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#Wie sich die CSU als Retter der Bierflasche inszeniert



Der Brauerbund warnt vor der breiten Vernichtung von Flaschen und Bierkisten. Die CSU empört sich über angebliche EU-Pläne. Dabei gab es die offenbar gar nicht.

Ein Thema, wie gemacht für den Stammtisch – nicht nur, weil es um Bier geht, aber schon auch deswegen. Alles beginnt mit einem Aufschrei des deutschen Brauerbundes. Dessen Geschäftsführer Holger Eichele warnt davor, dass Milliarden von heimischen, völlig intakten Bierflaschen zerstört werden müssen, weil die Damen und Herren in der EU-Kommission das Pfandsystem neu organisieren wollen. Und das ist noch nicht alles: Auch Bierkästen sollen angeblich massenhaft geschreddert werden. Schuld seien neue Verpackungsvorschriften aus Brüssel.

Monika Hohlmeier (CSU) warnt vor „Kleinbrauereien-Vernichtungsprogramm“

„Werden die EU-Pläne Wirklichkeit, müssten wir alle Mehrwegflaschen einschmelzen. Dieser Irrsinn muss verhindert werden“, orakelt Eichele in der Bild. Die Boulevard-Zeitung bereitet die Bühne, auf der dann recht zuverlässig Politikerinnen und Politiker der CSU in Stammtischstärke aufmarschieren. „Milliarden Bierflaschen und Bierkästen zu vernichten, ist eine umweltpolitische Farce. Die EU muss diese Pläne stoppen“, fordert Generalsekretär Martin Huber. Die Europaabgeordnete Monika Hohlmeier spricht von einem „Kleinbrauereien-Vernichtungsprogramm“ und warnt vor einem „wirtschaftlichen und kulturellen Schaden“. Und der Nördlinger Bundestagsabgeordnete Ulrich Lange setzt dem Ganzen die sprachliche Schaumkrone auf: „Die Pläne der EU schlagen dem Bierfass den Boden aus!“ Alle waren sich einig, dass es so nicht geht. Doch worum geht es eigentlich?

Die EU-Kommission will Verpackungsmüll reduzieren

Hintergrund der Aufregung ist ein Entwurf der EU-Kommission unter dem sperrigen Namen „Packaging and Packaging Waste Regulation“. Das Gesetz soll Verpackungsmüll reduzieren, indem unnötig große Verpackungen verboten werden. Zudem schreiben die Pläne eine fest auf den Flaschen angebrachte Mehrweg-Kennzeichnung vor. Daraus schließen Deutschlands Brauer dreierlei. Erstens: Der Bierkasten ist dem Tode geweiht, weil viel zu viel Luft drin, also unnötig große Verpackung. Zweitens: Es reicht nicht mehr, ein Etikett nur auf die Flaschen zu kleben, weil sich so ein Stück Papier ja irgendwann ablösen könnte. Und drittens: Das deutsche Pfandsystem steht infrage. 

Offenbar ist allerdings keiner der Beteiligten auf die Idee gekommen, mal bei der EU-Kommission nachzufragen. Dabei hat diese sogar eine Vertretung in Süddeutschland. Dort sitzt Renke Deckarm – und wundert sich. „Natürlich fordern wir nicht die Zerstörung von Flaschen oder Kästen. Eine Kennzeichnung der Flaschen auf dem Etikett ist völlig ausreichend, das ist ohne Probleme im derzeitigen System in Deutschland machbar“, versichert er auf Nachfrage unserer Redaktion.

Und was ist mit den Bierkästen? Hier räumt auch Deckarm Präzisierungsbedarf ein, stellt aber klar, dass die Regel, laut der Verpackungen nicht zu mehr als 40 Prozent leer sein dürfen, auf Pakete aus dem Online-Versand abziele und nicht auf Getränkekisten. „Es ist kein Problem, das Thema im ganz normalen Gesetzgebungsverfahren einzubringen und im Gesetzestext Getränkekästen explizit auszunehmen“, sagt der Vertreter der EU-Kommission. Die Europaabgeordnete Angelika Niebler wird ihn beim Wort nehmen.

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EU-Vertreter sieht das deutsche Pfandsystem als Vorbild

„Der Vorstoß der Kommission geht in die richtige Richtung, wir müssen Müll reduzieren und es kann nicht sein, dass manche EU-Staaten das Thema Recycling praktisch ignorieren. Allerdings ist dieser Entwurf an vielen Stellen einfach schlampig gemacht, auch wenn jetzt versucht wird, das schönzureden“, sagt die CSU-Politikerin im Gespräch mit unserer Redaktion.

CSU-Politikerin Angelika Niebler empfindet den EU-Gesetzestext für die neue Regelung zur Reduktion von Verpackungsmüll als schlampig formuliert.

Foto: Marcus Merk (Archivbild)

„Es kann doch nicht sein, dass ein Text derart unpräzise ist, dass nachher einer erklären muss, was gemeint war und was nicht gemeint war. Die Pläne der Kommission sind nicht zu Ende gedacht und deshalb kann ich die Verunsicherung bei den Brauern nachvollziehen“, kritisiert Niebler – und spielt den Ball zurück zur EU-Kommission: „Es ist ja gut, wenn die Vernichtung von Flaschen und Bierkisten kein Thema ist und unser gut funktionierendes deutsches Pfandsystem nicht infrage gestellt werden soll. Dann muss das alles aber eben auch in dem Gesetzestext klar drinstehen.“

Auch CSU-Generalsekretär Huber fährt den Ton um ein paar Promille herunter und betont auf Nachfrage mit etwas weniger Schaum vor dem Mund, das deutsche Pfandsystem sei bewährt und funktioniere. Sicherheitshalber fügt er aber auch noch mal hinzu: „Es darf nicht sein, dass Milliarden deutscher Bierflaschen zerstört werden müssen.“ Dann trifft es sich ja gut, dass dies offenbar nie zur Debatte stand. Genauso wenig wie das deutsche Pfandsystem. „Warum sollte die EU ein funktionierendes System zerstören wollen? Das deutsche Pfandsystem erreicht doch genau das Ziel, Verpackungsmüll zu reduzieren – es ist ein Vorbild für ganz Europa“, sagt Kommissionsvertreter Deckarm. Und hört keinen Widerspruch.

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