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#Wie mit der Erdbebenkatastrophe Politik gemacht wird

„Wie mit der Erdbebenkatastrophe Politik gemacht wird“

Gut eine Woche war Anita Starosta im Erdbebengebiet in der Türkei unterwegs. Was sie von dort berichtet, klingt beunruhigend. Starosta arbeitet als Referentin für Syrien, die Türkei und den Irak bei der Frankfurter Hilfsorganisation Medico International, mit der Lage in der Region beschäftigt sie sich seit Jahren. Nun war sie in Pazarcik, einer von der Katastrophe stark getroffenen Stadt in der Provinz Kahramanmaras.

Eine Exilorganisation aus der alevitischen Religionsgemeinschaft hat dort den Aufbau eines Hilfszentrums initiiert, Medico International unterstützt das Projekt. Zelte wurden für die obdachlos gewordenen Menschen in der großteils von Kurden bewohnten Region gesammelt und verteilt, Hilfsgüter wurden auch in die umliegenden Dörfer gebracht. „Die Menschen dort sind es schon lange gewohnt, dass sie sich nicht auf den Staat verlassen können“, sagt Starosta.

Ein paar Tage nach ihrem Besuch erreichte die Medico-Mitarbeiterin dann eine beunruhigende Nachricht: Die Armee habe das Zentrum gegen den Willen der Helfer übernommen, die vorhandenen Hilfsgüter wurden beschlagnahmt, erfährt Starosta. „Das ist unmenschlich und auch rein praktisch ein Fehler.“

Zerstörte Gebäude im syrischen Dschindires. Die Stadt liegt zwischen Aleppo und der syrisch-türkischen Grenze.


Zerstörte Gebäude im syrischen Dschindires. Die Stadt liegt zwischen Aleppo und der syrisch-türkischen Grenze.
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Bild: Getty

Starostas Schilderungen machen deutlich: Die Erdbebenkatastrophe im türkisch-syrischen Grenzgebiet ist längst zum Politikum geworden. Die AKP-Regierung unter Recep Tayyip Erdogan will aus der Hilfe für die Betroffenen Kapital schlagen, im Mai wird in der Türkei gewählt. Aber auch Oppositionspolitiker zeigen sich nun häufig in der Krisenregion und organisieren Hilfsprojekte.

„Humanitäre Hilfe darf nicht zur politischen Waffe werden“: Unter diesem Motto steht am Montagabend eine Diskussionsveranstaltung, bei der Anita Starosta von ihrer Reise in das Erdbebengebiet berichtet. Organisiert hat den Abend im Titania-Theater der Verein Städtefreundschaft Frankfurt – Kobane.

Die Gruppe verfolgt schon länger den Plan, dass Frankfurt eine Partnerschaft mit der nordsyrischen Stadt Kobane aufbaut. Die Stadt ist das Zentrum der von Kurden selbstverwalteten Region Rojava, und Kobane wurde nun durch das Erdbeben ebenfalls getroffen, doch bei Weitem nicht so stark wie etwa die syrischen Städte Aleppo und Idlib.

„Für den Unmut gibt es sehr gute Gründe“

Neben der Medico-Mitarbeiterin Starosta sitzen am Montagabend noch der Wiesbadener Arzt Michael Wilk, der auf die Türkei spezialisierte Journalist Erkan Pehlivan und ein junger Mann, der nur seinen Vornamen Karem preisgibt, auf dem Podium. Karem ist Mitglied der weit links stehenden Gruppe Young Struggle und hat die vom Erdbeben stark betroffene südtürkische Provinz Hatay bereist.

Spannende Hintergründe zum Konflikt liefert vor allem der Journalist Pehlivan. Dass die Wut auf die türkische Regierung in der Erdbebenregion wächst, überrascht ihn nicht. „Für den Unmut gibt es sehr gute Gründe“, sagt er. Pehlivan beschuldigt die AKP-Regierung, die seit 2002 ununterbrochen in der Türkei herrscht, für das Ausmaß der Katastrophe zu großen Teilen mitverantwortlich zu sein: Eigentlich für den Erdbebenschutz vorgesehene Steuern wurden für anderes ausgegeben, Pfusch beim Bau wurde nachträglich legalisiert, die Korruption in der Immobilienbranche eher befördert als bekämpft. „Sehr viele Tote hätten vermieden werden können, wenn anders gehandelt worden wäre“, lautet seine bittere Bilanz.

Der Arzt Michael Wilk, der schon lange Hilfsprojekte für die kurdischen Gebiete in Nordostsyrien organisiert, berichtet von einer ähnlichen Lage in den Krisengebieten in Syrien. Auch dort herrsche Korruption, auch dort versuche das Assad-Regime, die Lage für sich zu nutzen. Erschwerend kommt hinzu, dass internationale Hilfsorganisationen kaum Wege finden, um ins Land zu kommen.

Außerdem werde der Kurdische Rote Halbmond, der im Land arbeitet, vom Staat aber nicht anerkannt wird, in seiner Arbeit ausgebremst. Die Helfer haben lange schon angeboten, in Idlib und Aleppo Betroffene zu versorgen, doch die Regierung von Diktator Assad versuche, das auf alle Fälle zu verhindern. Den Einfluss der kurdischen Helfer kleinzuhalten scheint ihr wichtiger zu sein, als dass den Menschen geholfen wird.

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