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#Was haben wir geschafft, Frau Merkel?

Was haben wir geschafft, Frau Merkel?

„Ja, wir haben das geschafft.“ Auch diesen Satz kann man als Vermächtnis von Bundeskanzlerin Angela Merkel sehen. Er ist die Antwort auf ihre berühmte Ermunterung in der Flüchtlingskrise „Wir schaffen das“.

Doch was haben wir geschafft? Zweifellos: Mit einer großen Kraftanstrengung sind seit 2015 insgesamt mehr als eine Million Flüchtlinge aufgenommen und versorgt worden. Ungeachtet eines zeitweisen Kontrollverlusts haben der soziale Rechtsstaat und die Gesellschaft ihre Aufgaben in der Krise mehr als erfüllt. Die demokratischen Institutionen hielten stand, Unruhen brachen nicht aus. Merkel hat recht, wenn sie auf „wunderbare Beispiele“ gelungener Integration von Migranten hinweist. Aber Gewinner der Krise war die AfD.

Die Folgen sind nicht absehbar

Der Strom von Flüchtlingen wurde letztlich durch einen Deal mit dem türkischen Autokraten Erdogan aufgehalten. Und die langfristigen Folgen sind noch nicht absehbar. Mörderische Anschläge von Asylbewerbern riefen Schrecken hervor. Sie waren nicht alle im juristischen Sinn terroristischer Natur. Doch auch die Gewalttaten von psychisch kranken Migranten sind Folge einer Einwanderung von Menschen, die sich hier in teils traumatisiertem Zustand und unter nicht einfachen Auflagen zurechtfinden müssen.

Die Aufnahme ist eben nur das eine, die langfristige Integration das andere. Schon deshalb verbietet sich heute eine abschließende Antwort. Sicher ist nur, dass das Asylrecht nicht als Einwanderungsrecht gemeint ist, nirgends.

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Das schließt natürlich nicht aus, dass Flüchtlinge ein Bleiberecht, letztlich auch das Staatsangehörigkeitsrecht erwerben können. Aber die Vorstellung, die in Deutschland Wirklichkeit wurde, dass Zehntausende jeden Tag die Grenze überschreiten und dann schon wegen des Jahre dauernden Verfahrens hier bleiben und auch dann nicht abgeschoben werden, wenn sie kein Recht mehr haben, hier zu sein, führt das Asyl- und Flüchtlingsrecht ad absurdum. Das geht an die Grundlagen des Staates.

Auch wenn man das europäische Asylrecht für Schönwetterrecht hält: Auf das Recht konnte sich die Bundeskanzlerin (und nicht nur sie) 2015 jedenfalls nicht in dem Sinn berufen, dass ihr keine andere Möglichkeit blieb. Natürlich war überhaupt nichts gegen die humanitäre Geste zu sagen, die gleichsam in Ungarn gestrandeten Flüchtlinge aufzunehmen. Aber die Signale danach, inklusive des Satzes „Es gibt keine Obergrenze“, schufen eine eigenständige Politik, für die Angela Merkel in einer Welt berühmt wurde, die das nicht ausbaden musste.

Für diese Einladungspolitik gab es keinen Grund. Flüchtlinge, die über den EU-Nachbarn Österreich kommen, konnten und können direkt an der Grenze abgewiesen werden. Dagegen sprechen auch keine humanitären Gründe.

Hybride Kriegführung

Anders ist das im Fall der Krise in Belarus. Hier handelt es sich um eine Art hybrider Kriegführung durch den Gewaltherrscher Lukaschenko, der von Putin gestützt wird. Er missbraucht herangekarrte Menschen in Not wie Schilde und Speere. Diesen Menschen muss geholfen werden. Man kann sie weder im Niemandsland erfrieren lassen noch in die Arme eines vor nichts zurückschreckenden Diktators zurücktreiben. Der Mensch darf nicht zum Objekt gemacht werden, das sollte europäischer Konsens sein.

Aber auch von diesem Fall darf nicht wieder das Signal ausgehen: Jeder, der es nach Europa schafft, darf bleiben (im Zweifel in Deutschland). Die Freizügigkeit im Innern des Kontinents für Personen, Waren, Dienstleistungen und Kapital, eine immense Errungenschaft auf diesem von Kriegsgräbern übersäten Kontinent, ist überhaupt nur möglich, wenn an den Außengrenzen der EU wirklich kontrolliert wird.

Dass zudem die Staaten und nicht Brüssel Europas Herren sind und – bei prinzipieller Achtung des Vorrangs des Europarechts – das allerletzte Wort und auch Grenzen haben, das ist in Merkels Amtszeit untergegangen. Das gewisse Gespür für Staatlichkeit wird so schnell nicht wiederkommen. Die künftige Ampel-Koalition will von Resilienz nichts wissen. Sie singt das Hohelied der Offenheit für alle potenziellen Einwanderer, wird aber noch die Mühen der Ebene kennenlernen.

Was für den Klimaschutz und für die Pandemiepolitik gilt, ist auch für die Migrationspolitik richtig: Wer sich vor notwendigen, wenn auch harten Maßnahmen scheut, der wird die Kontrolle über die Lage verlieren und letztlich in einem Demokratie-Dilemma stecken. Denn die Mittel, die er dann später anwenden muss, werden von den Menschen erst recht nicht akzeptiert werden. Und dann ist es zu spät. Es ist aber nie zu spät, den demokratischen Rechtsstaat als eine Hülle zu begreifen. Die ist sehr wertvoll, aber auch dünn.

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