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#Wie viele Millionen bringt der Bär auf dem rosafarbenen Papier?

Wie viele Millionen bringt der Bär auf dem rosafarbenen Papier?

Von Kind an hegte Thomas Kaplan zwei Leidenschaften, die für sein Leben bestimmend geblieben sind: die Liebe zu Rembrandt und die Faszination für Wildtiere, insbesondere Großkatzen, deren Schutz er durch seine „Panthera“-Stiftung unterstützt. Der New Yorker Investor, Sammler und Philanthrop hat in weniger als zwanzig Jahren mit seinem durch Edelmetall- und Rohstoffanlagen akkumulierten Vermögen den bedeutendsten privaten Bestand an Werken des Goldenen Zeitalters der niederländischen Malerei zusammengetragen. Seine nach Rembrandts Geburtsort benannte „Leiden Collection“ von rund 250 Gemälden des siebzehnten Jahrhunderts ist wie eine Leihbibliothek Alter Meister konzipiert. Zu Hause lebt das Ehepaar Tom und Daphne Kaplan mit schön gerahmten fotografischen Reproduktionen seiner Bilder. Die Originale sind in Museen und Ausstellungen zu sehen.

Gina Thomas

Feuilletonkorrespondentin mit Sitz in London.

Kaplans erste Erwerbung eines Werks seines Kindheitshelden, die schwarze Kreidezeichnung eines ruhenden Löwen, spiegelt die doppelte Passion für Rembrandt und Raubkatzen. Wenige Jahre später bewog die Begeisterung für Wildtiere Kaplan, seinem Löwen die Silberstift-Skizze eines anderen Titanen zu gesellen. In der Sammlung fällt Leonardo da Vincis miniaturhafter Bärenkopf auf in Rosa grundiertem Papier jedoch aus dem Rahmen. Das mag erklären, weshalb Kaplan sich jetzt, nach dreizehn Jahren, von der Zeichnung trennt, in der Leonardo – auf bloß sieben mal sieben Zentimetern – mit so differenzierter wie sparsamer Linienführung seine sichere Beherrschung der Silberstift-Technik vorführt, die keine Ausrutscher zulässt. Die unterschiedlich dichten Schraffuren, mit denen Leonardo Plastizität erzeugt und die Stofflichkeit der diversen Fellpartien des Bärenkopfs beschreibt, demonstrieren zudem sein Bestreben, die Natur des Tieres durch genaue Beobachtung zu begreifen und voller Zartgefühl auf Papier zu bannen.

Als die Zeichnung in den dreißiger Jahren nach längerem Verschwinden wieder- auftauchte, schlugen Kenneth Clark und andere Experten eine Datierung um 1490/93 vor. Inzwischen findet die Annahme Zuspruch, die den Bärenkopf in die Nähe der etwas früher entstandenen „Frau mit dem Hermelin“ rückt, Leonardos in Krakau befindlichem Bildnis von Cecilia Gallerani, der Geliebten seines Mailänder Mäzens Ludovico Sforza. Dieser These zufolge ist die Zeichnung weniger als direkte Studie für den weißen Hermelin zu sehen, sondern eher als Vorläuferin für die „teilweise wundersame Morphologie“ dieser allegorischen Figur in den Armen der Porträtierten, wie Arturo Galansino im Katalog der großen Londoner Leonardo-Ausstellung 2011 schreibt. Dort war der Bär dann neben dem Gemälde zu sehen.

In einer Art Selbstporträt als Sammler hat Kaplan den Zauber genannt, den Provenienzen auf ihn ausüben. Geschichten, die ihn mit einer langen Reihe ähnlich berührter Vorbesitzer verbinden, gehören für ihn zum Reiz des Sammelns. Im Zusammenhang mit Leonardos Bärenkopf weist Kaplan denn auch auf die illustre Herkunft hin: Die wohl aus dem achtzehnten Jahrhundert stammende Beschriftung „Leonard de Vinci“ am linken unteren Rand deutet auf eine frühere französische Provenienz hin, doch lässt sich das Blatt nicht weiter zurückverfolgen als bis zu dem Maler Thomas Lawrence, einem der bedeutendsten Sammler von Altmeisterzeichnungen aller Zeiten.

Schlechte Wirtschaftslage drückte die Preise

Nach Lawrence’ Tod wurde der Bärenkopf aus dem Nachlass seines Händlers und Gläubigers Samuel Woodburn 1860 bei Christie’s, zusammen mit einer Studie von Hundepfoten, für bloß zwei Pfund und fünf Schillinge versteigert. Der bescheidene Preis, der nach heutigem Wert weniger als dreihundert Pfund entspricht, ist wohl auf die gedrückte Wirtschaftslage und die Fülle an Zeichnungen zurückzuführen, die damals aus dem Woodburn-Bestand auf den Markt kamen.

Im Jahr 1936 verkaufte die Kunsthandlung Colnaghi beide Blätter an Captain Norman Colville, den Erben eines schottischen Stahl- und Eisenvermögens und Sammler von Renaissancezeichnungen höchster Qualität, bevor das schwindende Angebot die Preise in unerreichbare Höhen trieb. Seit seinem Tod sind zahlreiche Blätter der Kollektion versteigert oder diskret an Museen verkauft worden: Zu ihnen zählt Raffaels hinreißender „Kopf einer Muse“, der 2009 bei Christie’s mit einem Hammerpreis von 26 Millionen Pfund einen Rekord setzte, der allerdings bereits drei Jahre später bei Sotheby’s von dem Hilfskarton eines Apostelkopfs für die „Verklärung Christi“ um eine halbe Million Pfund übertroffen werden sollte.

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Thomas Kaplan hat seinen Bärenkopf durch die Vermittlung des Londoner Händlers Johnny van Haeften erworben, der wesentlich zum Aufbau der „Leiden Collection“ beigetragen hat. Wie die Geschichte weitergeht, wird sich am 8. Juli zeigen, wenn der Bär bei Christie’s in London zum Aufruf kommt. Die Schätzung von acht bis zwölf Millionen Pfund orientiert sich wohl an Leonardos Silberstift-Studie eines Pferds mit Reiter für das unvollendete Frühwerk. „Die Anbetung der Könige“. Sie wurde 1928 für 2500 Pfund versteigert; 2001 verdoppelte sie ihre obere Taxe gut – mit dem Zuschlag bei 7,4 Millionen Pfund, auch das damals ein Rekord.

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