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#Wie die EU Arzneimittelknappheit verhindern will

Mit einem großen Paket zur Neufassung der bisherigen EU-Pharmagesetze will die EU-Kommission dagegen vorgehen, dass viele neu zugelassene Medikamente längst nicht überall in der EU  verfügbar sind. „Wenn es um den Zugang zu Arzneimitteln geht, darf es in der EU keine Bürger erster und zweiter Klasse geben“, sagte Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides  am Mittwoch in Brüssel. Die seit 20 Jahren geltenden EU-Gesetze müssten grundlegend überarbeitet werden. Nötig sei ein „Binnenmarkt für Medikamente“. Das Pharmapaket sei der letzte, aber  wichtigste Schritt zu der seit der Covid-Pandemie vorangetriebenen EU-Gesundheitsunion.

Die Kommission kämpft in der Gesundheitspolitik damit, dass ihr  im Prinzip die Zuständigkeit fehlt. Sie sieht aber  die Pandemie, in der ihr gelegentlich Untätigkeit vorgeworfen wurde, als Ermutigung zu eigenen Initiativen  an. Der neue Gesetzesvorschlag ändere nichts an der Zuständigkeit der Mitgliedstaaten in der Gesundheitspolitik, heißt es in der Behörde. „Die Pandemie hat aber gezeigt, dass vieles besser läuft, wenn wir eng zusammenarbeiten“. Mit der Initiative für einen Medikamenten-Binnenmarkt zielt die Kommission auf Rahmengesetze, die unabhängig von nationalen Zuständigkeiten gelten.

Kyriakides verwies darauf, dass in den westlichen und großen Mitgliedstaaten rund  90 Prozent der in der EU  zugelassenen Medikamente erhältlich seien. In östlichen und kleinen Staaten seien   es zum Teil nur 10 Prozent. Als zweite Kennzahl für die großen Unterschiede gilt, wie lange es dauert, bis ein Medikament nach der Neuzulassung durch die Arzneimittelbehörde EMA in der Apotheke verfügbar ist. Nach Kommissionsangaben dauert das in Deutschland etwa vier Monate, in Polen, Rumänien oder Bulgarien mehr als  zwei Jahre.  Diese Unterschiede wolle sie durch neue „Anreize“ für die Pharmaindustrie einebnen, sagte Kyriakides.

Besserer Innovationsschutz für neue Arzneimittel

Diese „Anreize“ bestehen  aus einem verbesserten  Innovationsschutz für neuartige Arzneimittel, zusätzlichen Auflagen sowie weniger Bürokratie bei der Zulassung. So soll die  maximal mögliche  Schutzdauer von  elf auf zwölf Jahre erhöht,  aber zugleich von mehr Kriterien wie der Bedingung abhängig gemacht werden, die jeweiligen Medikamente in der ganzen EU zu verkaufen. Die sogenannte Marktexklusivität soll von bisher acht auf sechs Jahre reduziert werden. Hinzu kommen wie bisher zwei Jahre, in denen Generikahersteller ihre Produkte zur Zulassung beantragen, aber noch nicht auf den Markt bringen können. Drei weitere Jahre Schutz sollen davon abhängig gemacht werden, ob sich die Hersteller dazu verpflichten, die Ziele der Kommission einzuhalten.

Das beeinträchtige die Wettbewerbsfähigkeit der Branche in Europa nicht, sagte die Kommissarin mit  Blick auf die teils scharfe Kritik aus der Pharmaindustrie vor der Veröffentlichung des Vorschlags. Zur Erleichterung für Unternehmen  ist geplant, die durchschnittliche Prüfzeit in der Zulassungsbehörde EMA von derzeit rund 400 auf etwa 180 Tage zu verkürzen.  
Ferner will die Kommission dafür sorgen, dass es nicht wieder  zu Arzneimittelengpässen aufgrund von Lücken in den Lieferketten, wie in der Pandemie oder  infolge des Ukrainekriegs, kommt. Hier sind der EU freilich die Hände gebunden. Die Behörde schlägt daher eine verstärkte Beobachtung entstehender Knappheiten durch die EMA, eine EU-Liste von „kritischen  Medikamenten“, vor allem von Antibiotika, sowie mehr „Koordinierungskompetenzen“ für Kommission und EMA vor. Um Medikamente erschwinglicher zu machen – die Preisregulierung ist ebenfalls in nationaler Zuständigkeit –, will die Kommission Generika künftig überall in der EU sofort verfügbar machen, sobald der Innovationsschutz für ein Medikament abgelaufen ist.

Kritik aus der Branche

In der Branche stößt die Brüsseler Initiative überwiegend auf Kritik. Der Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller (BAH) sprach von „viel Schatten und wenig Licht“. Begrüßenswerte Erleichterungen würden durch neue Auflagen zunichte gemacht. Der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI)  sieht den  Pharmastandort Deutschland  in seiner Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit geschwächt, weil die EU-Auflagen vor allem die mittelständischen Unternehmen mit neuen bürokratischen Lasten beschwere.
Kyriakides kündigte außerdem eine neue Initiative gegen Antibiotikaresistenzen an.

Diese „stille Pandemie“ koste jedes Jahr 35.000 Menschen in der EU das Leben, beklagte die Kommissarin. Als Hauptgrund nannte sie, dass die Pharmaindustrie keine Anreize habe, in neue Produkte zu investieren, gegen die noch keine Resistenzen bestünden.  Die Kommission will erreichen, dass der Antibiotikaverbrauch bis 2030 um 20 Prozent sinkt. Ferner sollen mindestens 65 Prozent der Antibiotika aus einer Produktgruppe kommen, die weniger anfällig für Resistenzen sind.

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