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#Was tun mit dem Balkan?

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Was tun mit dem Balkan?

Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs machte die Europäische Union ihren Nachbarn im Osten ein Versprechen, das ebenso einfach wie erfolgreich war: Werdet wie wir, dann gehört ihr zu uns. Nach 1989 sei Europa nicht mehr in Kommunisten und Demokraten, sondern in Imitatoren und Imitierte aufgeteilt gewesen, schreibt der bulgarische Politologe Iwan Krastew über dieses Versprechen, das sich „EU-Ost-Erweiterung“ nannte. Im Mai 2004 führte es zum Beitritt von acht einst kommunistischen Staaten sowie Zyperns und Maltas. Drei Jahre später folgten, obschon sie das zentrale Kriterium einer funktionierenden Rechtsstaatlichkeit nicht erfüllten, Rumänien und Bulgarien. Im Sommer 2013 schaffte es Kroatien als bisher letzter Neuzugang gerade noch durch die Brüsseler Tür. Seither ist sie geschlossen.

Michael Martens

Michael Martens

Korrespondent für südosteuropäische Länder mit Sitz in Wien.

Für die sechs Balkan-Staaten, die der EU noch beitreten wollen – Albanien, Bosnien, Kosovo, Montenegro, Nordmazedonien und Serbien –, ist die Botschaft klar: Die alte Zusage, dass auf engagierte Reformen irgendwann die EU-Mitgliedschaft folgt, gilt nicht mehr. Niemand bekam das deutlicher zu spüren als Nordmazedonien, das auf Verlangen Griechenlands sogar seinen Staatsnamen geändert hatte, um EU-Beitrittsgespräche aufnehmen zu können. Doch auf das griechische folgte ein französisches, dann ein bulgarisches Veto, diesmal unter Hinweis auf die angeblich „gestohlene“ Geschichte und Sprache der slawischen Mazedonier. Die Erweiterungsprozesse sind voller politischer Fallstricke, die mit der Reformleistung der Kandidaten wenig zu tun haben.

Macrons Bedenken sind nicht neu

Überrascht ist man in der Region nicht, dass es nicht mehr weitergeht. Man hatte genau hingehört, als der französische Präsident Emmanuel Macron im Juli 2019 in Belgrad seine Position bekräftigte, dass die EU keine neuen Mitglieder aufnehmen könne, bevor sie sich nicht selbst reformiert habe. Macrons Bedenken sind nicht neu, wie eine Studie der „Stiftung Wissenschaft und Politik“ (SWP) in Berlin aus dem Jahr 2005 zeigt: Unter dem Titel „EU und westlicher Balkan. Von Dayton nach Brüssel: ein allzu langer Weg?“ wurde schon damals eine „wachsende Erweiterungsmüdigkeit“ konstatiert, die es der Politik erschwere, die Vorteile einer Ausdehnung der EU auf den westlichen Balkan zu begründen. Eine „Überfrachtung der EU-Institutionen“ sowie die Gefährdung der politischen und wirtschaftlichen Kohärenz der Mitgliedstaaten seien die Schlagworte der Debatte. In der Studie wird auch gefragt, „ob tatsächlich die EU-Vollmitgliedschaft dieser Staaten die einzig mögliche Option zu ihrer Langzeitstabilisierung ist“.

Die Frage ist aktueller denn je. Wenn eine Mitgliedschaft nicht realistisch ist – wie soll die EU dann mit der Region umgehen? Wie kann sie Einfluss wahren und politischen Rivalen wie Russland, China und der Türkei begegnen? Ideen dazu gibt es zuhauf, und viele sind nicht neu. Im Mai 2003, ein Jahr vor der großen Ost-Erweiterung, hatten die damaligen Präsidenten Kroatiens und Mazedoniens, Stjepan Mesić und Boris Trajkovski, sowie die seinerzeitigen Regierungschefs Serbiens und Albaniens, Zoran Živković und Fatos Nano, in einem gemeinsamen Beitrag in der „New York Times“ angeregt, die Westbalkan-Staaten an den eigentlich EU-Mitgliedern vorbehaltenen Kohäsionsfonds teilhaben zu lassen, sie also zumindest finanziell so zu behandeln, als seien sie Mitglieder, nur ohne Stimmrecht.

Die Flaggen Nordmazedoniens und Europas während eines Gesprächs zwischen Außenminister Heiko Maas und Ministerpräsident Zoran Zaev in Skopje 2019


Die Flaggen Nordmazedoniens und Europas während eines Gesprächs zwischen Außenminister Heiko Maas und Ministerpräsident Zoran Zaev in Skopje 2019
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Bild: dpa

Die Politiker bezogen sich auf den Vorstoß einer anderen Berliner Denkfabrik, der „Europäischen Stabilitätsinitiative“. Die hatte 2002 vorgeschlagen, die europäische Strategie der Stabilisierung des Balkans um das Element der wirtschaftlichen Kohäsion zu erweitern. Blieben die Balkan-Staaten davon ausgeschlossen, untergrabe das nämlich langfristig die Versuche der EU zur Stabilisierung der Region, so das Argument.

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