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#Wie viel Risiko darf es sein?

Wie viel Risiko darf es sein?

Man könne jetzt „ein wenig mehr Risiko eingehen“, sagte der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte, als er am Dienstagabend die ersten Lockerungen seit Mitte Dezember bekannt gab. Von Anfang März an sollen alle Schüler wieder in den Unterricht zurückkehren, Einzelhändler öffnen und Personen bis 27 Jahren Sport treiben dürfen. Das sei „etwas sehr Spannendes“, fügte Rutte hinzu. In der Tat: Denn zuletzt sind die Infektionszahlen deutlich gestiegen, und auch die Zahl der Patienten auf den Intensivstationen nahm wieder zu.

Thomas Gutschker

Thomas Gutschker

Politischer Korrespondent für die Europäische Union, die Nato und die Benelux-Länder mit Sitz in Brüssel.

Das Experiment ist populär und kommt nicht zufällig zwei Wochen vor der Parlamentswahl. Aber es ist auch gefährlich: Unabhängige Fachleute quittierten den Kurswechsel mit verständnislosem Kopfschütteln. „Mir entzieht sich die Logik hinter dieser Strategie“, sagte die Epidemiologin Alma Tostmann von der Universitätsklinik Nimwegen dem Fernsehender NOS. Angesichts der Zahlen könne man jetzt nicht lockern. Es fehle eine echte Perspektive für die Rückkehr zur Normalität.   Der Mikrobiologe Amrish Baidjoe sprach von einem „Spiel mit dem Feuer“: „Es ist klar, dass die Lockerungen politisch motiviert sind.“

Bordelle bleiben geschlossen

Die Aufhebung der Beschränkungen geht weiter als vorige Woche geplant. Zwar bleibt es bei der nächtlichen Ausgangssperre, für welche die Regierung eine neue gesetzliche Grundlage geschaffen hat. Auch bleiben Gaststätten weiterhin geschlossen, wogegen der Unternehmerverband klagen will. Die Regierung reagierte aber auf den Druck der Einzelhändler, die zur Klientel der beiden großen Parteien gehören, welche die Koalition führen. Neben den Geschäften für den täglichen Bedarf dürfen nun vom 3. März an weitere Läden öffnen, wenn sie sich an die Auflagen halten.

Kunden müssen einen Termin mindestens vier Stunden im Voraus vereinbaren. Auf jeder Etage dürfen sich nur zwei Personen zur selben Zeit aufhalten, stets mit Maske, und das höchstens sechs Mal pro Stunde. Für größere Geschäfte würde sich das kaum lohnen, monierte der Interessenverband am Mittwoch. Rutte hatte selbst gesagt, dass man dem kleinen Laden um die Ecke helfen wolle. Auch Friseure, Kosmetik- und Massagestudios können wieder öffnen, nicht aber Bordelle.

Ausnahme für Fußballprofis

In den weiterführenden Schulen soll es zum ersten Mal seit den Weihnachtsferien Präsenzunterricht geben. Die Regierung setzt  darauf, dass die Schüler Abstand halten. So sollen die Schulen dafür sorgen, dass Klassen untereinander wenig Kontakt haben, die Schüler aufgeteilt und hybrid unterrichtet werden. Mannschaftssport war bisher nur für Jugendliche zugelassen, nun steigt das zulässige Alter auf 27 Jahre. Erlaubt ist aber nur Training, kein Wettkampf. Fußballprofis sind wie eh und je davon ausgenommen.

Rutte begründete die Öffnungen mit einer immer größeren Corona-Müdigkeit der Bevölkerung: „Je länger diese Krise andauert, desto schwieriger ist es für uns. Besonders für einige Gruppen. Wir haben langsam die Nase voll davon. Die Folgen summieren sich.“ Er gestand zugleich ein, dass eine dritte Welle nach Meinung von Experten „unvermeidlich“ sei und die „britische“ Virusvariante ein zusätzliches Risiko mit sich bringe.

Diese Variante breitet sich zwar etwas weniger schnell im Land aus als im Januar befürchtet; trotzdem werden inzwischen die Hälfte aller neuen Infektionen darauf zurückgeführt. Der R-Wert, der angibt, wie viele Menschen ein Infizierter ansteckt, liegt derzeit insgesamt knapp unter 1, für die britische Mutante aber bei 1,14. Insgesamt ist die Zahl der Infektionen auf 100.000 Einwohner doppelt so hoch wie in Deutschland.

In der Vorwoche war die Zahl der Infektionen schon um 19 Prozent gestiegen. Dieser Trend dürfte sich beschleunigen – selbst ohne Lockerungen, nur durch die Ausbreitung der ansteckenderen Variante. Über kurz oder lang könnte sich dann auch für Berlin die Frage stellen, ob es die Grenze zu dem Niederlanden offen lässt.  Sicherheitshalber baute Rutte schon vor: „Wenn die Zahlen in ein paar Wochen wieder durch die Decke gehen, werden alle Optionen für eine Verschärfung wieder auf dem Tisch liegen.“

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