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#Wie neutral kann die Schweiz im UN-Sicherheitsrat sein?

„Wie neutral kann die Schweiz im UN-Sicherheitsrat sein?“

Zwanzig Jahre nach der Aufnahme in die Vereinten Nationen (UN) wird die Schweiz wohl erstmals in den Sicherheitsrat dieser Organisation einziehen. Am 9. Juni entscheidet die UN-Generalversammlung, ob das Land in den Jahren 2023 und 2024 einen Sitz als nichtständiges Mitglied im Sicherheitsrat bekommt. Da es keinen direkten Gegenkandidaten gibt, gilt die Zustimmung als sicher.

Die Schweiz wird also temporär als eines von fünfzehn Ländern – darunter die permanent vertretenen Vetomächte Vereinigte Staaten, Frankreich, Großbritannien, Russland und China – „die Hauptverantwortung für die Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit“ übernehmen, wie es in der UN-Charta heißt.

In der Schweiz ist dieses Engagement, obschon sie Sitzland etlicher Unterorganisationen der Vereinten Nationen ist und von diesen auch wirtschaftlich profitiert, innenpolitisch freilich umstritten. Es befeuert die Debatte um die Neutralität der Schweiz. Die nationalkonservative Schweizerische Volkspartei (SVP) hat die bereits vor vielen Jahren auf den Weg gebrachte Kandidatur von Anfang an entschieden abgelehnt. Nach Putins Überfall auf die Ukraine unternahm die mit Abstand wählerstärkste Partei einen weiteren, wenn auch vergeblichen Anlauf, die Kandidatur zu verhindern.

„Der Beitritt zum UNO-Sicherheitsrat würde die Neutralität der Schweiz weiter torpedieren und damit ein unkalkulierbares Risiko für unser Land darstellen“, sagte der SVP-Politiker Roger Köppel während einer außerordentlichen Parlamentssitzung. Neutralität definierte er als „bedingungslose Gleichbehandlung aller Parteien“; die Schweiz müsse sich aus dem „Wirtschaftsweltkrieg gegen Russland“ heraushalten.

Sitz im Sicherheitsrat mit Neutralität vereinbar

Damit argumentierte er ähnlich wie der SVP-Doyen Christoph Blocher, der die Schweiz bereits im Krieg mit Russland wähnt, weil sich die Regierung in Bern den EU-Sanktionen gegen das Moskauer Regime angeschlossen hat. Er sieht die Rolle der Schweiz als Vermittler zwischen Konfliktparteien in Gefahr.

Außenminister Ignazio Cassis (FDP) argumentierte in der Sitzung hingegen, würde die Schweiz Mitglied im Sicherheitsrat sein, könne sie sich noch besser als bisher als Standort für UN-geleitete Friedensgespräche ins Spiel bringen. Cassis erinnerte daran, dass Schweden aus einer solchen Position den Friedensprozess für den Jemen nach Stockholm geholt habe. Nach Einschätzung der Regierung und der allermeisten Parteien im Parlament ist ein Sitz im Sicherheitsrat mit der Neutralität vereinbar, so wie sie in der Schweiz definiert wird.

Diese Definition besteht aus zwei Teilen. Zum einen darf sich die Schweiz nach dem strengen, völkerrechtlich verbrieften Neutralitätsrecht militärisch nicht an bewaffneten Konflikten zwischen anderen Staaten beteiligen, sie darf Kriegsparteien weder mit Waffen beliefern noch ihnen ihr Territorium zur Verfügung stellen. Zum anderen dient die inhaltlich nicht festgeschriebene und daher weit dehnbare Neutralitätspolitik der Schweiz aber auch als pragmatisches Mittel der Außen- und Sicherheitspolitik. Zu ihren Mitteln gehört etwa, sich Sanktionen der EU teilweise oder ganz anzuschließen. Der Schulterschluss im Umgang mit den Unterstützern des russischen Präsidenten, deren milliardenschwere Vermögen auf Schweizer Konten nun eingefroren sind, ist daher keine Abkehr von der Neutralitätspolitik.

Die Schweizer Solidarität endet bei Waffenlieferungen

Gegenüber der brutalen Verletzung des Völkerrechts gebe es keine neutrale Haltung, sagte jüngst Außenminister Cassis auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos. „Nichtstun hätte dem Aggressor in die Hände gespielt.“ Der staatspolitische Zwilling der Schweizer Neutralität sei die Solidarität. Die endet freilich beim Thema Waffenlieferungen.

Deutschlands Bitte, einst in der Schweiz hergestellte Munition für den Flugabwehrkanonenpanzer Gepard an die Ukraine weitergeben zu dürfen, lehnte das zuständige Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) ab. Jüngst wurde bekannt, dass auch Dänemark die Weitergabe von in der Schweiz produzierten Rüstungsgütern verweigert wurde. Dabei ging es um 20 Radschützenpanzer.

Das SECO berief sich auf die Kriegsmaterialgesetzgebung, die sich an das Neutralitätsrecht anlehnt. Das Kriegsmaterialgesetz verbietet Rüstungsexporte in Länder, die in einen bewaffneten Konflikt verwickelt sind. Dafür hat Robert Habeck kein Verständnis. Auch in Deutschland habe es vor dem Ukrainekrieg die Haltung gegeben, keine Kriegswaffen in Kriegsgebiete zu liefern, sagte der deutsche Vizekanzler und Bundeswirtschaftsminister in Davos. Diese Haltung habe sich aber geändert. Ein Gesetz, das nicht zwischen Angreifern und Angegriffenen unterscheide, sei ein Gesetz, „das die Wirklichkeit nicht einfängt“.

Die Haltung der Schweiz ruft nicht nur im Ausland Kritik hervor. Der Präsident der christdemokratischen Partei Die Mitte, Gerhard Pfister, hält es für „unanständig“, die Waffenweitergabe an die Ukraine zu blockieren. Er fordert eine notrechtliche Ausnahmegenehmigung. Auch FDP-Präsident Thierry Burkhart zeigt sich für eine Freigabe offen und plädiert für eine engere Zusammenarbeit mit der NATO. Die Grünliberalen (GLP) können sich sogar direkte Waffenlieferungen an angegriffene demokratische Länder vorstellen.

Mehrheitsfähig sind diese Positionen im Parlament derzeit allerdings nicht, denn SVP, Sozialdemokraten und Grüne lehnen eine Aufweichung des Kriegsmaterialgesetzes ab.

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