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#Wie Wahlkämpfer in den USA jeden einzelnen ins Visier nehmen

Wie Wahlkämpfer in den USA jeden einzelnen ins Visier nehmen

Drei- oder viermal am Tag pingt das Telefon mit einer SMS von wildfremden Leuten: Man will mein Geld, meine Meinung, meinen Einsatz. Janna möchte wissen, ob die Demokratische Partei auf mich zählen kann. Jackie fragt, ob sie mit meinen fünf Dollar rechnen kann, um den Kandidaten Mark Kelly gegen Attacken seiner politischen Gegner „im Fernsehen und online“ zu verteidigen. Sheriff Mascher schreibt mir, ich solle mein Kreuz bei Randy Garrison machen, der sich für die Kreisverwaltung in meinem Bezirk bewirbt, weil der „über die Erfahrung und das Engagement verfügt, den Job zu machen“. Die Republikanische Partei in Yavapai County fragt, ob ich möchte, dass meine Stadt „so wird wie Seattle oder Portland“. Auch mein E-Mail-Postfach läuft über von Nachrichten politischer Kampagnen. Aber wie kommen die eigentlich an meine Daten?

„Wählerdaten sind öffentlich zugänglich“, sagt Samuel Woolley, Dozent an der University of Texas in Austin und Leiter des dort ansässigen Projekts für Propagandaforschung, am Telefon. E-Mail-Adresse, Postanschrift und Telefonnummer von Wählern sind ebenso Allgemeingut wie die politische Selbstverortung – die muss man in den Vereinigten Staaten in vielen Bundesstaaten bei der obligatorischen Registrierung als Wähler angeben, damit man etwa über den Präsidentschaftskandidaten der jeweiligen Partei abstimmen kann. In Arizona stehen zur Auswahl: Republican, Democratic, Libertarian, no Party Preference und Other. Außerdem kann jeder, der möchte, einsehen, bei welchen Wahlen man seine Stimme abgegeben hat und bei welchen nicht. In welcher Form diese Informationen nutzbar sind, wird von Bundesstaat zu Bundesstaat unterschiedlich geregelt. Viele Staaten beschränken die Nutzung dieser Daten überhaupt nicht – wohl auch, weil es im Vergleich zu Europa in Amerika kein großes Datenschutz-Bewusstsein gibt. Und das, obwohl hier enorme Mengen von persönlichen Daten gesammelt, aggregiert und gehandelt werden.

Nicht nur Google, Facebook und Instagram, Netflix, Amazon und Twitter, sondern auch Alltags-Apps wie Wetterdienste und Navis sammeln und verkaufen massenhaft Nutzerdaten – darunter den Echtzeit-Standort des jeweiligen Users. Solcher „Überwachungskapitalismus“, wie das die Sozialpsychologin Shoshana Zuboff in ihrem gleichnamigen Buch nennt, ist zum grundlegenden Geschäftsmodell der Tech-Industrie geworden. Und längst mischen bei der Daten-Dealerei auch Versicherungen, Finanzinstitute, Verlage, Dienstleister und Händler mit.

Politische Werbung findet „hochentwickelt“ statt

„Es existiert ein riesiger, lebhafter und sehr lukrativer internationaler Datenhandels-Markt“, sagt Samuel Woolley. Dort werden von Maklern große private Datenmengen an Firmen verhökert, die aus diesen Daten Persönlichkeitsprofile erstellen. Diese wiederum werden an Werbefirmen zum sogenannten Micro-Targeting verkauft, also der zielgenauen Ansprache der Konsumenten – oder der Wählerschaft. Denn auch in der politischen Landschaft finden sich inzwischen hochinteressierte Käufer. „Daten, die Aufschluss über das Benehmen von Wählern geben, können für Wahlkampfteams überaus hilfreich sein“, sagt Samuel Woolley. Standortdaten etwa legten offen, wo jemand einkaufen geht, wo jemand arbeitet, wo jemand zur Kirche oder zum Schießstand oder zur Abtreibungsklinik geht.

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Woolley ist Autor des Buchs „The Reality Game“, in dem er die Rolle von Datenschürfern und automatisierter Desinformation bei der Manipulation öffentlicher Meinung im Netz untersucht. Spätestens bei der Präsidentenwahl von 2012, schreibt er darin, sei klar geworden, dass künftige politische Kampagnen sich Big Data bedienen müssten, um politisch konkurrenzfähig zu bleiben. Damals betrieb Barack Obamas Präsidentschaftskampagne erstmals sehr effektiv einen datengestützten Wahlkampf: Mitarbeiter seines Teams formten mit HaystaqDNA eine Firma, die sich geschickt öffentliche Wählerdaten sowie das Internet und die sozialen Netzwerke zunutze machte. Wer etwa über Facebook die Website Barack Obamas aufrief, wurde gebeten, der Kampagne Zugang zu seinen Facebook-Kontakten, Fotos und Newsfeeds zu gestatten. So konnten die Demokraten weitere potentielle Wähler aus dem Freundes- und Bekanntenkreis eines Interessierten identifizieren und gezielt ansprechen.

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