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#Wie Corona den demographischen Wandel beeinflusst

Wie Corona den demographischen Wandel beeinflusst

Von zwei Schwellen des demographischen Rückgangs hat Italien im Pandemiejahr 2020 „nur“ eine unterschritten. Das ist kein Trost, nicht einmal ein schwacher. Jedenfalls wurden, anders als befürchtet, im vergangenen Jahr nicht weniger, sondern noch immer etwas mehr als 400.000 Kinder geboren: Genau 404.104 waren es, wie das nationale Statistikamt (Istat) jetzt mitteilte. Der Rückgang gegenüber 2019 fiel mit 3,8 Prozent etwas weniger dramatisch aus als befürchtet.

Matthias Rüb

Matthias Rüb

Politischer Korrespondent für Italien, den Vatikan, Albanien und Malta mit Sitz in Rom.

Hans-Christian Rößler

Doch auch das verhinderte nicht, dass die symbolträchtige 60-Millionen-Marke der Gesamteinwohnerzahl unterschritten wurde, erstmals seit 2013: Nur noch 59.257.566 Personen lebten an Silvester 2020 im Belpaese. Gegenüber dem Vorjahr ist das ein Rückgang um 0,6 Prozent.

Keine Hoffnung macht das Istat auf eine Trendumkehr in diesem Jahr. Für 2021 rechnen die Statistiker mit nur noch rund 393.000 Geburten, während die Zahl der Sterbefälle weiter zunehmen wird – in erster Linie aufgrund der Überalterung der italienischen Gesellschaft, aber auch wegen der Pandemie, die das Land zum Ende des ersten Quartals 2021 noch lange nicht im Griff hat: Ostern wird Italien das zweite Jahr in Folge im nationalen Lockdown begehen. Von Karsamstag bis Ostermontag ist ganz Italien „rote Zone“.

Grundlegender Wandel der Demographie durch Pandemie

Drei Tage lang gilt eine faktische Ausgangssperre. Haus und Wohnung dürfen nur wegen dringender Anlässe verlassen werden. Bewegung und Sport an der frischen Luft sind nur in unmittelbarer Umgebung der Wohnung erlaubt. Besuche bei Verwandten und Freunden sind für maximal zwei Erwachsene (sowie Kinder unter 14 Jahren, die im gleichen Haushalt leben) einmal pro Tag zulässig. Das „demographische Bild“ Italiens habe durch die Pandemie einen „grundlegenden Wandel“ erfahren, formulieren die Statistiker in ihrem Jahresbericht euphemistisch.

Insgesamt wurden 746.146 Todesfälle registriert, so viele noch nie in einem Jahr seit Ende des Zweiten Weltkriegs – und gut 100.000 mehr als im Durchschnitt der Jahre 2015 bis 2019. Diese Übersterblichkeit deckt sich nicht mit der offiziellen Zahl der Covid-Opfer, die bis Jahresende 2020 auf 74.000 beziffert wurde. Inzwischen ist die Zahl der Personen, die im Zusammenhang mit einer Covid-19-Infektion gestorben sind, auf rund 108.000 angewachsen.
Für das Jahr 2021 ergibt sich ein „Sterbeüberschuss“ von gut 34.2000 Personen. Rechnet man den zusätzlichen Bevölkerungsverlust durch die anhaltende Auswanderung und die verringerte Immigration hinzu, ergibt sich ein Bevölkerungsrückgang von etwa 384.000 Personen. Im Istat-Bericht wird ein deutlicher Vergleich gemacht: Das sei, als wäre in einem einzigen Jahr „eine Stadt von der Größe von Florenz verschwunden“, heißt es dort.

Die Zahl der Hochzeiten im ersten Jahr der Corona-Pandemie brach derweil um fast 50 Prozent ein. Das liegt nach Ansicht der Statistiker nicht nur an dem Umstand, dass fast das ganze Jahr über größere Feste und Familienfeierlichkeiten aus Gründen des Pandemiekampfes verboten waren und viele Paare ihre geplante Heirat verschoben haben. Auch das allgemeine Gefühl der Unsicherheit, die Angst vor einer Wirtschaftskrise und die Sorge vor der Zukunft hätten die Familienplanung vieler Italiener beeinflusst.

Mehr Kinder sogar während des Krieges

Aus Sicht der Demographen ist vor allem der fortgesetzte Rückgang der Geburtenzahlen besorgniserregend. Jahr um Jahr wird dabei ein neuer Negativrekord erreicht: Noch nie seit Erlangen der nationalen Einheit durch die Schaffung des Königreichs Italien im Jahre 1861 wurden so wenig Kinder geboren wie 2020 – nicht einmal zu Kriegs- und Krisenzeiten.

Vor 160 Jahren, als das Land rund 26 Millionen Einwohner zählte, kamen pro Jahr gut 800.000 Kinder zur Welt. Und im Jahr 1918, als in Europa der Erste Weltkrieg und die Spanische Grippe wüteten, verzeichnete Italien immerhin noch 640.000 Geburten. Während des Babybooms in den sechziger Jahren überstieg die Zahl der jährlichen Geburten sogar eine Million. Schon die Hälfte dieses Spitzenwerts würde heute als großer Erfolg im Kampf gegen die Schrumpfung Italiens gelten.

Sinkende Geburtenzahlen auch in Spanien

Auch in Spanien schrumpft die Bevölkerung: Im Januar 2021, gut neun Monate nach Ausrufung des Alarmzustands im Frühjahr 2020, wurden in Spanien  24.061 Geburten registriert. Nach Angaben des Nationalen Statistikamts INE waren das rund 23 Prozent weniger als im Januar 2020, kurz Wochen bevor die Pandemie begann.

Besonders stark fiel der Rückgang in der nordspanischen Region Kantabrien aus: Hier ging die Geburtenrate im Januar um fast 28 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat, auf Mallorca waren es rund 20 Prozent.

Spanische Wissenschaftler hatten zunächst einen Babyboom erwartet. Sie raten aber dazu, die Daten der folgenden Monate abzuwarten, um mit größerer Sicherheit sagen zu können, ob es sich wirklich um eine anhaltende Entwicklung handele. In Umfragen hatten rund 30 Prozent der Befragten gesagt, sie würden ihre Familienpläne wegen der Pandemie erst einmal aufschieben. Als wichtigsten Grund nannten sie dabei die Sorge, ihren Arbeitsplatz zu verlieren.

Schon die große Wirtschaftskrise vor gut einem Jahrzehnt hatte dazu beigetragen, dass Spanien eine der niedrigsten Geburtenraten in ganz Europa hat. Die wirtschaftlichen Folgen von Corona werden voraussichtlich noch schlimmer sein. Seit 2008 ging die Zahl der Geburten in Spanien um ein Drittel zurück. Im Jahr 2015 übertraf zum ersten Mal die Zahl der Todesfälle die der Geburten. Das Jahr 2019 hatte mit 360.617 Geburten einen historischen Tiefstand seit 1941 markiert, der sich auch vor Corona fortsetzte. Noch fehlen jedoch die abschließenden Zahlen für 2020. Gleichzeitig werden die spanischen Mütter immer älter. Im vergangenen Jahrzehnt stieg die Zahl der Frauen, die 40 Jahre und älter waren, als sie ihr erstes Kind bekamen, um mehr als 60 Prozent.

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