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#Welche Trümpfe Putin im Ukraine-Konflikt hat

Welche Trümpfe Putin im Ukraine-Konflikt hat

Lässt Russland sich von Sanktionen noch beeindrucken? Der Kreml ist bemüht, den gegenteiligen Eindruck zu erwecken. Wenn Amerikas Präsident von „desaströsen“ Maßnahmen für Russlands Wirtschaft spricht, sollte Putin die Ukraine angreifen, antwortet dessen Sprecher gelangweilt, solche Drohungen höre man täglich. Der Finanzminister nennt neue Beschränkungen „unangenehm“, aber „machbar“, und der Außenminister sieht sein Land auf „alles vorbereitet“. Natürlich sind solche Äußerungen Teil des Spiels, das Moskau auf Augenhöhe mit Washington bringen soll und zu dem auch das Bluffen gehört. Aber es steckt mehr dahinter: Der Kreml wähnt sich sicher vor allzu harten Strafmaßnahmen, wie dem Verbot aller Transaktionen in Dollar oder einem Ausschluss aus dem Zahlungssystem Swift, die tatsächlich verheerende Folgen für Russland haben könnten, aber auch dem Westen schaden würden.

Putin glaubt, dagegen zwei Trümpfe in der Hand zu halten. Der eine ist Europas Abhängigkeit von russischem Gas. Sie ist ein echtes Faustpfand, vermutlich Putins derzeit beste Karte. Sie dürfte dafür sorgen, dass sich einige EU-Mitgliedstaaten, darunter Deutschland, gegen die schärfsten Maßnahmen verwehren. Auch bisher hat die EU nur zögerlich Sanktionen gegen Russland verhängt. So können viele von Putins Weggefährten weiterhin ungehindert ihr Vermögen in der EU anlegen. Spätestens seit 2014, als Russland seine militärische Aggression gegen die Ukraine begann, hätten die europäischen Länder alles daran setzen sollen, ihre Gasversorgung umzugestalten. Dieser Winter, in dem Moskau seine westlichen Kunden zu Zwecken der Machtdemonstration bewusst kurz hält, zeigt das noch einmal in aller Deutlichkeit.

Putin hat kein langfristiges Konzept für die Wirtschaft

Der Verlust seines bisher größten Exportmarktes könnte Russland ernsthaft in Bedrängnis bringen. Denn Monopolist Gazprom hält nicht viel von Flüssiggas-Technologie und setzt weiter auf den Transport durch Pipelines. So bliebe als Ersatz für Europa nur China. Seit Langem versucht Russland den mächtigen Nachbarn zu überzeugen, gemeinsam eine zweite neue Leitung zu bauen, damit das für Europa bestimmte Gas auch nach China fließen könnte – dann hätte Moskau wieder ein Druckmittel mehr. Doch Peking scheint daran nicht sehr interessiert. Und selbst durch zwei Pipelines könnte Russland längst nicht so viel an China liefern, wie es bisher an seine europäischen Kunden verkauft.

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Der zweite Trumpf, auf dem die Selbstsicherheit des Kremlpersonals gründet, ist der Umbau der russischen Wirtschaft seit 2014. Damals hatten die Strafmaßnahmen und ein stark gefallener Ölpreis das Land unvorbereitet getroffen und eine schwere Krise ausgelöst. Inzwischen ist die Wirtschaft besser gewappnet: Russland hat seine Gold- und Währungsreserven angefüllt, dabei den Anteil des Dollars reduziert. Die Staatsverschuldung ist gering; auch viele russische Unternehmen finanzieren sich nicht mehr im Westen, sondern im eigenen Land. Sogar in der Lebensmittelversorgung ist Russland unabhängiger geworden – dank eines Importverbots für Obst, Gemüse und Milchprodukte aus westlichen Ländern florieren Teile der Landwirtschaft.

Doch dieser Trumpf ist eigentlich keiner. Denn das Schutzpolster gegen neue Sanktionen hat einen enormen Preis, den die Bevölkerung bezahlt: Wegen der Importverbote müssen die Russen für meist schlechtere Lebensmittel nun mehr ausgeben. Die Inflation ist hoch. Und weil Russland selbst in der Pandemie eisern spart, ist die Wirtschaft seit 2014 kaum gewachsen; die realen verfügbaren Einkommen liegen noch immer deutlich unter dem Niveau von 2013. An die Stelle der fehlenden westlichen Geldgeber sind nur wenige asiatische Investoren getreten; die geplante „Wende nach Osten“ ist bisher kein Erfolg. Putin hat kein Konzept dafür, wie die Wirtschaft wachsen soll, keine Idee für Russlands Rolle in der Energiewende, keine Perspektive für die vielen talentierten IT-Fachleute.

Das alles hat nicht nur mit den Sanktionen zu tun – auch Korruption, der übergriffige Staat und die berechtigte Angst der Unternehmer vor Strafverfolgung spielen eine Rolle. Aber die Sanktionen tragen zur Lähmung der Wirtschaft bei. Das schürt Unzufriedenheit, auch mit dem Regime: Putins Umfragewerte sind weit entfernt vom nationalen Rausch der Krim-Annexion. Sollte er seine Soldaten nun in einen verlustreichen und teuren Krieg schicken, während viele Russen schon am Essen sparen müssen, dürfte die Frustration im Land noch deutlich steigen.

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