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#Wie Kernfusion als Lösung von Weltproblemen gehyped wird

„Wie Kernfusion als Lösung von Weltproblemen gehyped wird“

Selten erregen Forschungsergebnisse so viel Aufmerksamkeit wie jene, die am Dienstag auf einer Pressekonferenz vorgestellt wurden: Am kalifornischen Lawrence Livermore National Laboratory war mittels Laserenergie eine kleine Kapsel gefrorenen Wasserstoffs so stark erhitzt und komprimiert worden, dass es zur Kernfusion kam und laut Institut erstmals mehr Energie freigesetzt als eingesetzt wurde. Es sei eine der beeindruckendsten wissenschaftlichen Leistungen des Jahrhunderts, sagte Energieministerin Jennifer Granholm: Sie werde helfen, „die komplexesten und dringendsten Probleme der Menschheit zu lösen, wie die Bereitstellung sauberer Energie zur Bekämpfung des Klimawandels“, der Fortschritt habe „die Zukunft von Wissenschaft und Menschheit verändert“.

Es sei „ein historischer Tag für die Energieversorgung der Zukunft“, erklärte auch Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) in einem vorbereiteten Statement. Viele Medien griffen das Thema prominent auf, so auch die F.A.Z. Doch oftmals fand kaum Erwähnung, dass der verkündete „Durchbruch“ zwar ein Fortschritt, aber noch keine Revolution ist. Ähnliches war schon zuvor erreicht worden, im vergangenen Jahr mit etwas geringerer Energieausbeute, die sich nun wohl durch eine leicht veränderte Versuchsanordnung verbesserte. Unerwähnt blieb bei den Ministeriumsankündigungen auch, dass für die Laser diesmal mehr als das Hundertfache der Energie aufgewendet werden musste.

Erfinden und Einsteigen statt Verbieten und Aussteigen?

Viele Berichte gingen hierauf nur am Rande ein. „Wir wollen unsere Sendung mit einer positiven Nachricht beginnen: einer wissenschaftlichen Genialität, die nichts geringeres als unsere Energiefrage lösen könnte“, erklärte „Tagesthemen“-Moderator Helge Fuhst – „wenn auch in ferner Zukunft“, schob er hinterher. „Damit steht ein neuer Baustein in Zukunft zur Verfügung für eine klimaneutrale, für eine verlässliche und eine wirtschaftliche Energieversorgung“, sagte Stark-Watzinger. „Wir beginnen mit einer historischen Leistung, an der Generationen von Forscherinnen und Forschern gegrübelt haben“, so Moderator Christian Sievers im „Heute Journal“; die Fusion könne womöglich mehr Menschen aus der Armut befreien als die Erfindung des Feuers, zitierte er den US-Abgeordneten Don Beyer. Bei der Fusion werde es schnelle Fortschritte geben, sie sei womöglich schon in zehn Jahren nutzbar, erklärte Stark-Watzinger in der Sendung. Und: „Wir sind da technologieoffen – wie sich überhaupt zeigt, dass wir technologieoffen die großen Herausforderungen mit Innovation bekämpfen können.“

Im Jahr 1999 wurde die Zielkammer des kalifornischen Fusionsexperiments in die riesige Anlage eingesetzt.


Im Jahr 1999 wurde die Zielkammer des kalifornischen Fusionsexperiments in die riesige Anlage eingesetzt.
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Bild: Lawrence Livermore National Labo

Spätestens bei diesen Formulierungen dürften bei vielen die Alarmglocken schrillen – denn regelmäßig werden technische Ansätze als einfacher Ausweg aus den Weltproblemen hingestellt. „Wir wollen auf Technologie und Innovation setzen und nicht auf Verzicht“, sagte Stark-Watzinger schon Anfang 2022 – „wir brauchen mehr Freude am Erfinden und Einsteigen als am Verbieten und Aussteigen“, schrieb FDP-Chef Christian Lindner am Dienstag bei Twitter. Der Direktor der Internationalen Atomenergiebehörde, Rafael Grossi, meinte dort, der Durchbruch sei ein Schritt in Richtung einer „klimasicheren Zukunft“. Dabei ist bislang völlig offen, ob Fusion im Großmaßstab und wirtschaftlich nutzbar werden wird. „Ich wäre mehr über eine Ankündigung beeindruckt, dass die Vereinigten Staaten Subventionen für fossile Treibstoffe beenden“, schrieb der US-Klimatologe Michael Mann auf Twitter. „Es ist noch nicht verfügbar und kann uns bei der Klimakrise jetzt nicht helfen“, sagte die Fusionsexpertin Aneeqa Khan von der Universität Manchester – bei weiterem Fortschritt vielleicht in Jahrzehnten.

Unter den Tisch fiel weitgehend auch, dass es noch andere Forschungsziele gibt, die Ministerin Granholm prominent ansprach: „Es stärkt die nationale Sicherheit, weil es einen neuen Bereich für die Aufrechterhaltung einer sicheren und wirksamen nuklearen Abschreckung in einem Zeitalter eröffnet, in dem es keine Atomtests mehr gibt.“ Der Durchbruch werde „die Zukunft von sauberer Energie und Amerikas nationaler Verteidigung für immer verändern“, erklärte ihr Ministerium. Denn das diesem unterstellte Fusionsforschungsinstitut ist auch für Forschung zu Atombomben verantwortlich.

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