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#Wie man ein Gesetz verschleppt

„Wie man ein Gesetz verschleppt“

Der 16. März sollte eigentlich ein Wendepunkt sein in deutschen Krankenhäusern, in Altenheimen und bei ambulanten Pflegediensten. Vom kommenden Mittwoch an sollten Patienten und Bewohner nur noch Kontakt zu Personal haben, das besonders gut gegen das Coronavirus geschützt ist – die sogenannte einrichtungsbezogene Impfpflicht, im Dezember von der Ampelkoalition im Bundestag beschlossen, sollte das sicherstellen.

Doch inzwischen ist klar, dass die Regelung erst wesentlich später größere Auswirkungen haben dürfte. Ungeimpfte Mitarbeiter dürfen trotz Impfpflicht erst einmal weiterarbeiten. „Es wird ab dem 16. März nicht sofort zu Betretungs- oder Beschäftigungsverboten für die Mitarbeiter in den Einrichtungen kommen. Das ist völlig klar“, sagt Johannes Nießen. Er leitet nicht nur das größte Gesundheitsamt Deutschlands in Köln, sondern spricht als Vorstand des Bundesverbands der Ärztinnen und Ärzte des öffentlichen Gesundheitsdienstes für alle 378 Gesundheitsämter in Deutschland. Die Gesundheitsämter sind dafür zuständig, die einrichtungsbezogene Impfpflicht umzusetzen.

Eine Umfrage der F.A.Z. in den Bundesländern zeigt, dass ungeimpfte Mitarbeiter erst in einigen Wochen mit Konsequenzen rechnen dürften – die Fristen unterscheiden sich oft. Hessen zum Beispiel setzt die Impfpflicht wie viele andere Länder stufenweise um. Bis Ende März haben die Einrichtungen dort Zeit, ungeimpfte Mitarbeiter an das zuständige Gesundheitsamt zu melden. Danach fordern die Ämter die Personen auf, einen Impf- oder Genesenennachweis vorzulegen; dafür haben sie noch einmal vier Wochen Zeit.

Große Unterschiede in den Bundesländern

Danach kann das Gesundheitsamt ein Bußgeld verhängen und „zu einer Impfberatung einladen“, wie ein Sprecher des Gesundheitsministeriums sagt. Und erst dann kann das Amt ein Tätigkeitsverbot für die ungeimpfte Person verhängen – dieses soll aber noch einmal frühestens sechs Wochen nach der Entscheidung wirksam werden. So vergehen mindestens zwölf Wochen, ehe der Schutz von Patienten und Bewohnern durchgesetzt wird.

In anderen Ländern, zum Beispiel in Hamburg, müssen die Einrichtungen die Behörden schon bis Mittwoch über ungeimpfte Mitarbeiter informieren. Das Amt kontaktiert diese binnen zwei Wochen und setzt dann eine Vierwochenfrist, um die geforderten Unterlagen vorzulegen – erst danach können Betretungsverbote ausgesprochen werden. „Die Meldung der Einrichtung beim Gesundheitsamt hat damit keine unmittelbare Folge für die gemeldeten Personen, da diese zunächst angehört werden“, sagt eine Sprecherin der Hamburger Sozialbehörde. „Bis alle ungeimpften Beschäftigten angehört worden sind, sind wir sicherlich schon im Sommer“, sagt der Vorsitzende des Amtsärzteverbands, Johannes Nießen. „Das Vorgehen in den einzelnen Bundesländern ist nicht so einheitlich, wie wir uns das gewünscht hätten.“

Städtetag: „Praxisfern“

Die Kommunen kritisieren die Umsetzung deutlich. „Praxisfern“ nennt Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetags, die Anwendung des Gesetzes. „Statt die Gesundheitsämter vor Ort durch ganz klare Entscheidungen zu entlasten, hat der Bund viel Bürokratie und damit zusätzliche Arbeit geschaffen“, sagt Dedy. „Wir rechnen bundesweit mit deutlich mehr als einer halben Million Meldungen zu Personen, bei denen Impfnachweise fehlen.“ Unter ihnen seien auch Hausmeister, Küchen- und Reinigungspersonal. Die Länder müssten den Kommunen mehr Personal zur Verfügung stellen, fordert Dedy.

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Bei den Trägern von Alten- und Pflegeheimen stoßen die Vorgaben der Länder für die Umsetzung der Impfpflicht hingegen auf Zustimmung. Es handle sich um „ein kluges, abgestuftes Verfahren“, sagt Bernd Meurer, Präsident des Bundesverbands privater Anbieter sozialer Dienste (BPA), der nach eigenen Angaben jede dritte Pflegeeinrichtung in Deutschland zu seinen Mitgliedern zählt. Auch Diakonie-Präsident Ulrich Lilie betont, er befürworte die einrichtungsbezogene Impfpflicht als Zwischenschritt zu einer allgemeinen Impfpflicht. Sie müsse nun „mit Augenmaß“ umgesetzt werden. Ziel müsse sein, die Dienstplanung auch mit den nicht geimpften Mitarbeitern zu ermöglichen „und die professionelle Versorgung in den Einrichtungen aufrechtzuerhalten“.

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