Nachrichten

#Weshalb zu viel Vorsicht tödlich ist

Weshalb zu viel Vorsicht tödlich ist

Je länger die Corona-Pandemie dauert, desto deutlicher werden zwei Versäumnisse im Krisenmanagement, die das Licht am Ende des Tunnels in weitere Ferne rücken lassen. Zum einen scheint kein professionelles Bewusstsein für einen vernünftigen Umgang mit Risiken zu herrschen. Das führt immer wieder zum Handeln „auf Nummer sicher“ und damit zu Verzögerungen in der Corona-Bekämpfung. Zum anderen fehlt den Krisenmanagern die Bereitschaft, auch persönlich stärker ins Risiko zu gehen – also mehr Verantwortung zu übernehmen und auch den Bürgern mehr Eigenverantwortung zuzutrauen. Beides wird an dem aktuellen Impfstopp für den Wirkstoff von Astra-Zeneca einmal mehr deutlich.

Dass die Menschen auf irrationale Art risikoscheu sind, ist keine Neuigkeit. Mit Nobelpreisen dekorierte Wirtschaftsforscher predigen seit langem, dass über Jahrtausende entstandene geistige Dispositionen dem Menschen das Leben unnötig schwermachen: Der Durchschnittsbürger streicht lieber einen kleinen Geldbetrag ein, als auf einen ungleich höheren, aber unsicheren Gewinn zu spekulieren. Dabei wäre der errechnete „Erwartungswert“ für den Gewinn in der zweiten Variante deutlich größer. An der Börse wird die Risikoaversion sichtbar, wenn Anleger panisch reagieren, sobald sie etwas Geld verlieren, während sie sich über einen gleich hohen Gewinn kaum freuen. Einzelne negative Nachrichten bewerten Menschen zudem übermäßig stark. Diese selektive Wahrnehmung verhindert, die Lage ausgewogen und mit etwas Distanz zu betrachten.

Was das mit dem Impfstopp zu tun hat? Politiker sind leider auch nur Menschen und können sich von der Risikoaversion nicht frei machen. Auf die Warnung der Fachleute des Paul-Ehrlich-Instituts, dass es bei 1,6 Millionen in Deutschland mit dem Astra-Zeneca-Vakzin Geimpften sieben Fälle von Hirnvenenthrombose gegeben hat, von denen drei tödlich verlaufen sind, reagierten Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und das Bundeskanzleramt mit einem sofortigem Aussetzen der Impfungen.

Spahn hätte anders entscheiden sollen

Dass die Mediziner ein solches Vorgehen empfehlen, mag nachvollziehbar sein, schließlich ist es ihre Aufgabe, jegliche mit dem Impfstoff einhergehende Gefahr aus der Welt zu schaffen. In einer Notsituation wie dieser muss sich der Gesundheitsminister aber nicht daran halten – er hätte zumindest unter Vorbehalt weiterimpfen lassen können. Denn zu einer vernünftigen Risikoabwägung gehört es, nicht nur selektiv auf einzelne Opfer zu schauen, sondern auch die Gegenrechnung aufzumachen: Wie viele Menschen würden unter dem Strich durch ein ununterbrochenes Impfen gerettet – auch wenn tragischerweise einzelne Menschen an den Nebenwirkungen sterben, die sonst überlebt hätten? Simulationsrechnungen aus den Vereinigten Staaten zeigen, wie sehr es bei den Impfungen aufs Tempo ankommt. Sie legen nahe, dass Impfstopps – zumindest von einer gewissen Dauer an – mehr Opfer fordern als die möglichen Nebenwirkungen.

Von dieser Rechnung sollte sich der Gesundheitsminister leiten lassen und sie auch öffentlich kommunizieren. Zudem muss er anders als die Wissenschaftler abwägen, ob der Impfstopp Astra-Zeneca-Vakzine endgültig zum Ladenhüter machen könnte, selbst wenn sich herausstellt, dass die Thrombosen gar nichts mit der Impfung zu tun hatten.

Natürlich wäre Spahn mit einer Entscheidung für Impfungen und gegen den Rat der Wissenschaftler persönlich stark ins Risiko gegangen. Jeden neuen Todesfall nach einer Impfung hätte man dem ohnehin angezählten Politiker zur Last gelegt. Doch genau dafür sind Politiker gewählt: Sie müssen heikle Entscheidungen treffen und für sie geradestehen. Bei der Impfkampagne muss es ausschließlich um das Allgemeinwohl gehen, nicht um die politischen Karrieren Einzelner.

Freiwillige sollten sich impfen lassen können

Es spricht Bände, dass nicht einmal erwogen wird, den Astra-Zeneca-Impfstoff gutinformierten Freiwilligen zur Verfügung zu stellen, die sich auf eigenes Risiko immunisieren lassen wollen. Dabei würde dieser Schritt den einzelnen Menschen eine individuelle Risikoabwägung überhaupt erst ermöglichen. Den Menschen dieses Risiko abzunehmen ist keine milde Gabe der Politik, sondern eine Form von Bevormundung.

Die große Risikoscheu würde aktuell gar nicht derart ins Auge fallen, wäre sie in der Krise nicht zum neuen Normalzustand geworden: Die Zulassung von Impfstoffen und Corona-Tests, die damit verbundenen Haftungsfragen, die strikte Einhaltung der Impfverordnung, das Einbeziehen von Hausärzten – immer hatte die größtmögliche Sicherheit Vorrang vor pragmatischem Handeln. Am Ende steht eine übermäßige Vorsicht, die – man muss es so klar sagen – wahrscheinlich Menschenleben kostet.

Wenn Ihnen der Artikel gefallen hat, vergessen Sie nicht, ihn mit Ihren Freunden zu teilen. Folgen Sie uns auch in Google News, klicken Sie auf den Stern und wählen Sie uns aus Ihren Favoriten aus.

Wenn Sie an Foren interessiert sind, können Sie Forum.BuradaBiliyorum.Com besuchen.

Wenn Sie weitere Nachrichten lesen möchten, können Sie unsere Nachrichten kategorie besuchen.

Quelle

Ähnliche Artikel

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"
Schließen

Please allow ads on our site

Please consider supporting us by disabling your ad blocker!