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#Wie ist das Leben in Cherson ohne Strom und Wasser?

„Wie ist das Leben in Cherson ohne Strom und Wasser?“

Olha Epifanowa lehnt sich über das Geländer und schaut rüber zum anderen Ufer. „Es ist schon ein komisches Gefühl zu wissen, dass die irgendwo da drüben stehen“, sagt sie. Damit meint sie die Russen, die das Gebiet auf der anderen Seite des Flusses Dnipro kontrollieren. Ein paar Meter neben Olha hält ihr Ehemann Genadij Wowk seine Angel ins Wasser. Die beiden Rentner stehen auf der Brücke zu einer kleinen Insel, die im Süden Chersons inmitten des Dnipros liegt. Seitdem die russische Armee sich vom rechten Ufer zurückgezogen hat, bildet der Fluss die natürliche Barriere zwischen Verteidigern und Besatzern. Genadijs Haken mit dem kleinen gelben Köder, der wie ein Maiskorn aussieht, treibt gerade irgendwo in der Frontlinie herum.

Heute beißt kaum ein Fisch an. Immer wieder holt Genadij seinen Haken ein. Der Köder ist zwar weg, es hängt aber auch kein Fisch daran. Und wenn er doch mal einen rausholt, dann nur einen ganz kleinen. „Für die Katzen“, sagt Genadij. Doch den beiden ist der Zeitvertreib ohnehin wichtiger als der große Fang. Während der neun Monate langen Besatzung sind sie hier beinahe täglich fischen gegangen. Denn beim Angeln ist man draußen an der frischen Luft und nicht zu Hause mit seinen Gedanken eingesperrt. Die Kinder des Ehepaars haben Cherson früh verlassen, zurück blieben nur Olha und Genadij mitsamt Hund und Katzen.

Patronenhülsen im Dreck

Während Genadij wieder einmal seine Angel auswirft, wagt Olha einen Spaziergang auf die Insel in der Mitte des Flusses. Dort gibt es einen winzigen Zoo. Die Tiere, die noch da sind, wurden offenbar seit Tagen nicht gefüttert. Als Olha sich dem Gatter nähert, springen die Ziegen wie wild hinter dem Zaun umher. Viele andere Gehege sind leer.

Die Russen haben die Tiere vor ihrem Rückzug auf die Krim verschleppt. Kurz nach dem Abzug verbreiteten sich in ukrainischen Medien Videos von dem Tierdiebstahl. Auf einem ist der Besitzer eines Safariparks auf der Krim zu sehen, wie er einen Waschbären am Schwanz hochhebt und in eine Transportbox wirft. Außerdem haben die Russen wohl Wölfe, ein Lama und einen Esel mitgenommen. Die hungrigen Ziegen hingegen haben sie zurückgelassen. Olha hat nichts Essbares dabei, was sie ihnen geben könnte.

Auch der Strand am Ufer liegt verlassen da. Hinter ein paar verrammelten Buden klafft ein Krater in der Erde, einige Äste sind abgebrochen. Irgendetwas ist hier kürzlich eingeschlagen. Durch den sonst menschenleeren Park hinter dem Strand schlendern ein paar ukrainische Soldaten. Um den Arm tragen sie gelbes Klebeband, über der Schulter hängt ihr Sturmgewehr. Den Fluss würdigen sie keines Blickes.

Wenn in Cherson mal wieder der Strom ausfällt, macht Genadij Licht, für Olga und ihr Klavier.


Wenn in Cherson mal wieder der Strom ausfällt, macht Genadij Licht, für Olga und ihr Klavier.
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Bild: Oleksandr Magula

Nur ein paar Kilometer stromaufwärts stehen die Reste der Brücke, die für das Schicksal von Cherson entscheidend war. Die Gegend um die Antoniwka-Brücke gilt als gefährlich, die Uferstraße ist menschenleer. Die Fensterscheiben vieler Häuser hier sind zerborsten, am Straßenrand steht ein ausgebrannter Tanklaster. Neben dem Brückenaufgang liegen Patronenhülsen und eine Hose der russischen Armee im Dreck. Von der Brücke fehlt seit der Sprengung durch die abziehenden russischen Truppen ein gigantisches Stück. Auch die provisorische Pontonbrücke daneben ist zerstört.

Bis heute fragen sich viele Ukrainer, warum die Brücke nicht schon zu Kriegsbeginn gesprengt wurde. Dadurch hätte man verhindern können, dass die von Süden vorstoßende russische Armee den breiten Fluss überquert. In dem Gebiet gibt es lediglich eine weitere Querung über den Dnipro, Kilometer stromaufwärts, die Brücke beim Staudamm von Nowa Kachowka. Diese beiden Brücken waren nach der Einnahme Chersons die zentralen Nachschubrouten der russischen Armee. Immer wieder nahmen die Ukrainer die Bauwerke deshalb mit Mehrfachraketenwerfern des Typs HIMARS unter Beschuss und machten sie damit weitgehend unbrauchbar.

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