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#Wie radikal ist Janine Wissler?

Wie radikal ist Janine Wissler?

Janine Wissler kann sich gut daran erinnern, wann sie mit der Politsekte in Kontakt kam, die ihr Leben geprägt hat. Das sei 1998 gewesen, erzählt sie, der Anlass war Helmut Kohl. Der damalige Bundeskanzler machte Wahlkampf auf dem Frankfurter Römer. Und Wissler, in der Nähe aufgewachsen und 17 Jahre alt, war dabei. Auf der Kundgebung demonstrierten linke Gruppen gegen Kohl. Darunter war das trotzkistische Netzwerk „Linksruck“.

Markus Wehner

Wissler kam ins Gespräch, ging später zu einer Veranstaltung. Es folgten Lesekreise und Diskussionsabende, bald war sie aktiv in der Organisation. Die nennt sich heute Marx21 und wird vom Verfassungsschutz beobachtet. Das alles wäre kein Problem, wenn es sich um eine jugendliche Verirrung Wisslers handeln würde. Doch die 39 Jahre alte Fraktionsvorsitzende der Linken im Hessischen Landtag war noch bis vor wenigen Monaten Mitglied bei Marx21. Am Wochenende soll sie – neben der Thüringer Fraktions- und Landesvorsitzenden Susanne Hennig-Wellsow – zur neuen Bundesvorsitzenden der Linkspartei gewählt werden. Dann wird sie den Kurs der Partei maßgeblich bestimmen.

Linkes Elternhaus

Wissler stammt aus einem linken Elternhaus. Ihre Mutter war Anfang der siebziger Jahre einige Zeit Mitglied in der von Moskau und Ost-Berlin gesteuerten Deutschen Kommunistischen Partei (DKP). Zu den Aufgaben der Mutter gehörte es, eine Jugendfreizeit in der DDR zu organisieren, an der sie teilnahm. Die Innenansicht des „Arbeiter- und Bauernstaats“ führte dazu, dass die Mutter die DKP verließ.

Der Sozialismus Marke DDR war in der Familie diskreditiert, der Kommunismus nicht. Wissler beschreibt ihre Jugend so: „Ich hatte schon als Jugendliche das dringende Bedürfnis, dafür zu kämpfen, dass diese Gesellschaft eine gerechte, friedliche und ökologische wird.“ Sie wollte dabei, „Theorie und Praxis zusammenbringen“.

Das versuchte sie bei „Linksruck“. Dessen Wurzeln sind britisch, es gehörte zur „International Socialist Tendency“, einer trotzkistischen Organisation, deren Kopf der 2000 verstorbene Tony Cliff war. Die Sektionen in den Ländern werden autoritär angeleitet, bis heute kämen die Befehle aus London, heißt es in der Linken über Marx21. Dessen Ziel ist laut Verfassungsschutz die „Errichtung einer kommunistischen Gesellschaftsordnung“.

Autoritäre Prinzipien

Die Leute von Marx21, so schreibt ein früherer Referatsleiter des Bundesamts für Verfassungsschutz, seien bei anderen Linksextremisten „denkbar unbeliebt“. Die Gründe dafür schildert er so: „Sie vereinnahmen durch massiertes Auftreten fremde Initiativen, bringen Protestbündnisse unter ihre Kontrolle, dominieren durch einheitliche Plakatparolen optisch Demonstrationen und verbreiten holzschnittartige Agitation auf dem Niveau von Boulevardblättern.“ Auch intern herrschten autoritäre Prinzipien: Abweichungen von der in London vorgegebenen Linie würden nicht geduldet. „Entrismus“ nennt man diese Form der Unterwanderung von Parteien und politischen Gruppen. Ziel ist es, die unterwanderte Organisation unter Kontrolle zu bringen oder eigene Positionen dort zu verankern.

Der Kampf um die Linkspartei lohne sich, heißt es in einem programmatischen Text von Marx21: Auf dem Europaparteitag der Linkspartei 2014 in Hamburg wird eine Karl-Marx-Figur aus dem Saal getragen.


Der Kampf um die Linkspartei lohne sich, heißt es in einem programmatischen Text von Marx21: Auf dem Europaparteitag der Linkspartei 2014 in Hamburg wird eine Karl-Marx-Figur aus dem Saal getragen.
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Bild: Henning Bode

An Wisslers politischer Biographie lässt sich das Vorgehen der Gruppe nachzeichnen. Seit 1993 gab es die Order, den Jusos beizutreten. Wissler hat diese Phase kaum miterlebt, denn ab der Jahrtausendwende konzentrierte sich „Linksruck“ auf die globalisierungskritische Bewegung Attac. „Linksruck“ wurde Mitgliedsorganisation des Anti-Globalisierungs-Netzwerks, Wissler war von 2001 bis 2004 Sprecherin von Attac Frankfurt.

Mit der verschärften Krise der SPD infolge der Agenda 2010 schwenkte „Linksruck“ um auf die Wahlalternative Arbeit und Soziale Gerechtigkeit (WASG). Wissler war Gründungsmitglied der WASG im Januar 2005. Mit der Fusion von „Linkspartei.PDS“ und WASG zur Partei Die Linke benannte sich „Linksruck“ 2007 um in Marx21. Wissler zog schon im Januar 2008 bei der Hessen-Wahl mit der Linken als damals jüngste Abgeordnete in den Wiesbadener Landtag ein.

Den Klassenkampf voranbringen

Marx21 lehnt das parlamentarische System ab. Das Netzwerk ist heute Teil der „Bewegungslinken“ in der Partei. Bewegungen von unten sollen das System aus den Angeln heben. Der Kampf um die Linkspartei lohne sich, heißt es in einem programmatischen Text von Marx21. „Gerade im Kleinen, manchmal auch im Großen lässt sich die Orientierung der Partei beeinflussen.“ Ziel ist es, die Linke zu einer Partei zu machen, „die den Klassenkampf voranbringt“. Dafür aber müssten „die revolutionären Sozialistinnen und Sozialisten in der Linken politisch und auch zahlenmäßig stärker werden“.

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