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#„Wir brauchen eine Willkommenskultur“

„„Wir brauchen eine Willkommenskultur““

Frau Faeser, Sie wollen im Herbst ein neues Einwanderungsrecht auf den Weg bringen, um den Mangel an Arbeitskräften zu beheben. Wie soll das funktionieren?

Ralph Bollmann

Korrespondent für Wirtschaftspolitik und stellvertretender Leiter Wirtschaft und „Geld & Mehr“ der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung in Berlin.

Alexander Wulfers

Redakteur in der Wirtschaft der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.

Wir senden ein wichtiges Signal: Deutschland ist ein Einwanderungsland, und es wird Zeit, dass sich die Politik dazu bekennt. Die Wirtschaft fordert seit Jahren, dass wir endlich unbürokratische Verfahren für die Einwanderung von Arbeitskräften finden. Bislang haben wir eine in Deutschland anerkannte Quali­fikation verlangt, dazu einen Arbeitsvertrag und auch noch deutsche Sprachkenntnisse der mitreisenden Angehörigen. Das waren hohe Hürden.

Und in Zukunft?

. . . wird es pragmatischer. Ein qualifizierter und in Deutschland anerkannter Abschluss wird nicht mehr in jedem Fall nötig sein. Mit der Chancenkarte, die wir einführen, genügen ein Abschluss und entsprechende Berufspraxis. Das Alter und Deutschkenntnisse sind weitere Kriterien. Das wäre eine wirkliche Verbesserung, die den Interessen unseres Landes sehr entgegenkommt. Insbesondere das Handwerk braucht schon lange mehr Nachwuchs. Junge Leute müssen unkomplizierter einen Weg zu uns finden.

Haben Sie ein Beispiel?

Eine Bauzeichnerin aus Jordanien mit dreijähriger Berufserfahrung möchte aus privaten Gründen in Deutschland arbeiten, wo sie nach der Schule schon einmal ein Au-pair-Jahr verbracht hat. Auch ohne dass ihr jordanischer Abschluss in Deutschland anerkannt ist, soll sie kommen dürfen, um hier einen passenden Arbeitsplatz zu suchen.

Nancy Faeser im Gespräch mit zwei Redakteuren der F.A.S.-Wirtschaft


Nancy Faeser im Gespräch mit zwei Redakteuren der F.A.S.-Wirtschaft
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Bild: Andreas Pein

Sie wollen das an ein jährliches Kontingent knüpfen. Wie hoch wird das ausfallen?

Darüber führen wir jetzt Gespräche. Es geht vor allem darum, Bürokratie abzubauen. Die Anerkennung von Berufsabschlüssen muss viel schneller gehen. Sonst stellen international agierende Konzerne neues Personal lieber im Ausland ein als bei uns. Das müssen wir dringend ändern.

Viele Unternehmen sagen: Unser Einwanderungsrecht ist schon jetzt recht ­liberal, das Problem sind unwillige Be­hörden. Lässt sich die schwerfällige ­Bürokratie mit einem Gesetz aus der Welt schaffen?

Ein neues Mindset ist auch bei den Ausländerbehörden wichtig. Wir brauchen eine Willkommenskultur für Menschen, die bei uns arbeiten wollen. Da haben wir noch viel zu tun. Wir sollten uns an Vorbildern orientieren wie den Einwanderungs-Agenturen in Kanada. Unser Einwanderungsrecht ist tatsächlich schon liberaler geworden als früher, weil wir als SPD auch in der Großen Koalition schon einiges erreichen konnten. Aber es gab viele ideologische Barrieren der Union. Deshalb haben wir Luft nach oben. Dass man bislang spezifisch deutsche Qualifikationen erfüllen muss, macht es schon sehr schwer.

Heute entscheidet ein Mitarbeiter auf dem Ausländeramt, ob die Ausbildung eines ­türkischen Mechatronikers gleichwertig mit der deutschen ist. Soll das so bleiben?

Über die Gleichwertigkeit ausländischer Abschlüsse entscheiden spezialisierte Anerkennungsstellen, die bei den Ländern und den Kammern angesiedelt sind. Das wollen wir beibehalten. Ändern wollen wir aber, dass qualifizierte Leute in nichtreglementierten Tätigkeiten auch ohne eine formale Anerkennung bei uns arbeiten können. Bei den reglementierten Tätigkeiten wie zum Beispiel Ärzten ist uns wichtig, dass die Anerkennungsverfahren zügig ablaufen. Noch mal: Wer schon einen Arbeitsvertrag hat, muss nicht mehr zwingend einen Berufsabschluss nachweisen, der in Deutschland anerkannt ist. Zum Beispiel soll ein Ingenieur aus Brasilien mit Berufserfahrung zukünftig auch ohne in Deutschland anerkannten Abschluss kommen dürfen. So praktizieren wir das schon seit einigen Jahren bei IT-Fachkräften.

Wenn der Ingenieur älter ist als 35 Jahre, nur Englisch spricht und einen in Deutschland nicht anerkannten Abschluss hat – dann bekommt er doch gar nicht Ihre Chancenkarte?

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