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#Wie geht es nach dem Scheitern des „Wachstumschancengesetzes“ weiter?

Dass der Finanzminister die Konjunktur nicht mit einem teuren Ausgabenprogramm ankurbeln wollte, lag in der Natur seines Amtes begründet. Schließlich musste er das Geld zusammenhalten, ein ausgeglichener Haushalt war das Ziel. Irgendwann in den Parlamentsferien drehte er indes ein kleines bisschen bei. „Mir ist vollkommen klar, dass man die Tür zum Kassenraum nicht geschlossen halten kann“, sagte er. „Sonst wird sie in Panik von anderen eingetreten.“

Ralph Bollmann

Korrespondent für Wirtschaftspolitik und stellvertretender Leiter Wirtschaft und „Geld & Mehr“ der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung in Berlin.

Der Mann hieß Peer Steinbrück, er war Sozialdemokrat, und die Sache spielte in der Weihnachtspause. Aber eines hat das sommerliche Gebaren des heutigen Amtsinhabers Christian Lindner, FDP, dann doch mit dem Verhalten seines Vorgängers gemein, der vor 15 Jahren mit den Folgen der Bankenkrise kämpfte: Um die anschwellende Debatte um ein teures Konjunkturpaket vorauseilend einzudämmen, wollte er in der Kabinettssitzung an diesem Mittwoch ein Wachstumschancengesetz absegnen lassen, Kostenpunkt: recht bescheidene sechs Milliarden Euro. Geklappt hat das nicht, die Ampel-Regierung ist wieder einmal zerstritten.

Die Tür einen Spaltbreit öffnen

Lindner beabsichtigte, um in Steinbrücks Bild zu bleiben, die Tür einen Spalt breit zu öffnen – auf dass ihm nicht splitterndes Holz um die Ohren fliege. Wie Kanzlerin Angela Merkel seinerzeit die schwäbische Hausfrau, so gibt Lindner heute den rheinischen Hausmann.

Es sieht nicht danach aus, dass das klappt. Politiker aus den Regierungs- und mehr noch aus den Oppositionsparteien überbieten sich seit Wochen mit teuren Vorschlägen: 20 Milliarden Euro will der Wirtschaftsminister ausgeben, um industriellen Großverbrauchern billigen Strom zu liefern. 30 Milliarden Euro bot zuletzt die Bundestagsfraktion der Grünen, finanziert mit den Einsparungen aus der Gaspreisbremse, die nur ein Drittel des veranschlagten Geldes verschlingt.

Die Linke will 100 Milliarden

Die kriselnde Linke nutzte die Freiheit des bevorstehenden Untergangs, gleich 100 Milliarden Euro zu verlangen. Auch CDU-Chef Friedrich Merz versuchte, mit weitreichenden Vorschlägen die ihm nicht immer gewogenen Wahlkämpfer in Bayern und Hessen zu unterstützen, über die Kosten indes schwieg er sich lieber aus. Nur eines steht schon so gut wie fest: Im September will die Bundesregierung irgendetwas beschließen, um der darbenden Konjunktur auf die Sprünge zu helfen. Aber was?

Nachdem Lindner nun vorerst gescheitert ist, sind bisher nur die Milliarden für den Heizungsumbau und die Förderung neuer Chipfabriken beschlossen. Mehr noch als die Stagnation der zurückliegenden drei Quartale beunruhigt die längerfristige Perspektive, die Probleme der deutschen Autobauer auf dem chinesischen Markt etwa, die mauen Investitionszahlen, die Unsicherheit über künftige Energiepreise, der Mangel an Fachkräften.

Und der internationale Vergleich: Nicht bloß gegenüber den Vereinigten Staaten mit ihrem Mammutprogramm für Klima und Konjunktur fällt Deutschland zurück, sondern auch gegenüber europäischen Nachbarn, deren Energiepreise beispielsweise auch nicht signifikant niedriger sind als hierzulande – die allerdings auch nicht über so viel energieintensive Industrie verfügten und nicht so stark von russischem Gas abhingen.

Das ist neu. Seit mit dem Bankencrash von 2008 die Serie der internationalen Großkrisen begann, reagierte die Politik mit ihren Konjunkturprogrammen nie auf strukturelle Probleme, sondern immer auf kurzfristige Schocks: erst auf die Finanzkrise, später dann auf die Corona-Pandemie und den russischen Angriffskrieg. Zwischendurch gab es sogar Krisen, die hierzulande schon von sich aus wie ein Konjunkturprogramm wirkten, allen voran die europäische Staatsschuldenkrise, als viel billiges Geld nach Deutschland in den sicheren Hafen floss.

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