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#Wie wäre es, an einer mittelalterlichen Uni zu studieren?

Wie wäre es, an einer mittelalterlichen Uni zu studieren?

Den Studierenden von heute stellt sich aller Zukunftszugewandtheit zum Trotz aus purer Langeweile mitunter eine spannende Frage: Wäre das Studium an einer mittelalterlichen Universität was für mich? Und wenn ja, zählte das dann als Auslandssemester? Als Beweis, dass der mittelalterliche Stundenplan mit den heutigen Spezialisierungen durchaus mithalten kann, hier ein Guide durch die grundlegenden Unifächer: die sieben Artes Liberales. Von fließenden Lateinkenntnissen wird natürlich ausgegangen.

I. Die Grammatik

Die Alma Mater oder nährende Mutter der sieben Künste. Hier wird euch das Gossenlatein ausgetrieben und ihr lernt Wortarten und den korrekten Satzbau kennen. Alle weiteren Fächer werden natürlich auf Latein unterrichtet. Sie ist im Mittelalter die unangefochtene Sprache der Wissenschaft. Von Englisch, diesem neumodischen Kram, haben die Wenigsten gehört. Eine einwandfreie Beherrschung dieser Disziplin ist unabdingbar, nicht zuletzt auch, um modernen Sprechern bisweilen wärmstens die korrekte Benutzung des Genitivs ans Herz zu legen. Und darüber hinaus: Stellt euch nur mal vor, wie beeindruckt euer Arzt erst sein wird, wenn ihr ihm die sorgfältig ergooglete Diagnose für eure Beschwerden in astreinem Latein unterbreitet.

II. Die Rhetorik

Die Redekunst wird im Mittelalter vor allem in der Predigtlehre benötigt, doch exzellente Prediger müssen nicht zwangsläufig ein Artefakt archaischer Annalen sein. Vielleicht erreicht, beeindruckt und verführt ihr eure Angebeteten auf der Tanzfläche mit einem spontanen und donnernden Traktat zum romantischen Klang der Laute?

Vielleicht erstirbt auch der Gesprächsbedarf des eifrigen Telekomvertreters angesichts eurer erhabenen Redegewandtheit und er bringt euren Müll raus, statt euch Müll verkaufen zu wollen. Erleichtert euch Alltag und Studium durch die Redekunst, wo die Redekunst euch Studium und Alltag erleichtern kann! Grundlegende Handbücher dazu gibt es von Cicero, einem antiken Influencer.

Die sieben freien Künste (septem artes liberales) in einer mittelalterlichen Darstellung


Die sieben freien Künste (septem artes liberales) in einer mittelalterlichen Darstellung
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Bild: Picture-Alliance

III. Die Dialektik

Hier erlernt ihr die Kunst des logisch stringenten Schließens. Ist dies im Mittelalter noch Teil der grundlegenden Ausbildung, so ist die Disziplin im einundzwanzigsten Jahrhundert eher zum privaten Hobby geworden, wobei sie auch heute noch bitter nötig wäre. Hier lernt ihr nämlich, wie man alle wissenschaftlichen und alltäglichen Argumentationsketten dialektisch fehlerfrei diskutiert, um künftig auf sehr hohem Niveau zu verzweifeln, wenn jemand beim öffentlichen Diskutieren alle Regeln der Logik missachtet und damit davonkommt.

So könnt auch ihr in den Genuss ebenjenen existentiellen Horrors kommen, der einen ergreift, wenn der gefeierte Intellektuelle auf dem Bildschirm vor einem eine falsche Dichotomie nach der anderen raushaut und dennoch ein gefeierter Intellektueller bleibt. Zudem besteht die sehr reale Gefahr, selbst mit stolz schwellender Brust und einem Arsenal an langen, lateinischen Fachtermini der Irrende zu sein. Betreten dieses Themengebietes auf eigene Gefahr.

IV. Die Arithmetik

Die Theorie der Zahlen. Wo die Rechenkunst im Mittelalter einen relativ hohen Stellenwert besessen haben muss, kann sie heute wohl getrost vom Koordinatensystem der integralen Elemente der Wissenschaft subtrahiert werden. Als kleinster gemeinsamer Nenner von damals und heute bleibt die Rechenkunst, die im modernen Standarddeutsch wohl als „Mathematik“ bezeichnet wird, vielleicht an wenigen Punkten wie der Supermarktkasse weiterhin relevant. Hier muss man immerhin aus Zeitgründen manchmal zählen, wie viele Leute noch vor einem dran sind.

V. Die Geometrie

Parallel zur Rechenkunst strebt auch die Relevanz der Geometrie im 21. Jahrhundert gegen null. Als Schnittpunkt in der Anwendung besitzen Mittelalter und Moderne immerhin das Bauwesen. Solltet ihr euch allerdings immer schon gefragt haben, warum der würfelförmige Klotz im Baukasten der Nachbarskinder ins viereckige Loch passt und eben nicht ins runde, dann liefert die Geometrie hierauf endlich Antworten. Aber nicht gleich verzweifeln, wenn ihr das Loch für das Tetraeder nicht auf Anhieb findet. Wie man mit Dreiecken umgeht ist Bestandteil der sogenannten „höheren Geometrie“.

VI. Die Musik

Das Mittelalter verbindet Musik und Arithmetik eng miteinander. Mittelalterliche Rockstars wie etwa Boëthius verwenden die Zahlentheorie, um Intervalle zu regulieren. Das Erlernen eines Instruments ist im Lehrplan nicht vorgesehen, dennoch lohnen sich Kenntnisse dieser Ars, vor allem um den Begleitern auf lagen Autofahrten die Superiorität der eigenen Musikwahl arithmetisch darzulegen. Je länger die Autofahrt, desto besser macht sich eine entsprechende PowerPoint mit möglichst plötzlich aufheulenden Hörbeispielen.

VII. Die Astronomie

Hier wird euch die Lehre von den Gestirnen beigebracht. Ein Themengebiet, das sich ausgezeichnet beim romantischen Abendspaziergang mit eurem Date besprechen lässt. Stellt euch nur vor, wie eure Angebeteten in den Himmel staunen, wenn ihr für sie alleine des Nachts den großen Bären entdeckt. Alternativ können die Sterne darüber hinaus bei der Navigation nach Hause helfen, wenn ihr euch – im angeregten astronomischen Vortrag – mit eurem Date verlaufen solltet. Packt für ländliche Gegenden neben eurer Sternkarte vielleicht immer ein kleines Floß mit ein, dann gibt es kein böses Erwachen.

Nun seid ihr für euer Grundstudium an der mittelalterlichen Universität gewappnet, alles Weitere könnt ihr dem entsprechenden päpstlichen Erlass zu eurer Uni entnehmen.

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