Management sei. Maximilian Tönnies hält 5 Prozent der Anteile, sein Vater Clemens 45 Prozent. Die restlichen 50 Prozent hält Robert Tönnies, der Sohn des verstorbenen Unternehmensgründers Bernd Tönnies und Neffe des streitbaren Unternehmenslenkers. Die Beschwichtigung an die Mitarbeiter bedeutet gleichwohl nicht, dass die Verkaufsgerüchte reine Spekulation sind. Unter Berufung auf mit der Angelegenheit vertraute Personen berichtete Bloomberg davon, dass intern ein Verkauf geprüft werde.

Das Unternehmen werde dabei mit rund 4 Milliarden Euro bewertet. Marktbeobachter halten diese Zahl für durchaus realistisch. Mit einem Umsatz von zuletzt mehr als 7,3 Milliarden Euro ist Tönnies der mit Abstand größte Fleischkonzern hierzulande und gehört zu den größten Schlachtern Europas. International gibt es aber auch starke Konkurrenz, so wurden der amerikanische Konzern Tyson Foods, JBS SA aus Brasilien und die chinesische WH Group als Interessenten angesehen. Tyson hatte im letzten Jahr angegeben, sich in Europa verstärken zu wollen, das Unternehmen schielt dabei vor allem auf klassische Supermarktprodukte wie Wurstwaren, wo Tönnies mit Marken wie Böklunder oder Gutfried stark vertreten ist. Konsolidierungsbewegungen sind im Markt durchaus erkennbar, das bestätigen auch Beobachter. Keiner der Fleischkonzerne äußert sich offiziell dazu.

Corona-Krise ließ Familienmitglieder wieder aneinandergeraten

Die Gerüchte könnten auch deshalb gestreut werden, weil Investmentbanken erste Preise am Markt testen wollen. Unter Umständen kommen Nachfrage und Angebot im Fall von Tönnies zusammen: Schließlich sind Robert und Clemens Tönnies über die tausendfachen Coronafälle im Unternehmen und den Umgang damit wieder stärker aneinandergeraten. Robert forderte seinen Onkel mehrfach zum Rücktritt auf, nachdem sich im Sommer mehr als 1500 Mitarbeiter mit dem Coronavirus infiziert hatten. Auch die auf politischen Druck folgende Abschaffung der Werkverträge ging dem Miteigentümer nicht weit genug. Robert Tönnies äußert sich auf Anfrage nicht zu den Verkaufsspekulationen.

Nicht grün sind sich die Familienmitglieder jedoch schon länger: Alles hat damit angefangen, dass Robert und sein Bruder ihrem Onkel Clemens Tönnies einst jeweils 5 Prozent der Anteile überlassen haben, die sie nach dem Tod ihres Vaters Bernd erhalten hatten. Robert bekam später die Anteile seines Bruders, was zum Patt im Unternehmensbesitz führte: Wo zwei Streithähne jeweils die Hälfte haben, bewegt sich wenig.

In unzähligen Prozessen vor vielen Gerichten sind sich die Familienmitglieder begegnet, sie haben sich nicht nur über Anwälte mitunter übel beschimpft. Robert Tönnies’ Zugangs-Chipkarte wurde deaktiviert, selbst seine E-Mails gelangten nicht mehr ins Unternehmen. Der mit einer Pressekonferenz groß angekündigte Fleischer-Frieden aus dem Jahr 2017, bei dem Robert sogar einen Schlachter-Kittel wieder zurückbekam, sollte nicht lange halten. 2019 reichte Robert eine Schiedsklage mit einem Streitwert von 600 Millionen Euro ein. Schon darin ging es um einen möglichen Verkauf des Unternehmens.

Wenn es Streit gibt, wird der Konzern zerteilt – das stehe so in einer Klausel im Einigungsvertrag von 2017. In der Schiedsklage hat sich zuletzt wenig bewegt, möglich wäre es freilich auch, dass das eine Familienmitglied dem anderen seine Anteile abtritt – doch auch für solche Pläne sind bestimmte Preise, die Konkurrenten am Markt für das Unternehmen zahlen würden, für die Anteilseigner nicht uninteressant.

Dass die Corona-Krise und ihre Belastungen als Verkaufsbeschleuniger herhalten müssen, ist hingegen unwahrscheinlich. Die Schließung des Tönnies-Werks in Ostwestfalen hat das Unternehmen an jedem Tag 2,5 Millionen Euro gekostet, was sich bei 30 Tagen Stillstand auf 75 Millionen Euro summiert. Um sein Werk wieder öffnen zu dürfen, musste Tönnies zudem ein Hygienekonzept erarbeiten und Filtertechnik und Plexiglasscheiben installieren. Für die technische Ausstattung hat das Unternehmen nach Angaben seines Chefs gut 7 Millionen Euro ausgegeben.

Generationenwechsel?

Zwar legte Tönnies nach Kritik an seiner Person den Posten als Aufsichtsratschef beim Fußballverein Schalke 04 nieder, in einem Brief an den Club begründete er das mit der „schwersten Krise in der Unternehmensgeschichte“, die seine Aufmerksamkeit benötige. Doch hat sich das Geschäft seitdem wieder erholt. Clemens Tönnies, der im Mai 65 Jahre alt wird, steht seit mehr als 26 Jahren an der Spitze des Unternehmens.

Die Betonung auf die steigende Bedeutung Maximilians in dem internen Schreiben könnte auch als Hinweis an den Neffen gelesen werden. Der hatte schon einmal gefordert, dass sein Onkel die Macht an den Sohn abgeben solle. Ein richtiger Generationswechsel in dem Familienunternehmen, der die Lage befriedet, könnte einem Verkauf entgegenstehen.

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