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#„Wie ein schlechter Plot“

„„Wie ein schlechter Plot““

Greta Thunbergs Kommentar kam am Mittwochnachmittag dezent, aber zielsicher: Man müsse achtgeben auf jene, die sich die unangenehme Wahrheit nur anhörten, wenn sie in ihre Agenda passe, schrieb sie auf Twitter. „In dieser Krise hilft es nicht weiter, sich ein paar Aspekte herauszupicken, Dinge aus dem Zusammenhang zu reißen und den Rest zu ignorieren.“ Keine Namen, nichts Konkretes. Wer die Aufregung verfolgt hatte um die vorab veröffentlichten Sätze aus dem Interview, das die Fernsehmoderatorin Sandra Maischberger mit Thunberg geführt hat, wusste, was und wer gemeint ist. Politiker, die den jungen Aktivisten von Fridays for Future sonst eher mit onkelhafter Herablassung begegnen, nun aber nicht zögerten, Greta Thunbergs Aussage, dass deutsche Kernkraftwerke, die schon am Netz seien, weiterlaufen sollten, für sich zu vereinnahmen.

Vereinnahmt von Lindner und Merz

Er begrüße ihren Zuspruch für die FDP-Position, twitterte Christian Lindner. Friedrich Merz antwortete im Fernsehen auf die Frage, wie lange deutsche Atomkraftwerke seiner Meinung nach noch laufen sollten, sagte er: „So wie Greta Thunberg das auch sieht, mindestens bis Ende 2024“. Das hatte sie allerdings gar nicht gesagt, und auch in keiner Weise den Eindruck erweckt, dass sie für Atomkraft generell für eine gute Idee halte. Sie hält sie nur für die weniger schlechte Idee, wenn die Alternative ist, länger Kohle zu verfeuern.

Das ganze, fünfundzwanzig Minuten lange Interview konnte man dann am Mittwochabend sehen, am Ende einer eher disparaten „Maischberger“-Ausgabe, in der die Journalisten Eva Schulz und Alexander Kissler und ZDF-Hauptstadtstudio-Leiter Theo Knoll an Christian Lindners Satz herumdeutelten, die Rolle der FDP in der Koalition überdenken zu wollen, und Wolfgang Kubicki erklärte, dass Beleidigungen für ihn ein Stilmittel seien – siehe „Kanalratte“, seine Bezeichnung für den türkischen Präsidenten Erdogan.

Für das Gespräch traf Sandra Maischberger Thunberg vor fast zwei Wochen in Stockholm, also bevor die FDP zwecks Profilschärfung beschloss, den Druck auf die Koalition in Sachen Laufzeit-Verlängerung zu verstärken und darauf zu bestehen, dass alle drei noch am Netz befindlichen Atomkraftwerke für mindestens zwei Jahre in Betrieb bleiben – wobei die vermeintliche Unterstützung der berühmten Klimaschützerin nun ziemlich gelegen kam.

Ende der Schulstreiks

In dem Gespräch ging es allerdings um viel mehr als um Kernkraft. Es ging darum, was aus dem 15-jährigen Mädchen geworden ist, dass sich an einem Freitag vor vier Jahren zum ersten Mal vor das schwedische Parlament setzte und eine weltweite Bewegung auslöste. Jetzt sei sie ja bald fertig mit der Schule, dann seien auch die Schulstreiks vorbei, begann Maischberger das Interview, und Greta Thunberg kicherte los. Ja, dann könne sie wohl keine Schulstreiks mehr machen, aber den Gedanken daran schiebe sie noch auf. Zum zweiten Mal kicherte Greta Thunberg als es um ihre Reden ging, um die Wut, mit der sie vor der UN in New York ihr „How dare you!“ herausschleuderte. Was sie über die Greta von damals denke? „Viele Dinge. Ich versuche, nicht zu hart mit mir zu sein.“

Man freute sich, dass sie so viel lachte und überhaupt sehr gelöst schien, weil der Ernst und der Zorn, die bei ihren Auftritten manchmal das Kindliche ganz aus ihrem Gesicht verschwinden ließen, auch wirkten, als ob sie zu viel werden könnte für das Mädchen mit dem Asperger-Syndrom, über das ihr Vater erzählte, sie habe, bevor sie zu demonstrieren begann, mit Fremden nicht sprechen können und kaum gegessen.

In Schweden laufen sechs Atomkraftwerke

Das letzte Interview, das Greta Thunberg im deutschen Fernsehen gegeben hat, ist drei Jahre her, damals saß sie Anne Will gegenüber. Thunbergs Augen wanderten hin und her, sie biss sich auf die Lippen, gelächelt hat sie nicht. In dem Interview sagte sie auch, dass laut einem Bericht des Weltklimarats Atomkraft ein kleiner Teil einer großen Lösung sein könne für Energie ohne fossile Brennstoffe. Thunberg teilte diese Einschätzung auch auf Facebook mit. Überraschen kann ihre Haltung zu dem Thema also nicht. Sie entspricht der ihres Heimatlandes: In Schweden, das die erste Industrienation werden möchte, die auf fossile Brennstoffe verzichtet, haben sich die Regierungsparteien vor einigen Jahren darauf geeinigt, die sechs letzten Atomkraftwerke am Netz zu halten, bis das nicht mehr nötig ist.

Wie ein schlechter Plot sei ihr ihre plötzliche Berühmtheit vorgekommen, erzählte sie: „Es war so ein Klischee: Ein kleines Mädchen löst einen weltweiten Protest aus. In einem Film hätte ich gedacht: Hätten sie sich nicht etwas Ausgefalleneres ausdenken können?“ Gefragt, was sie rückblickend hätte anders machen wollen, sagte Thunberg, sie hätte sich früher auf die humanitären Aspekte der Klimaerwärmung konzentrieren sollen, auf die Auswirkungen, die diese jetzt schon für Menschen hat. Stattdessen hätten sie immer davon gesprochen, dass sie, die Kinder, davon betroffen sein würden.

Nur so konnte Greta Thunberg, konnte die Bewegung „Fridays for Future“ allerdings ihre Wirkung entfalten: Als Stimme der Kinder, die ihre Zukunft bedroht sehen und von den Erwachsenen Handeln fordern. Greta Thunberg ist keines dieser Kinder mehr, sie ist 19 Jahre alt. Sie sagt, dass alles viel zu langsam gehe, sie sich aber nicht erlaube, an den Menschen zu verzweifeln. Sie konzentriere sich auf jeden Tag und auf das, was sie tun könne. Der Aktivismus habe sie gerettet. Sie will studieren, wahrscheinlich Sozialwissenschaften, und dann für Nichtregierungsorganisationen arbeiten. Von da, findet sie, kämen die entscheidenden gesellschaftlichen Veränderungen. Klimaaktivistin bleibe sie sowieso ein Leben lang.

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